Nach Demo-Verbot: Gegner der Corona-Politik rufen zum „Sturm auf Berlin“ auf
Für den morgigen Samstag hatte die Initiative „Querdenken 711“ aus Stuttgart 22.500 Teilnehmer auf der Straße des 17. Juni nahe dem Brandenburger Tor angemeldet. Am Mittwoch verbot die Berliner Versammlungsbehörde bzw. die Polizei mehrere Demonstrationen und Kundgebungen von verschiedenen Querdenken-Initiativen. Als Begründung nannte SPD-Innensenator Andreas Geisel, dass sich die Demonstranten schon bei der letzten Demo am 1. August „bewusst über bestehende Hygieneregeln und entsprechende Auflagen“ hinweggesetzt hätten. Der Aufschrei und die folgende Diskussion über diese Entscheidung war freilich groß, schließlich geht es hier um die Beschneidung eines wichtigen Grundrechtes. Ungeachtet des Verbots mehrten sich daraufhin im Internet Aufrufe, trotzdem in die Hauptstadt zu fahren und zu protestieren. Dabei war auch wiederholt von Gewalt, bewaffnetem Widerstand und politischem Umsturz die Rede. Es soll ein „Sturm auf Berlin“ stattfinden.
Während der überwiegende Teil der Bevölkerung das Verbot begrüßt, gibt es auch sehr viele kritische Stimmen, die es als problematisch und sogar demokratiefeindlich erachten. Grund dafür ist das persönliche Statement des Innensenators auf der Pressekonferenz, auf der das Verbot verkündet wurde. Berlin solle nämlich nicht als Bühne für Rechtsextreme und Corona-Leugner missbraucht werden. Dies mag als persönliche Meinung nachvollziehbar und moralisch richtig sein, dass jedoch ein Innensenator dies als Begründung in einer PK anführt, offenbart ein eher mangelhaftes Demokratieverständnis und erweckt den Eindruck, man lasse nur Demos zu, die einem gefallen. In der Begründung des Demoverbotes liest man natürlich nichts davon, weil dies jeder Richter sofort kassiert hätte. Hier wird nur mit dem Infektionsschutz argumentiert, was sowohl schlüssig als auch richtig ist. Es geht dabei nämlich um die Gesundheit aller Bürger.
Trotzdem hat die Initiative „Querdenken 711“ nun Einspruch beim Berliner Verwaltungsgericht eingelegt und könnte im Zweifelsfall auch beim Oberverwaltungsgericht und sogar dem Bundesverfassungsgericht noch Eilanträge stellen. Juristisch ist der Fall gerade wegen der persönlichen Begründung Geisels eben nicht ganz eindeutig. Das Gericht wird hier entscheiden müssen, ob das Statement die Wertung des Verbotes beeinflußt. So oder so erwartet Berlin ein hitziges Demowochenende. Die Gegendemos wurden erstens nicht verboten und zweitens hat „Querdenken 711“ seine Anhänger dazu aufgerufen, trotzdem nach Berlin zu fahren, weil man davon ausgeht dass man vor Gericht gewinnen wird. Man selbst spricht natürlich nur von friedlichem Protest, die Gewaltaufrufe kommen von einzelnen Gruppierungen und Privatpersonen. Unter ihnen sind Neonazis, Impfgegner, Reichsbürger, QAnon-Anhänger und andere Verschwörungstheoretiker wie Attila Hildmann.
Einen Plan B gibt es auch, falls alle oben genannten juristischen Instanzen zu ihren Ungunsten entscheiden sollten. Von Mittwoch bis Donnerstagabend gingen nämlich bei der Polizei rund 4000 kleine Demo-Anmeldungen ein. Den massenhaften Anmeldungen war ein Aufruf der Organisatoren vorausgegangen. Pauschal lassen sich diese Mini-Demos nicht verbieten, die Polizei muss sie alle einzeln prüfen. Eine solche Antragsflut nennt man übrigens Papierterrorismus. Dies ist eine gängige Methode von Staatsverweigerern bzw. Reichsbürgern, meist um Zeit zu schinden.
Ob mit Verbot oder ohne, am Samstag wird es Demos geben. Dessen ist sich auch der Berliner Senat bewusst und hat tausende Polizisten aus anderen Bundesländern zur Unterstützung angefordert. Man kann nur hoffen, dass alles friedlich abläuft und die Polizei diesmal nicht so kopflos agiert wie bei der letzten Demo am 1. August.
Wir haben uns wie immer auf Twitter umgesehen und die treffendsten Tweets für euch zusammengetragen.
#1:
Berlin verbietet die geplanten Corona-Demos am Wochenende.
Jetzt müssen 900 Milliarden Menschen zu Hause bleiben.#b2908— ZDF heute-show (@heuteshow) August 26, 2020
#2:
Achtung an alle Bürger, die am Samstag trotzdem nach Berlin kommen wollen:
Die Regierung hat überall Kameras aufgestellt, um unsere Gesichter zu speichern. Um das zu verhindern wird empfohlen, Mund und Nase mit einem Stück Stoff zu verdecken.
