Thread: Ich habe einer Patientin etwas zu essen organisiert
Der seit Anfang Mai laufende Pflegestreik in den Unikliniken in NRW spitzt sich zu. Zurzeit fallen dort Tausende Operationen aus, weil die Mitarbeiter*innen seit Wochen ihre Arbeit niedergelegt haben. Das bedeutet geschlossene Stationen oder Betrieb im Minimalbereich. Den Streikenden geht es nicht nur um ihre Bezahlung, sondern auch um generell mehr Personal für eine adäquate und vor allem auch menschenwürdige Versorgung ihrer Patient*innen. Für diese wünschen sie sich zusätzlich einen Pfleger-Patient*innen-Schlüssel im Verhältnis 1 zu 1,5. Wenn dieser Schlüssel nicht eingehalten wird, sollte es „Belastungspunkte“ geben, finden sie, für die man ab einer gewissen Anzahl einen zusätzlichen Tag Freizeitausgleich bekommen kann. Außerdem setzen sie sich für eine Ausweitung dieser Regelung auf andere Berufsgruppen im Klinikbetrieb ein. Es sind nämlich nicht nur die Pflegekräfte, die im Klinikalltag am Limit und darüber sind. Wie dringend es ist, dass sich die Patientenversorgung grundlegend verbessert und warum wir mit Veränderungen nicht warten sollten, bis das System kollabiert ist, das lest ihr im nun folgenden Thread von @narkosedoc.
Ich habe gerade einer Patientin was zu essen organisiert.
Sie kam um 13 Uhr aus dem OP (zu spät um Mittagessen zu bekommen, nichts zurück gestellt), als das Abendessen kam hat man ihr gesagt, sie müsse erst richtig wach sein (!!), als sie erneut nachfragte gab es nichts mehr.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Sie hat geweint vor Hunger. Richtig schlimmen Hunger und sie hat mehrfach geklingelt und man hat sie zuletzt einfach ignoriert.
Pizzataxi ging nicht, weil sie nicht so mobil war, dass sie zum Eingangsportal hätte laufen können und der Lieferant kommt nicht einfach so rein.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Ich habe ihr also aus so einem Kühlschrank ein Bounty gezogen, dazu ein paar Joghurts/Puddings die wir auf Intensiv auf Seite stellen, wenn sie übrig sind. Ja, eine vollwertige, ausgewogene Mahlzeit sieht anders aus, aber die Frau war so dankbar! 😄
— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Die Pflegekraft (mittlerweile der ND) war völlig überfordert, die hatte das gar nicht auf dem Schirm.
Das und vieles andere passiert je-den Tag. Und diese Patientin ist noch fit im Kopf – was machen Leute, die das nicht mehr selbst regeln können?
Wir sind einfach so lost. 😕— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Wenn ich sowas sehe denke ich – wie kaputt ist das alles mittlerweile?!?
Und eigentlich guckt niemand hin. Weil man es nicht wissen will, weil man es verdrängen kann, solange man gesund ist.
„Nicht mein Problem“.
Doch, ist auch Dein Problem. Vielleicht nur noch nicht jetzt.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Der BVB hat einen neuen Trainer und Hunderttausende „liken“ das sofort. Es gibt ganze Sendungen darüber und gleich mehrere Seiten in der Zeitung. Über einen Ballschubser.
Und hier stehen die Unikliniken quasi still und das ist ein f**king Notfall!!! 🔥🔥🔥— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Eure Aufmerksamkeit sollte auf den Dingen liegen, die wirklich wichtig sind. Wichtig für euch, für eure Familie, für eure Eltern und eure Kinder.
Und das ist wohl eher nicht ein neuer Trainer irgendeines Sportvereins, sondern vielleicht eher Eure Gesundheit.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Wir brauchen Pflegekräfte und gut ausgebildete Ärztinnen und Ärzte. Wir brauchen dafür viel Geld.
Boni, finanzielle Anreize damit dieser Beruf und die sperrigen Arbeitszeiten wieder attraktiver werden.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Wenn ihr einen Herzinfarkt habt, eine Hirnblutung, einen Tumor, Frakturen, Aortenruptur und und und – da wird der Fußball euch nicht helfen.
Im Stadion gibt es ja auch nur Stühle und keine Betten.
Was wir können, können nur wir. Noch.
Bald können wir nämlich nicht mehr.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 24, 2022
Das sagen andere User:
Es tut natürlich gut, einen engagierten Arzt zu haben, der auf die Bedürfnisse seiner Patient*innen eingeht. Noch besser wäre es aber, wenn die Grundversorgung in den Kliniken einem Mindestmaß an Menschlichkeit entspricht. Das soll eines der besten Gesundheitssysteme der Welt sein? Die Vielzahl der Kommentare und Reaktionen geben dem Autor leider recht. Ein paar der treffendsten haben wir hier für euch zusammengetragen:
Ich denke „fies“ trifft es nicht. Vor allem@war es Überarbeitung, zu viele Parallele Aufgaben und da rutscht „Hunger“ eben hinter „Schmerzen“ oder „Blutung postoperativ“ runter. Man kann nicht alle gleichzeitig versorgen.
Wir brauchen mehr Pflegekräfte.— Intensivdoc 🇺🇦 (@narkosedoc) May 25, 2022
Das kann doch nicht allen erstens unser Ziel sein. Was ist mit denen, die keine Familie in der Nähe haben? Was ist mit denen, die spezielle Nahrung benötigen oder best. Dinge nicht essen dürfen? Was ist mit der Chance, durch gesundes, leckeres Essen das es geben könnte im KH
— Seulenocke (@seulenocke) May 25, 2022
Passiert leider sehr oft. Hatte es vor einigen Jahren fast genauso. 3 Tage bekam ich nichts da morgens Nüchtern sein wegen Darmspiegelung, 2 Tag wegen Magenspigelung. 3 Tag alleine auf dem Zimmer und keiner kam. Seitdem habe ich immer etwas im Koffer,
— Overback Consulting (@ITConsultin) May 24, 2022
meinem Bett wieder aufstehen konnte habe ich mich bei jedem Aufenthalt immer um meine deutlich älteren Mitpatientinnen gekümmert. Essen angereichert gehört meist dazu, da das Tablett hingestellt wurde, sich aber sonst keiner zuständig fühlte. Bei Demenz haste eben Pech! ☹️
— Uschi (@UschiRiele) May 25, 2022
Du versuchst hierauf aufmerksam zu machen! Es ist do wichtig u dringend dass sich hier schnell was tut! Die Streiks in NRW sind daher auch vollkommen nötig u ich hoffe sehr dass ihr Erfolg habt u sich etwas verändern wird!
— C.C (@CCcc1984cc) May 25, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Passend dazu haben wir noch das: