Thread: Ich atme auf

In den Krankenhäusern steht das medizinische Personal, bestehend aus Ärzten und Pflegekräften, tagtäglich unter einem enormen Druck. Die moderne Hochleistungsmedizin stellt hohe Anforderungen an ihre Expertise und Effizienz. Sie müssen mit knappen Ressourcen jonglieren, komplexe medizinische Entscheidungen treffen und dabei oft unter Zeitdruck arbeiten. Dieser Druck kann sich negativ auf ihre physische und psychische Gesundheit auswirken. Die fortschrittliche Hochleistungsmedizin ermöglicht es Ärzten, Krankheiten besser zu diagnostizieren, Behandlungen zu verbessern und Leben zu retten. Dank neuer Technologien und medizinischer Innovationen stehen dem medizinischen Fachpersonal heute mehr Möglichkeiten zur Verfügung als je zuvor. Dennoch bedeutet es auch, dass sie ständig lernen und sich weiterentwickeln müssen, um mit den neuesten Erkenntnissen und Techniken Schritt zu halten.

Trotz dieser enormen Verantwortung und des ständigen Drucks werden Ärzte und Pflegepersonal nicht angemessen gewürdigt. Sie arbeiten oft lange Stunden, müssen Schichtarbeit leisten und sind mit schwierigen Situationen konfrontiert, bei denen Menschenleben auf dem Spiel stehen. Diese Arbeitsbedingungen können zu einer hohen Belastung führen und ihre eigene Gesundheit gefährden. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass wir den Menschen, die in der Hochleistungsmedizin arbeiten, Respekt zollen. Ihre Hingabe und Opferbereitschaft verdienen Anerkennung. Es ist wichtig, dass wir ihre Arbeit wertschätzen und sie angemessen bezahlt werden. Beides lässt leider immer noch stark zu wünschen übrig.

Da wir an ihrer Bezahlung freilich nicht ändern können, wollen wir uns stattdessen auf etwas konzentrieren, das in unserer Macht liegt: ihnen Gehör zu verschaffen, aufzuzeigen, was sie alles leisten müssen und wie sie sich dabei fühlen. Deswegen wollen wir euch den nun folgenden Thread des Intensivmediziners und Twitterusers @Lam3th ans Herz legen.

Ich sollte eigentlich einen schwerstkranken Patienten operieren. Aufgrund der fehlenden Kapazitäten wurde es es wesentlich gesünderer, jüngerer Patient, dessen OP schon mehrfach verschoben wurde. Also hatte ich diese OP übernommen. Ich hatte nichts dagegen. Gesünderer Patient,

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

entspanntere OP.
Noch während der Vorbereitungsschritte schaut die Anästhesistin über das Tuch und fragt: „Sag mal hast du deine Finger am Herz?“
In dem Augenblick war der offene Thorax soger mit einem Tuch verdeckt. „Nee. Meine Finger sind hier. Wieso?“
Ich schaue hoch zum

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

Monitor und sehe warum. Rhythmusstörungen. Kein Blutdruck. „Tisch in Schocklage.“
Der Tisch bewegt sich, Der Blutdruck wird nicht besser. Ryhtmusstörungen häufen sich.
„Ich glaube wir müssen notfallmäßig an die Herz-Lungen-Maschine.“
„Er ist drucklos“ kommentiert die

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

Anästhesistin. „Ich spritze schon dazu. Du musst was tun.“
„Messer. Ich stecke die Kanüle so in die Aorta.“ Das Blut fließt zögerlich aus der Hauptschlagader. Ich könnte dem Patienten was von meinem Blutdruck abgeben. Ich merke den Schweiß an mir herunterlaufen.

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

„Bloß Ruhe ausstrahlen“ ermahne ich mich im Kopf. „Halten. Die ist nicht gesichert.“ Drücke die Kanüle meinem zum glück sehr versiertem Assistenten in die Hand. Der weiß was er zu tun hat. Schnell stecke ich die HLM an die Kanüle. „Fahr alles an Volumen rein, was du kannst“ ist

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

die Anweisung an den Kardiotechniker. Ich riskiere einen Blick auf den Monitor. Kein Blutdruck. Sättigung des Patienten am Gehirn fällt. „Scheere. Saugen.“ Das Team funktioniert wie in Uhrwerk. „Kanüle“. „Halten. Die ist nicht gesichert.“ In meinem Kopf pocht es. Schweiß rinnt.

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

Konnektiere den zweiten Schlauch. „Anfahren. Komplett entlasten.“ Blutdruck des Patienten steigt sofort. Sowie die Sättigung im Kopf.
„Wir müssen die Kanülen sichern.“ Jetzt ist mein Blutdruck am fallen. Meinen Plan für die OP kann ich nun in der Pfeife rauchen. Ein neuer Plan

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

muss her. Das ist zum Glück nicht das Problem.
„Ihr wart echt schnell“ sagt die Anästhesistin. „Das war knapp eine Minute.“ Der Rest der OP läuft eigentlich entspannt.
Der Anruf bei der Ehefrau weniger. Sie ist völlig aufgelöst. Obwohl ich ihr eigentlich Mut mache. Irgendwann

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

ruft mich der Kollege von der Intensivstation an. „Wegen deines Patienten…“
Ich denke: „Shit. Jetzt sagt er mir der hat einen hypoxischen Hirnschaden und ist tot.“
Er fragt was eher banales. Ich beantworte seine Frage. „Gott, ich habe gedacht, du erzählst mir, der hätte

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

irgendeinen neurologischen Schaden…“
„Ach was. Dem geht es doch super. Wach. Aprechbar. Völlig happy.“
Und ich… atme auf…

Danke für’s Lesen.

— Lämêth (@Lam3th) June 20, 2023

Das sagen andere User:

Klingt wie aus einer schlechten amerikanischen Arztserie? Ist aber Alltag und Realität. Wir ziehen unseren Hut vor dem, was die Menschen in den Kliniken jeden Tag leisten müssen. Natürlich wollen wir auch noch ein paar Leserinnen und Leser zu Wort kommen lassen. Wir haben ein paar der treffendsten Kommentare und Reaktionen hier für euch zusammengetragen.

Danke dafür, dass ihr täglich über Euch hinauswachst und diesem Druck immer wieder auf’s Neue standhaltet.

Schön, dass auch diese Geschichte ein happy End gefunden hat. 👏🏻

— Daniel | Utility Crypto (@kryptoinsel) June 20, 2023

Puh, andere machen was mit Holz oder klicken mit der Maus. Respekt. Ich. Könnte. Es. Nicht.

— Labelizer |🍹 |🪩|🌌|🧑🏻‍🎨| 🏳️‍🌈 |🖖 (@Labelizer_v4) June 20, 2023

Mein Dad war ein paar Tage nach Herz OP 20 Minuten tot. Wurde von Menschen wie dir/euch zurückgeholt. Schadlos. Kaum ein Beruf beeindruckt mich mehr und keinem kann man eigentlich mehr danken.

— Der Tom (@Thomozius) June 20, 2023

Einen solchen Druck tagtäglich aushalten – unfassbar. Schau auf dich, Leute wie du sind so wertvoll. Danke fürs Erzählen.

— Su 🐾 🐱🐾🐱🐾 (@Su_Damani) June 20, 2023

Same.
Aber, es hat auch etwas beruhigendes. Zu wissen, dass es Menschen da draußen gibt, die so um dein Leben kämpfen und mit ihrem Wissen helfen/retten können 🙌🏻

— EinhornHuhnSchmatterfly📯🏴‍☠️🦜 (@EinhornHuhnSchm) June 21, 2023

Es ist wirklich interessant, so was mal aus der Perspektive des Personals zu lesen. Ich bin froh, dass das gut gegangen ist 🙏🏻

— Naturmacht, Pokémon-Trainer #NazisRaus (@Naturmacht) June 20, 2023

Da krieg‘ ich ja Puls beim Lesen …

Danke für’s Teilen,
für gute Arbeit.

— suprion-verlag (@suprion_verlag) June 20, 2023

Ärzt*innen die so kommunizieren wie du sind ihr Gewicht in Gold wert

— Blossom (@RecoverdFlower) June 20, 2023

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Schaut doch hier noch rein:

Thread: So geht Hochleistungsmedizin