Teilen und weitersagen! #b2908
— Der Gazetteur (@dergazetteur) August 27, 2020
#3:
Jetzt erst recht!
— TITANIC (@titanic) August 26, 2020
#4:
Uns erreichen gerade erste Fotos von der Mobilisierung zum #SturmAufBerlin
— Torben J. Kassler (@torben_kassler) August 27, 2020
#5:
Ich, 29, Gymnasiallehrer, lade alle Befürworter von #SturmaufBerlin zu ausgewählten Unterrichtsstunden ein, um ihnen die wahren Probleme der Erde sowie die Welt an sich zu erklären. Die Kleinen haben auch Angst-Ausmalbilder und Wut-Mandalas vorbereitet.
😊❤️
— Durden (@DurdenGaming) August 27, 2020
#6:
Wenn in #Hanau das Gedenken an Opfer rassistischer Morde mit Hygienekonzept verboten wird vs Wenn in Berlin am #b2908 Corona-Leugner & Neonazis gegen ein Stück Stoff demonstrieren und den Reichstag stürmen wollen
— Juri Sternburg (@starcaztle) August 26, 2020
Die BILD lügt hier nicht nur ganz eindeutig was die Demo in Hanau betrifft („abgesagt“) sondern ist sich auch nicht zu schade in Bezug auf die BLM Demo in Berlin offen zu lügen.
— Juri Sternburg (@starcaztle) August 26, 2020
#7:
#SturmaufBerlin
Vorstellung: Legionen stolzer Arier die heldenhaft Coronavirus, Regierung usw mit dem Grundgesetz verprügelnRealität: Dutzend trauriger Freaks mit Reichsflagge die „Die Gedongen sin fräi“ singen und „SIE HAM MIR INS GSICHT GFILMT DAS 1 SCHDROFDOD“ krakeelen
— SCHWARTZ (@schwartz_ht) August 27, 2020
#8:
„Du sollst nicht töten.“
„Ohooo, das schränkt jetzt aber meine Freiheit ein!“
„Ok, kannst du schon machen, aber dann wirst du verhaftet.“
„Ohooo, das Ende der Demokratie!“
„Nein, Gesetze.“
„DIKTATUR!“Dear Coronaleugner, so klingt ihr gerade. Schlagt bitte Demokratie nach.
— LaPierrot (@IchBinJazz) August 26, 2020
#9:
Als Reaktion auf die Absage der Pandemie-Leugner-Demo fordern diese einen „#SturmaufBerlin„. Der Hitlerputsch hieß „Marsch auf Berlin.“
Das Motto der 1. Demo war “Tag der Freiheit” – wie der NS-Propagandafilm von Leni Riefenstahl.
Ja, nur Zufall, dass so viele Nazis mitlaufen..
— Volksverpetzer (@Volksverpetzer) August 27, 2020
#10:
„Volkssturm“ haben sie sich wohl nicht getraut.#SturmaufBerlin
— Micky Beisenherz (@MickyBeisenherz) August 27, 2020
#11:
Uns erreichen nun erste Bilder vom #SturmaufBerlin
— 🔥 (@derjansinn) August 27, 2020
#12:
Was wir unter #SturmAufBerlin erleben ist keine vorübergehende Kuriosität, die wir mal weglachen & nächstes Jahr ist dann wieder „normal“. Die Verschwörer-Bubble radikalisiert sich seit Jahren & fordert bereits Tote. Ich kann nicht mehr drüber lachen. Verschwörungstheorien töten.
— Rayk Anders (@RaykAnders) August 27, 2020
#13:
Gegner der Corona-Politik rufen zu Gewalt und zum "Sturm auf Berlin" auf.
Man könnte fast sagen "Die Masken sind gefallen". Aber die hatten ja nie eine auf.
— Nicht Chevy Chase (@DrWaumiau) August 27, 2020
#14:
Mein Kind hat dunklere Haut. Wir fahren am Samstag zu einer Hochzeit und ich planen einen großen Umweg. Weil ich mir Sorgen mache, mit ihm am Hbf umzusteigen, wenn Rechtsextreme zum #SturmaufBerlin aufrufen.
Das kann und darf nicht so sein! Niemals.#b2908— Laura Sophie Dornheim (@schwarzblond) August 27, 2020
#15:
STURM AUF BERLIN!!!#SturmAufBerlin
…
…
*grille zirpt *— RadioNowhere (@Schmidtfire) August 26, 2020
#16:
Rechte rufen nach dem Berliner Demonstrationsverbot zu Gewalt und politischem Umsturz am Wochenende auf.
Wie vermutet: Die Corona-Politik war von Anfang an nur ein Vorwand. #SturmaufBerlin #Corona— ZDF heute-show (@heuteshow) August 27, 2020