
Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz ist erneut gesunken. Inzwischen liegt der Wert laut RKI bei 340,1. Noch vor einer Woche lag dieser deutlich über 400. Im gesamten Infektionsgeschehen kann man das durchaus als Verschnaufpause und leichte Entspannung sehen, auch wenn die Zahl der Neuinfektionen immer noch täglich Werte jenseits der 50.000er Marke erreicht. Weniger entspannt hat sich die Lage bei den Todeszahlen und wird es – ohne Panik schüren zu wollen – mit Blick auf den Verlauf der letzten Wochen wohl auch nicht. An eine Rückkehr zur Normalität ist ohnehin nicht zu denken, auch weil die aktuellen Infektionen immer noch zum Großteil der Delta-Welle geschuldet sind.
Niemand weiß, wie lange es dauert, bis die Omikron-Variante ähnlich wie in unseren Nachbarländern durchschlägt. Dass sie es tun wird, scheint unbestritten. Während wir jedoch unseren Blick auf das Infektionsgeschehen, die Omikron-Variante oder bockige Impfgegner und Querdenker richten, bahnt sich in den Kliniken ein struktureller Burnout an. Fast zwei Jahre Pandemie haben ihre Spuren hinterlassen. Die vierte Coronawelle hat die Belastung noch einmal auf die Spitze getrieben. Es sind keine kleinen Kratzer oder Dellen, sondern tiefe Gräben in unserem Gesundheitssystem. Immer mehr Personal kündigt oder fällt krankheitsbedingt aus. Der verbleibende Rest ist hoffnungslos überarbeitet oder nicht richtig ausgebildet. Der Intensivarzt @narkosedoc hat die aktuelle Lage in den Kliniken zusammengefasst und warnt vor dem endgültigen Kollaps eines der besten Gesundheitssysteme der Welt.
Die Zustände werden immer schlimmer. Es geht einfach alles kaputt. Hier sterben Menschen, die nicht hätten sterben müssen.
Weil alle überfordert oder überarbeitet oder schlecht ausgebildet sind oder alles zusammen. Weil Personal fehlt, weil 70-80h/Woche viel zu viel sind.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Die Zustände werden immer schlimmer. Es geht einfach alles kaputt. Hier sterben Menschen, die nicht hätten sterben müssen.
Weil alle überfordert oder überarbeitet oder schlecht ausgebildet sind oder alles zusammen. Weil Personal fehlt, weil 70-80h/Woche viel zu viel sind.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Manche sterben auch nicht sondern bekommen „nur“ einen Schlaganfall und sind ein „Pflegefall“. Puh. 😓Nochmal gut gegangen. Wird ja auch vielleicht wieder. (Ironie off)
Da wird über drei Tage (!) kein Labor gemacht, obwohl die Fieberkurve ansteigt (Sepsis > Nierenversagen > Tod)
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Manche sterben auch nicht sondern bekommen „nur“ einen Schlaganfall und sind ein „Pflegefall“. Puh. 😓Nochmal gut gegangen. Wird ja auch vielleicht wieder. (Ironie off)
Da wird über drei Tage (!) kein Labor gemacht, obwohl die Fieberkurve ansteigt (Sepsis > Nierenversagen > Tod)— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
weil sich kein Assistenzarzt für die Station zuständig fühlte (einer macht Notaufnahme + Notarzt, eine andere kommt erst zum B-Dienst, wird dann aber in die Notaufnahme gezogen weil der Notarzt raus muss usw…) und eine Oberärztin Corolabor + Echo + 3 Stationen machen soll.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
weil sich kein Assistenzarzt für die Station zuständig fühlte (einer macht Notaufnahme + Notarzt, eine andere kommt erst zum B-Dienst, wird dann aber in die Notaufnahme gezogen weil der Notarzt raus muss usw…) und eine Oberärztin Corolabor + Echo + 3 Stationen machen soll.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Da kommt eine Patientin mit Oberbauchschmerzen, bekommt ein Röntgen-Thorax und Rontgen-Abdomen (sic!), es wird deshalb kein Sono gemacht. Warum? Weil keiner da ist der das kann. Am nächsten Morgen Visite mit der Oberärztin > Sono > zu spät erkannter Hinterwandinfarkt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Da kommt eine Patientin mit Oberbauchschmerzen, bekommt ein Röntgen-Thorax und Rontgen-Abdomen (sic!), es wird deshalb kein Sono gemacht. Warum? Weil keiner da ist der das kann. Am nächsten Morgen Visite mit der Oberärztin > Sono > zu spät erkannter Hinterwandinfarkt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Es findet keine Mobilisation statt weil keine Physios da sind (tiefe Beinvenenthrombose > Lungenembolie). Da werden Medikamente von Praktikanten gestellt weil niemand sonst da ist (Verwechselung > Überdosierung Schmerzmittel > Reanimation light, gerade noch entdeckt).
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Es findet keine Mobilisation statt weil keine Physios da sind (tiefe Beinvenenthrombose > Lungenembolie). Da werden Medikamente von Praktikanten gestellt weil niemand sonst da ist (Verwechselung > Überdosierung Schmerzmittel > Reanimation light, gerade noch entdeckt).
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ein Patient auf der Intensivstation klagt über Luftnot, bekommt Inhalationen, Sauerstoff wird aufgedreht, wird mir erst gemeldet, als er schon fast reanimationspflichtig ist. Die Aushilfe von der Normalstation hat die Fehllage eines Katheters nicht erkannt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ein Patient auf der Intensivstation klagt über Luftnot, bekommt Inhalationen, Sauerstoff wird aufgedreht, wird mir erst gemeldet, als er schon fast reanimationspflichtig ist. Die Aushilfe von der Normalstation hat die Fehllage eines Katheters nicht erkannt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Die Liste geht weiter und weiter und weiter. Und die Konsequenz ist NICHT die Ärzte oder Pflegekräfte oder Krankenhäuser zu verklagen, sondern die, die für diese Umstände zuständig sind!!
Das System geht kaputt und wir alle (Du auch!) sind die Leidtragenden.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Die Liste geht weiter und weiter und weiter. Und die Konsequenz ist NICHT die Ärzte oder Pflegekräfte oder Krankenhäuser zu verklagen, sondern die, die für diese Umstände zuständig sind!!
Das System geht kaputt und wir alle (Du auch!) sind die Leidtragenden.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Jede und jeder der/die im Gesundheitssystem tätig ist kann das bestätigen. Die Ausbildung wird immer schlechter, die Qualifikationen bröckeln. Geräte gehen kaputt und werden gar nicht oder nur provisorisch geflickt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Jede und jeder der/die im Gesundheitssystem tätig ist kann das bestätigen. Die Ausbildung wird immer schlechter, die Qualifikationen bröckeln. Geräte gehen kaputt und werden gar nicht oder nur provisorisch geflickt.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Aber nach außen bekommen die Kliniken/Pflegeheime ein TÜV-Zertifikat weil sie an einem einzigen Tag (Rezertifizierung! 🥳) alles schick machen und glatt ziehen.
Die Pressearbeit verschickt eine Kerze als Adventsgruß, dabei brennt es drinnen lichterloh.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Aber nach außen bekommen die Kliniken/Pflegeheime ein TÜV-Zertifikat weil sie an einem einzigen Tag (Rezertifizierung! 🥳) alles schick machen und glatt ziehen.
Die Pressearbeit verschickt eine Kerze als Adventsgruß, dabei brennt es drinnen lichterloh.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ich könnte morgen in die „freie Wirtschaft“ wechseln. 40h-Woche, als Berater für Kliniken (Röhn, Fresenius, Helios, sowas…) – annähernd doppeltes Gehalt (Oberarzt), keine Dienste, jedes Wochenende frei.
