Thread: Liebe Firmen, ich hab da einen Vorschlag
Den glorreichen Satz „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ dürften die meisten in ihrem Ausbildungs- oder Berufsleben sicherlich mehr als einmal gehört haben. Heutzutage verwundert die Verwendung dieser „Weisheit“ tatsächlich umso mehr, da es Firmen und Betriebe bekanntlich immer schwerer haben, Nachwuchs zu finden – Stichwort Azubimangel. Vor allem im Gastgewerbe und im Handwerk wird teils händeringend gesucht, zahlreiche Stellen und Ausbildungsplätze bleiben Jahr für Jahr unbesetzt. Woran das liegt? Klar, der demografische Wandel spielt hier eine Rolle, denn so steht dem Arbeitsmarkt ganz automatisch immer weniger junger Nachwuchs zur Verfügung. Und sonst? Nun ja, hier gehen die Meinungen sehr weit auseinander. Fragt man den 60-jährigen Meister, kommt dabei nicht selten die Antwort: „Die jungen Menschen wollen sich halt nicht die Hände schmutzig machen und auf richtige, anstrengende Arbeit haben die eh keine Lust mehr“. Fragt man die andere Seite der Betroffenen, nämlich die jungen Menschen selbst, schaut die Sache deutlich anders (und realistischer) aus – wie der Thread von Twitteruserin @VevalingJ zeigt.
Liebe Firmen die grade über Azubimangel klagen: ich hab da nen Vorschlag.
Nehmt Eure Ausbildungsvergütung. Rechnet das netto aus. Zieht von diesem Netto den üblichen Preis für ein WG-Zimmer in eurem Ort ab. Zieht vom Rest die Fahrtkosten für ein Monatsticket ab. Wenn da nicht— Vevaling (@VevalingJ) August 9, 2022
Mindestens das Geld für Essen, Nebenkosten und Medikamente übrig bleibt sind nicht die Azubis das Problem.
— Vevaling (@VevalingJ) August 9, 2022
#Systemversagen #Fachkräftemangel #Armu
— Vevaling (@VevalingJ) August 9, 2022
Und nein, es liegt eben nicht nur am Geld
Das! Aber „ich hab damals auch das erste Ausbildungsjahr nur gefegt und geputzt. Warum sollen die jungen Leute es besser haben?“
Letzte Woche noch lange drüber diskutiert. 🤯😵💫— Lidesa 🤱🏼 (@lidesa90) August 10, 2022
Und wenn Du so einem Meister dann sagst, er sollte vielleicht mal seinen Umgang mit den Lehrlingen überdenken kommt zu 1000% „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“.
Klar, Klaus-Uwe, kannst Du Deine Azubis scheisse behandeln- nur wunder dich nicht wenn sich das rumspricht!
— JacyJu💙💛 (@JacyLu76) August 10, 2022
Hätte auch noch einen interessanten Ratschlag.
Klingt vielleicht etwas crazy 🤪 aber wie wäre es wenn man die Azubis… ich weiß auch nicht… vielleicht vernünftig behandelt?
— melons (@tuppesgadse) August 10, 2022
Ursache und Wirkung
Jua aber davon kann ich halt nicht leben. Dann geh ich lieber Studieren, bekomme ein gefördertes Wohnverhältnis, Bafög, kann nebenbei 450€ verdienen und stelle in ein paar Jahren fest dass ich zwar nen Uniabschluss habe aber keinen Handwerker der meine Toilette reparieren kann.
— Vevaling (@VevalingJ) August 10, 2022
Dass in jedem Angestelltenverhältnis – egal ob Chef*in oder Auszubildende*r – ein „Danke“ und „Bitte“ nicht zu viel verlangt ist, hat sich noch nicht überall herumgesprochen …
kein Tadel ist ja auch Lob genug oder so. argh
— Thomas Bohn (@tehabe) August 10, 2022
Gut, aber das wäre ja quasi Gratismentalität und daher völlig undenkbar
Eigentlich sollte sich unser Land ein elternunabhängiges Bafög inkl Fahrtkostenerstattung als Teildarlehen für alle Studi, Azubis und Schüler leisten können. Das wäre für alle gerecht und würde auch Mangelberufe und schulische Berufsausbildung unterstützen.
— Betti ist jetzt titanverstärkt! (@Bettiboo222) August 10, 2022
Doch es geht auch anders
Also in der IT ist der Regelfall den ich sehe, dass von den 3 Jahren Ausbildung der Azubi 2 Jahre lang mindestens einen halben bis 3/4 Fachinformatiker ersetzt(der leicht mal 3 bis 4 mal so viel kostet).
Gutes Geschäft.
— Lowl3v3l (@Lowl3v3l) August 10, 2022
Zurück zu einem Punkt, der scheinbar leider noch immer nicht selbstverständlich ist
Und auch ganz wichtig: Azubis wie Menschen behandeln. Ich hab meine Ausbildung in der Pflege an den Nagel gehängt, weil ich nicht mehr heulend auf der Toilette sitzen wollte. Und guess what… Ich hatte jetzt -als Erwachsene- den gleichen Mist in der Kita
— Jessy (@Jessy_the_One) August 11, 2022
Hatte ne Ausbildung als Floristin angefangen: 270.- netto, „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, Weihnachten bis 2 Uhr früh Ausstellung vorbereiten, putzen, Blumen anschneiden… mobbing der Lehrlinge ganz normal, hab nach einem halben Jahr abgebrochen
— HEPfromHell (@BestofHep) August 10, 2022
Leider, leider kein Einzelfall …
Ich habe zwischen 400€-500€ verdient. Wäre der Mann nicht da gewesen, hätte ich mir die Ausbildung nicht leisten können. Komisch, dass es so schwer Leute zu finden 😬
— Leyla_femme (@Leyla_femme) August 10, 2022
Klar ist: Es muss sich etwas ändern. Und zwar schnell!
Hinzu kommt ja auch keine langfristige Perspektive gibt. Körperlich kaputt ab 45 , keine Möglichkeit bis zur Regelaltersrente zu kommen und dann wird einem lapidar Augen auf bei der Berufswahl vor den Kopf geknallt.
— Patricia (@dasIchimWir) August 10, 2022
Es ist nicht hoffnungslos: