Thread: Ich glaube, ich wäre eine gute Intensivpflegerin, wenn das System es mich sein ließe

Manuela Jungkind 11.04.2021, 16:01 Uhr

Der Begriff Pflegekräftemangel wabert bereits so lange durch Medien und Öffentlichkeit, dass man eigentlich nur noch den Kopf darüber schütteln kann, warum sich immer noch nichts tut. Wobei, es tut sich was, nur eben in die falsche Richtung. Dieser Eindruck stellt sich zumindest bei uns ein, wenn wir Posts und Diskussionen auf Twitter verfolgen. Ging es anfangs noch darum, dass Patient:innen mehr und mehr zu einer Zahl in einer Buchhalterkalkulation degradiert werden und die Pflege immer gehetzter und unpersönlicher wird, stellen wir in letzter Zeit fest, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Krankenhaus zunehmend zermürbt werden, abstumpfen oder ganz aufgeben. Wer kann es ihnen verdenken? Minimalbesetzung, Überstunden, Dauerstress, Bürokratie, immer weniger Wertschätzung, dazu die desaströse Corona-Politik von Bund und Ländern, die auch auf dem Rücken der medizinischen und pflegerischen Kräfte ausgetragen wird – wie kann eine Gesellschaft so die Menschen behandeln, die sich in unseren schwächsten Stunden um uns kümmern?

Auch Twitteruserin @DeMutsch hadert. Die gelernte Intensivpflegerin ist in den OP gewechselt, obwohl sie ihrer Arbeit auf der Intensivstation mit Engagement und Leidenschaft nachging. Ihr Thread ist vom 1. April, aber leider weder ein Scherz noch zeitlich begrenzt. Vielen Dank für diese ehrlichen Worte!

Das sagen andere User:innen:

Auf Twitter erhält @DeMutsch erhält viel Zuspruch und Verständnis für ihre ehrlichen Worte. Mehrere User:innen berichten zudem von Situationen, die sie selbst im Krankenhaus erlebt haben, und erinnern daran, wie wichtig es ist, bei all der Angst, die man als Patient:in erlebt, Menschlichkeit und Zuwendung zu erfahren – eben genau die Dinge, die immer weiter wegrationalisiert werden. Wir haben wie üblich die treffendsten Kommentare für euch ausgewählt:

Auch wir sind inzwischen nur noch frustriert, dass einem Beruf, der von Empathie und Gewissenhaftigkeit lebt, immer weiter die Energie ausgesaugt wird. Jede:r, der schon einmal im Krankenhaus behandelt werden musste oder Freunde oder Familienmitglieder begleitet hat, kann vermutlich bestätigen, dass Pflege viel mehr als das Verabreichen einer Medikation oder das Wechseln eines Verbands ist. Dass der menschliche Aspekt im Gesundheitswesen immer weiter zurückgedrängt wird, beschränkt sich übrigens nicht nur auf die Pflege. Falls ihr wissen wollt, wie es sich für einen Chirurgen anfühlt, unter den aktuell überfüllten Intensivstationen Entscheidungen über Leben und Tod zu treffen, empfehlen wir euch folgenden Beitrag:

Thread: Ein Abend in der Klinik

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