Ach ja – Firmenwagen inklu.✌️
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ich könnte morgen in die „freie Wirtschaft“ wechseln. 40h-Woche, als Berater für Kliniken (Röhn, Fresenius, Helios, sowas…) – annähernd doppeltes Gehalt (Oberarzt), keine Dienste, jedes Wochenende frei.
Ach ja – Firmenwagen inklu.✌️— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ich würde mit meinem Cappucino am Schreibtisch sitzen und würde Kliniken Dinge wie „Ihr könnt in der Onko 0,4 Stellen streichen“ sagen und würde mit dem SUV vom Hof blasen.
Ich weiß aber auch, dass mir was fehlen würde.
Und dass ich meinem Team und den Patient*innen fehlen würde.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Ich würde mit meinem Cappucino am Schreibtisch sitzen und würde Kliniken Dinge wie „Ihr könnt in der Onko 0,4 Stellen streichen“ sagen und würde mit dem SUV vom Hof blasen.
Ich weiß aber auch, dass mir was fehlen würde.
Und dass ich meinem Team und den Patient*innen fehlen würde.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Wir müssen Pflegekräften und Mediziner*innen attraktive Arbeitsbedingungen bieten.
Mit einem attraktiven Gehalt für ALLE, mit mehr Zeit für Patient*innen und für gute Ausbildung und mit mehr Personal.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Wir müssen Pflegekräften und Mediziner*innen attraktive Arbeitsbedingungen bieten.
Mit einem attraktiven Gehalt für ALLE, mit mehr Zeit für Patient*innen und für gute Ausbildung und mit mehr Personal.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Oder wir machen so weiter – aber dann gewöhnt Euch dran, mit den Konsequenzen zu leben.
Mit toten Angehörigen, die noch leben könnten. Mit Langzeitschäden durch zu späte oder falsche Behandlungen.
Wir sind daran nicht Schuld, wir sind selber Opfer dieses Systems.
— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Oder wir machen so weiter – aber dann gewöhnt Euch dran, mit den Konsequenzen zu leben.
Mit toten Angehörigen, die noch leben könnten. Mit Langzeitschäden durch zu späte oder falsche Behandlungen.
Wir sind daran nicht Schuld, wir sind selber Opfer dieses Systems.— Intensivdoc (@narkosedoc) December 9, 2021
Das sagen andere User:
Es ist erschreckend, wie dramatisch die Lage geworden ist. Einige Missstände waren vor Pandemiebeginn schon bedenklich. Dass sich die Situation weiter verschlimmert hat, ist ein Armutszeugnis der politischen Verantwortlichen, die noch im letzten Jahr für Respekt, Anerkennung und Applaus warben. Der neue Gesundheitsminister dürfte es schwer haben hier alle Kohlen aus dem Feuer zu holen. Das sahen auch viele Leser dieses Threads so. Ein paar der treffendsten Reaktionen haben wir hier für euch zusammengetragen.
Ich wünsche inständig du erhältst mal einen Termin zur Vorsprache beim @Karl_Lauterbach Alle wollten ihn, jetzt könnte er aus erster Hand dringende Infos bekommen was zu tun ist
— Hef7i (@Hef7i) December 9, 2021
Ich wünsche inständig du erhältst mal einen Termin zur Vorsprache beim @Karl_Lauterbach Alle wollten ihn, jetzt könnte er aus erster Hand dringende Infos bekommen was zu tun ist
— Hef7i (@Hef7i) December 9, 2021
Wenn ich nicht bei Twitter wäre, würde ich nichts über diese Zustände wissen. In der örtlichen Presse steht, dass die KH hier „geht noch“ melden. Selbst im Kollegenkreis (vorwiegend gebildete Naturwissenschaftler:innen) wird die Dimension dessen, was geschieht nicht begriffen.
— ⚫🔥 Prem Jaijeet Kaur (@AndreaNPunkt) December 9, 2021
Wenn ich nicht bei Twitter wäre, würde ich nichts über diese Zustände wissen. In der örtlichen Presse steht, dass die KH hier „geht noch“ melden. Selbst im Kollegenkreis (vorwiegend gebildete Naturwissenschaftler:innen) wird die Dimension dessen, was geschieht nicht begriffen.
— ⚫🔥 Prem Jaijeet Kaur (@AndreaNPunkt) December 9, 2021
right
right
right
alles Gründe weshalb ich raus bin u unter diesen Umständen auch nie wieder auf einer ITS oder Klink arbeiten werde
da hilft auch kein hingeworfener Bonus oder 200€ mehr im Monat , es ist der absolute Wahnsinn für Pflegende, Ärzte u Patienten !!
— Matres (@Matres54842529) December 9, 2021
right
right
right
alles Gründe weshalb ich raus bin u unter diesen Umständen auch nie wieder auf einer ITS oder Klink arbeiten werde
da hilft auch kein hingeworfener Bonus oder 200€ mehr im Monat , es ist der absolute Wahnsinn für Pflegende, Ärzte u Patienten !!— Matres (@Matres54842529) December 9, 2021
Der zu spät erkannte Hinterwandinfarkt hat meiner Mama vor drei Monaten mit 49 Jahren das Leben gekostet. Es ist unfassbar, wa derzeit für Zustände herrschen. Trotzdem danke ich jedem Kollegen/Kollegin die weiter machen. Ich konnte es nicht mehr 😐
— Laura 🍓🌿 (@Farbenstille) December 9, 2021
Der zu spät erkannte Hinterwandinfarkt hat meiner Mama vor drei Monaten mit 49 Jahren das Leben gekostet. Es ist unfassbar, wa derzeit für Zustände herrschen. Trotzdem danke ich jedem Kollegen/Kollegin die weiter machen. Ich konnte es nicht mehr 😐
— Laura 🍓🌿 (@Farbenstille) December 9, 2021
Genau deshalb bin ich nicht mehr in der Klinik. Weil ich nicht länger wegesehen konnte. Weil alle wissen, was schief läuft, aber keiner etwas daran ändern kann. Weil junge Ärzte zu viel Verantwortung übernehmen müssen. Und weil die Patienten darunter leiden!
— 🔴Neuropsyc 🔴🌈 🧠🤘🌻 (@neuropsychologe) December 9, 2021
Genau deshalb bin ich nicht mehr in der Klinik. Weil ich nicht länger wegesehen konnte. Weil alle wissen, was schief läuft, aber keiner etwas daran ändern kann. Weil junge Ärzte zu viel Verantwortung übernehmen müssen. Und weil die Patienten darunter leiden!
— 🔴Neuropsyc 🔴🌈 🧠🤘🌻 (@neuropsychologe) December 9, 2021
Nichts was ich sagen kann, wird irgendetwas besser machen. Bitte hört nicht auf, davon zu erzählen
— Dermatophyt (@Dermatophyt) December 9, 2021
Nichts was ich sagen kann, wird irgendetwas besser machen. Bitte hört nicht auf, davon zu erzählen
— Dermatophyt (@Dermatophyt) December 9, 2021
Ich habe mich nach 25 Jahren Dienst von der Intensivstation verabschiedet und bereue es nicht. War heute auf einer der Corona Intensivstationen unserer Klinik für Maximalversorgung und hatte den Eindruck Schlachtfeld, 4:1 Versorgung, alle genervt, Leichentransport auf dem Gang.
— Jana (@anglocardioLPY) December 9, 2021
Ich habe mich nach 25 Jahren Dienst von der Intensivstation verabschiedet und bereue es nicht. War heute auf einer der Corona Intensivstationen unserer Klinik für Maximalversorgung und hatte den Eindruck Schlachtfeld, 4:1 Versorgung, alle genervt, Leichentransport auf dem Gang.
— Jana (@anglocardioLPY) December 9, 2021
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Passend dazu haben wir diesen Beitrag verlinkt: