Thread: Marlene Lufen und ihre Zweifel am Lockdown
Seit Tagen kursiert ein Instagram-Video der „Frühstücksfernsehen“-Moderatorin Marlene Lufen in den sozialen Netzwerken und Messengerdiensten, in denen sie wichtige Probleme unserer Gesellschaft in der Pandemie anspricht. Lange bevor dieses Video auf Twitter thematisiert wurde, haben wir dessen Inhalt in unserer Redaktion kontrovers diskutiert. In ihrem Beitrag kritisiert Frau Lufen, dass Politik und Medien nur auf die Infektionszahlen schauen würden. Die Symptome des Lockdowns wie etwa häusliche Gewalt, Gewalt gegen Kinder oder das Thema Depressionen würden außen vor gelassen. Sie stellt den Lockdown als Lösung in Frage und schlägt vor, auf Alternativen wie beispielsweise den Schutz von Pflegeheime zu setzen.
10,7 Millionen Views und der massive Zuspruch in den Kommentaren machen deutlich, dass die Moderatorin einen Nerv getroffen hat. Dafür bekommt sie Zuspruch aus allen Ecken. Nicht nur von Fans, Freunden und anderen Promis, sondern auch von Querdenkern. Das Bedenkliche an diesem Video mit seiner „Endlich sagt’s mal einer“ – Mentalität ist die verkürzte Darstellung der Problematik und ein selektives Ausblenden von wichtigen Fakten. Zwar liefert Frau Lufen feste Zahlen und Quellen, ihre Schlussfolgerungen untermauern diese jedoch streng genommen nicht, auch weil sie zu viele Faktoren gar nicht erst berücksichtigt. Darüber hinaus verkennt sie, dass sie sich mit ihrer Argumentation mitten ins Präventionsparadoxon hineinmanövriert hat. Emotional gesehen mag sie an vielen Punkten richtig liegen, faktisch verunsichern ihre Gedankengänge und ständigen Fragestellungen den Zuschauer aber nur und säen Zweifel. Deswegen halten einige Menschen dieses Video auch für so gefährlich. Aus diesem Grund halten einige Menschen dieses Video auch für so gefährlich, deswegen wird es von so vielen Querdenkern auf Telegram geteilt. Der Twitteruser Moritz Wächter hat das Video etwas genauer unter die Lupe genommen und diesen Thread geschrieben. Das Video selbst haben wir am Ende des Beitrages eingebettet, damit ihr euch selbst eine Meinung darüber bilden könnt.
Es gibt ein Video auf Instagram, dass innerhalb von einem Tag fast 5 Millionen (!) Aufrufe bekommen hat. Ihr solltet das wissen, weil das Video sehr gefährlich ist. Ein Thread (1/13):
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
In dem Video berichtet Frühstücksfernsehen-Moderatorin Marlene Lufen über den Lockdown und ihre „Bauchgefühle“ dazu. Sie habe mit dem Familienministerium, Verbänden etc. gesprochen. Angeblich werde „etwas“ nicht publiziert und jeder der Bedenken äußere in die Ecke Trump gestellt.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Alleine bei diesem Wording bekam ich Bauchschmerzen. Belege dafür liefert sie nicht. Allerdings sei ihr die Reaktion auf Twitter egal, denn sie sei da nicht. Naja, dann eben nicht.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Sie liest dann (berechtigte) Kritik vor, was den Schutz von Kindern vor Gewalt angeht. Das ist okay. Depressive sind belastet, Alte sind belastet, viele leiden unter Einsamkeit. Natürlich ist das schwer. Niemand stellt das in Frage.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Als es dann um Maßnahmen geht, fragt Marlene Lufen wer denn das alles ausrechne. Mobilitätsexpert:innen könnte man sagen, Physiker:innen, Virolog:innen. Könnte Marlene Lufen wissen, denn sie ist von Beruf Journalistin. Laut Selbstbeschreibung.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Sie sagt in dem Video nie konkret, dass alles falsch ist. Sie stellt nur Fragen. Verunsichert. Sie hinterfragt, ob die Folgeschäden die jetzigen Lockdown-Maßnahmen rechtfertigen. Ob man nicht Pflegeheime mehr schützen solle. All das kennt man schon.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Zum Ende wird es nochmal krass. Sie sagt dann (sinngemäß), jedes mal wenn ein Politiker sagt man „müsse die Zähne zusammenbeißen“ könnte sich ein Jugendlicher von der Brücke stürzen. Damit endet mehr oder weniger das Video und lässt mich sprachlos zurück.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Marlene Lufen hätte sich anschauen können, was andere Länder getan haben. Wie Schweden versagt hat. Wie Großbritannien versagt hat. Wie alle Länder auf die Nase geflogen sind, die zu langsam zu wenige Maßnahmen ergriffen haben. Hat sie aber nicht.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Das Video wurde von sehr vielen unkritisch verbreitet. @dunjahayali ist dabei, @MOTSI_MABUSE , Jochen Schropp, Ikke Hüftgold, Sylvie Meis und sehr sehr viele andere. Die Reichweite ist enorm, der Rückenwind gewaltig. Das Ergebnis? Fragwürdig.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Jetzt kann man das natürlich ignorieren, sollte man aber nicht. Das Video erreicht viele, die unsere Tweets & Podcasts nicht erreichen. Und es schlägt ein. Wichtig ist: Gegenhalten. Sprecht mit Leuten, die das Video liken, teilen oder kommentieren. Informiert Freunde & Familie.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Wichtig ist: Seid keine Klugscheißer. Menschen sind verunsichert und Verunsicherung ist in Ordnung. Seid hilfreich. Teilt gute Informationen, gebt Tipps bei Einsamkeit, weist auf Hilfetelefone und Therapiemöglichkeiten hin. Physische Distanz und Soziale Nähe sind Möglich!
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Und wichtig: Gebt Hoffnung. Die Zahlen gehen runter, die Impfungen rücken näher. Es wird besser. Das wichtigste in einer schlimmen Phase ist zu wissen, dass es besser wird.
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 1, 2021
Wer es noch nicht gesehen hat, kann das jetzt hier nachholen:
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Update: Moritz hat den Thread inzwischen korrigiert und ergänzt:
Ihr Lieben! Ich hätte niemals gedacht, dass meine Kritik an Marlene Lufen so ein riesiges Echo hervorruft. Wer etwas kritisiert, muss natürlich auch mit Kritik an der Kritik rechnen. Daher gehe ich hier auf einige Punkte ein (Thread):
— Moritz Wächter 🇪🇺 (@MoritzWaech) February 3, 2021