Thread: Damit es endlich alle verstehen
Die vierte Corona-Welle trifft uns mit voller Wucht. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt mit heutigem Stand bei 303,0. Bereits am Freitag hatte Lothar Wieler, Präsident des Robert-Koch-Instituts, in Berlin den entscheidenden Satz „Es ist fünf nach zwölf“ gesagt. Es kann davon ausgegangen werden, dass sich die Situation in ganz Deutschland noch weiter verschärfen wird. Die Kliniken sind bereits jetzt schon hart am Limit. Ungeimpfte und ältere Menschen mit Vorerkrankungen ohne dritte Impfung belegen den Löwenanteil der Intensivbetten, während die Ampelkoalition immer noch um eine Entscheidung ringt. Und so langsam beschleicht einen das Gefühl, dass Impfverweigerer und Politik gleichermaßen nicht verstanden haben, was es bedeutet, sich in einer Pandemie zu befinden. Was muss noch alles geschehen, damit diese Menschen aufwachen? Wie viele Opfer müssen noch gezählt werden, ehe der Groschen fällt? Muss wirklich erst der Karren an die Wand gefahren werden? Der Twitteruser @narkosedoc bringt es mit dem nun folgenden Thread auf den Punkt.
Ich habe mich über mich selbst erschrocken, wie ich aus Frust gedacht habe – vielleicht muss es diesmal so richtig knallen. Übervolle Krankenhäuser, RTWs stauen sich in der Einfahrt, Bergisch Gladbach statt Bergamo.
Und Tote, richtig viele Tote.
Damit es endlich alle verstehen.— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Dass ich sowas denke ist beunruhigend.
Ich bin doch Arzt geworden, um Menschen zu helfen, Leben zu erhalten.
Aber was, wenn wieder alle Krankenhäuser bis ans Maximum und über ihre Belastbarkeit strapaziert werden, nur damit da draußen alles weitergeht.— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Nur damit die Quarknudeln sagen können – seht ihr, alles nicht so schlimm.
Vielleicht muss es einmal so richtig schlimm werden, bevor wir aus der Pandemie endlich raus kommen. Damit auch der allerletzte verstanden hat – es kommt auf MEINE Impfung an.— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Niemand hat mehr Bock auf diesen Scheiß. Aber kein 2G, keine Impfpflicht, keine Einschränkungen und stattdessen Karneval sind einfach kein Konzept.
Wir können nicht mehr.
Die Schäden sind jetzt schon katastrophal.— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Ich glaube von dem Verlust an Personal werden wir uns auf Jahre – wahrscheinlich nie mehr – erholen.
Die Politik hat gezeigt, dass sie auf Eigenverantwortung statt staatlicher Regulierung setzt. Das kann man gut oder schlecht finden, ich halte die Taktik für gescheitert.— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Es gibt zu viele Menschen in diesem Land, die eine Impfung aus welchen Gründen auch immer ablehnen oder sich nicht darum kümmern.
Die werden wir vielleicht erst erreichen, wenn im Radio und Fernsehen die Warnungen laufen. Wenn die 112 zusammen bricht.https://t.co/qmpBXexfq9— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Wenn wir Bilder einer echten Pandemie bekommen. Wenn die Menschen in ihrem Alltag, in ihrer unmittelbaren Umgebung erleben, was es heißt, wenn das Gesundheitssystem zusammenbricht. Wenn der 24/7-Alles-für-alle-Service wegfällt, wenn die Notaufnahme sie abweist.
— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Vielleicht muss es erst noch einmal so richtig schlimm werden, damit es danach wieder richtig gut werden kann.
— Intensivdoc (@narkosedoc) November 10, 2021
Das sagen andere User:
So schlimm dieser Gedanke auch ist, angesichts der aktuellen Lage scheint er mehr als verständlich. Der Grund für die schwindende Empathie und das abnehmende Verständnis ist hier schlicht und ergreifend Verzweiflung im Angesicht einer Katastrophe, die schon vor Monaten vorausgesagt wurde und abwendbar gewesen wäre. Das sah auch die Mehrzahl der Userinnen und User so. Ein paar der treffendsten Kommentare haben wir hier für euch gesammelt.
ich bin zwar noch nicht Ärztin, aber irgendwie hatte ich heute im Labor nach dem xten positiven Test leider den gleichen perversen Gedanken 😵💫
— 🤷♀️🤷♀️ (@ya_korkusuz) November 10, 2021
Das ist verständliche Verzweiflung. Allein, die Toten werden nichts daran ändern, wie die Politik agiert und sie werden keinen einzigen der Leugner und Lügner überzeugen, es sei denn er/sie landet selbst auf der Bahre. Die Demos haben gezeigt, wie völlig durch die sind.
— Alex_der_Wunderhund 🖤⚫🔥 (@AWunderhund) November 11, 2021
Dieser Gedanke ist menschlich!
Wenn man sieht, was wir gerade Intensivmedizinern und -personal schon wieder abverlangen, dann ist es absolut nachvollziehbar.Ihr könnt irgendwann nicht mehr.
Ja, es müsste mal richtig krachen.
Entweder begreifen es die Leute dann oder sie sterben— Jane aka AddieCCQ (@Addicted_to_C64) November 10, 2021
Das ist auch wie der Klimafrage;es gibt zu viele Intelligenz- und Faktenresistente Menschen.Wenn man auf Menschenverstand setzt,hat man verloren.Ich bin schon seit meiner Zeit als Intensivpfleger Misanthrop,wird jetzt nur noch viel,viel schlimmer.
— studierenderpfleger (@dickkopf3) November 10, 2021
Ich war im Ebola kriegsgebiet. Hatten hunderte tote jeden tag vor unserem und im krankenhaus. Ich will das nicht ich kann das nicht nochmal ….😔
— FrecheGois MD (@FrecheGoisMD) November 10, 2021
Ging mir genauso als ich heute mit einem Patienten in der überfüllten Notaufnahme fast 1h warten musste. Es ist halt diese „die kriegen das bestimmt hin, müssen die ja“ Haltung die mich ankotzt. Als wären wir alle nur irgendwelche 08/15 Dienstleistungsfirmen..
— RettenderZyniker (@RettungsZyniker) November 10, 2021
Ich reihe mich in deine Gedanken ein und habe mich auch schon dafür geschämt.
Erste und Zweite Weile an der „Front“ mitgemacht, aktuell zuhause wegen Depressionen und Erschöpfung.
Fühle mich „schuldig“ nicht da zu sein und mich zu „opfern“ für die Gesellschaft.— angedacht (@SiffderWoche) November 10, 2021
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Wo wir gerade beim Thema sind, lassen wir euch noch diesen Thread da: