Thread: Mit den Kindern bei der U-Untersuchung
Wer Kinder hat, weiß, dass es dazu gehört, im Zentrum vieler peinlicher Momente, bei denen man am liebsten vor Scham im Boden versinken möchte, in der Öffentlichkeit zu stehen. Roter Kopf, schwitzige Hände und alle starren einen an. Kampferprobte Eltern geben sich hier eher cool. Sei es, weil sie mit ihren Sprösslingen schon Schlimmeres erlebt haben oder weil sie wissen, dass es im Endeffekt überhaupt nichts bringt, gegenzusteuern. Und vielleicht sucht ja der eine oder andere Trost in der Tatsache, dass diese Momente Jahre später als unterhaltsame Anekdoten für Familienzusammenkünfte taugen, mit denen man die Brutlinge ein bisschen in Verlegenheit bringen kann, quasi als Retourkutsche. Eltern sind eben auch nur Menschen und brauchen ein klitzekleines bisschen Rache. Vielleicht macht ihr es aber auch wie unser Kinder- und Thread-Experte @doppeldaumen, der jedes dieser Ereignisse zu unterhaltsamen Twitter-Threads veredelt. Dann müsst ihr mit eurer kleinen Rache zumindest nicht so lange warten, bis die Kids älter sind. In diesem Beitrag soll es heute um die wichtige U-Untersuchung beim Kinderarzt gehen. Am besten, ihr macht euch schnell noch eine große Schüssel voll mit Popcorn und dann legen wir los.
Kinder sind das Beste auf der Welt.
Sie machen uns froh.
Sie machen uns stolz.
Außer wenn man mit ihnen beim Kinderarzt ist.
Dann nicht.
Ein Thread.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Ich mache ja vieles mit. Ich bin Hüpfburg, Trampolin, Fußballtor, Reitpferd, Kampfpapa… alles. Nur zum Kinderarzt gehe ich nicht gerne. Wieso? Weil Kinder alles verlernen, sobald sie das Praxiszimmer betreten. Man kann froh sein, wenn der Kinderarzt nicht sorgenvoll
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
den Kopf schüttelt, wenn aus dem Zuhause-Einstein plötzlich der Kinderarzt-Simple Jack geworden ist. Natürlich sind die U-Untersuchungen wichtig. Und wenn die U34729xyz-Untersuchung ansteht, dann heißt es: Hingehen! Und hoffen, dass sich das Kind einigermaßen normal verhält.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Außerdem kommt sonst noch das Jugendamt und guckt, wie es bei uns unter der Couch aussieht und fragt dann nach 3 weiteren Kindern, die dort augenscheinlich verwildert leben. Das wäre bestimmt ganz nerviger Papierkram… boah, nee… dann lieber ab zum Kinderarzt.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Kind3 war ziemlich motiviert. Nicht, weil sie die Sinnhaftigkeit von Vorsorgeuntersuchungen verstünde, sondern weil ihr Vater, dieser schlaue Fuchs, ihr etwas aus dem Spielzeuggeschäft gegenüber versprach – ordentliches Benehmen vorausgesetzt.
Ich hatte mich kundig gemacht:
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Auf der heutigen Agenda standen eher so grundlegende Entwicklungsaspekte. Zählen bis 10 und so Kinkerlitzchen. Das habe ich am Abend vorher mit Kind3 geübt. Dabei hat sie alle Klausuren und Referate mit „gut“ bestanden, sodass ich dieses Vorzeigekind guten Gewissens dem
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Arzt vorstellen konnte und danach, wenn der einwandfreie Allgemeinzustand des Kindes erstmal attestiert wäre, ganz beiläufig und semiinteressiert Nicken könnte.
Im Wartezimmer gab es Streit. Kind3 wollte nämlich unbedingt „schon jetzt“ in den Spielzeugladen, während ich der
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Meinung war, man müsse erst gewinnen, bevor man den Pokal in die Höhe reckt. Ein Argument, dem Kind3 nicht folgte und zur Strafe die erste Station, die Waage, einfach verweigerte. Nö, mach‘ ich nicht.
In einem peinlichen Moment des Bodyshamings musste ich mich also wiegen, dann
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
die Prozedur mit dem widerspenstigen Kind auf dem Arm wiederholen und zuletzt mittels eines komplizierten mathematischen Vorgangs das Gewicht des Kindes bestimmen.
„Oh, das ist aber etwas über der Grenze.“
„Echt? Ich finde Kind3 ja ziemlich schlank…“
„Sie. Nicht das Kind.“— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Achso. War bestimmt ein Rechenfehler.
Kennt ihr das, wenn Eure extrovertierten Kinder, die zuhause keine Sekunde zögern, dem Paketboten in Unterhosen oder im Karnevalskostüm freudestrahlend die Tür zu öffnen, von einer Sekunde auf die andere zu kleinen, verschämten
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Duckmäuschen werden und sich hinter Euch verstecken, als ob der Weihnachtsmann gegenüberstünde und im Buch der Frechheiten blättert? Ja? Dann wisst Ihr, wie Kind3 auf das „Hallo!“ der Kinderarztes reagierte.
„Wie heißt du denn?“
Keine Antwort.
„Hast du einen Namen?“
„Nee.“— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Herrje, das ging ja gut los. Es folgte eine körperliche Bestandsaufnahme, die Kind3, sonst ein agiler Flummi, ungefähr so gelenkig und motiviert wie eine Parkuhr ertrug. Aber ich machte mir keine Sorgen – ich hatte zuhause alles nachgezählt und wusste, dass sie körperlich
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
vollständig war.
Als nächstes stand der Wissenstest an. Das wird unsere große Stunde. Schließlich hatten wir geübt.
„Zähl mal bis 10!“
„Äh… sieben?“
„Nein, einfach zählen. 1… 2… 3…?“
„Neunundzwanzig?“Immerhin hatte sie ein mehrsilbiges Wort genutzt. Das hatte ich zu
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr zu hoffen gewagt. Ich versicherte dem Arzt, dass das Kind ohne Namen zuhause problemlos ihre 5829 Spielzeuge zählt – wahrscheinlich hört der das aber von allen Eltern, auch denen der wirklich dummen Kinder.
Auf einem Schaubild sollte Kind3
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Tiere benennen. Zuhause ist sie Hobbyzoologin und wird grantig, wenn man Affe statt Schimpanse sagt. Beim Kinderarzt zeigte sie nur auf die verschiedenen Tiere und sagte „Da ist ein Tier. Und da. Und da.“ Naja… vielleicht ist es ja wie in Mathe früher und es gibt Punkte für den
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
richtigen Ansatz. Oder den guten Willen. Oder körperliche Anwesenheit.
Danach folgte ein Vieraugengespräch zwischen dem Arzt und Kind3. Nach einigen Augenblicken erklang schallendes Gelächter aus dem Raum. Wahrscheinlich haben sie zusammen den Sonderschulantrag ausgefüllt.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Oder schlimmeres. Kinder sind ja immer so schrecklich indiskret. Eine Kindergärtnerin fragte mich mal, ob ich zuhause wirklich in die Badewanne uriniere. Und das nur, weil ich Kind3 auf ein Malheur im Bad mit „ist gar nicht schlimm. Das passiert jedem mal.“ geantwortet hatte.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Insofern bestand durchaus die Möglichkeit, dass Kind3 irgendwelche Schauerlichkeiten aus dem Elternhaus preisgab.
Nach einer gefühlten Ewigkeit erhielt ich Kind3 zurück. Der Kinderarzt meinte, es sei alles super und Kind3 hätte sich ihr Spielzeug verdient.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Da haben wir es wieder. Kinder sind einfach miese Komplizen, weil sie auch ohne Folter singen wie ein Vogel. Sie hat bestimmt sowas wie „Haha… Papa hat mich bestochen und das erzähle ich natürlich. Er pinkelt übrigens in die Wanne.“
Unterm Strich konnte ich froh sein, dass
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Kind3 so lieb war und wenigstens den aufrechten Gang demonstrierte. Im Spielzeuggeschäft wünschte sie sich das Playmobil-Schloss. Alles andere wäre keine faire Entlohnung für diese eindrucksvolle Performance.
Ich plädierte für das Lego-Set „Kind ist artig“. Gab es aber nicht.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Schlussendlich einigten wir uns auf ein Wissensbuch. Da stehen sicher ganz viele Dinge drin, an die sie sich bei der nächsten U-Untersuchung nicht mehr erinnern kann.
Zuhause meinte Kind3, ich wäre beim Wiegen über der Grenze.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Aber was ich Euch eigentlich sagen wollte:
Geht zur U. Es ist wichtig.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 5, 2021
Das sagen andere User:
Klingt bekannt? Tatsächlich ging es auch vielen anderen Lesern so. Irgendwo muss es einen Schalter bei den lieben Kleinen geben, der umgelegt wird, wenn man die Praxis des Kinderarztes betritt. Die besten Reaktionen haben wir hier für euch zusammengetragen.
Mein Neffe: „Der hat gesagt, ich soll ein Dreieck malen. Aber ich habe einfach immer wieder einen Kreis gemalt!“ Klopft sich auf die Schenkel …
— Meikesbuntewelt (🏡) (@meikesbuntewelt) June 5, 2021
Warum gehen Sie mit meinem K3 zum Kinderarzt? Wie kommen Sie dazu? Ich kenne Sie doch nicht mal!
— Alice aus der Wunderlampe (@jellybear8) June 5, 2021
Bin ich froh, dass wir nicht alleine sind! U8 mit K1. Läuft soweit gut. Der KiA ist zufrieden. Bietet K1 ein Spielzeug an. K1: Den billigen Chinaschrott können Sie behalten. Ich bin fast tot umgefallen. Ich habe mich echt geniert. KiA grinst: Sprachlich eher Niveau J1😂😂😂😂
— Frau Miezhaus (@Miezhaus2) June 5, 2021
Unser KiA dachte immer, K2 würde stundenlang Fernseh gucken, weil sie die Namen aller KiKa Helden aus dem Kindergarten kannte. Sogar Sponge Bob, dieses unerträgliche Ding. KiA: „Kennst Du .. und guckst Du das gerne? K2 immer „Ja!“ 🙄 Ich :“Nein! Nie!“ 😅 KiA: „Aha“🧐 K2: 😏 I: 😅
— Armanjaschja (@Einhorngarten) June 5, 2021
Kinderarzt fragt den 4Jährigen „was kocht die Mama denn am besten?“ Kind guckt verduzt „äh, nichts“ Kinderarzt guckt verduzt. Ich zucke die Schultern „gegen das Essen im Kindergarten komm ich nicht an“ 🤷🏼♀️
— Frauke (@F8281A210477) June 5, 2021
Das war’s für heute. Die Selbsthilfegruppe „Peinlichkeiten mit der Frucht meiner Lenden“ trifft sich in Kürze wieder. Und bis dahin könnt ihr ja noch mal hier reinschnuppern: