Wir möchten heute mal wieder über etwas sprechen, das uns am Herzen liegt: Solidarität. In diesem Zuge müssen wir (leider) auch über Vorurteile gegenüber armutsbetroffenen Menschen reden. Denn die sind leider keine Seltenheit. Dabei kann Armut jeden von uns treffen. Ein Unfall, eine schwere Krankheit, der Arbeitgeber geht plötzlich Pleite oder ein Schicksalsschlag in der Familie.
Solidarität beinhaltet neben Mitgefühl auch, seine Privilegien zu reflektieren und zu hinterfragen. Vielleicht haben wir eine sichere Arbeit, eine gute Bildung oder eine stabile soziale Umgebung – aber das ist nun mal nicht für alle selbstverständlich. Wir sollten uns bewusst machen, dass nicht jeder die gleichen Chancen im Leben hat. Dass es immer wichtig ist, sich in die Situation anderer hineinzuversetzen und zu verstehen, dass es oft Umstände sind, die zu Armut führen und nicht mangelnder Wille oder Faulheit. Statt den Betroffenen Vorschriften zu machen oder sie mit Verachtung zu strafen, sollten wir uns überlegen, wie wir ihnen helfen können. Den nachfolgenden Thread von @Finkulasa wollen wir als abschreckendes Beispiel hier lassen, um zu verdeutlichen, wie man sich gegenüber Armutsbetroffenen nicht verhalten sollte. Aber lest selbst.
Armutsbetroffene „dürfen“, laut „Meinung“ einiger,
• kein Handy besitzen
• keine Markenkleidung, egal ob geschenkt, gebraucht, oder im Angebot erstanden.
• weder halbwegs aktuellen TV, noch Konsole besitzen, Röhre tut es ja auch.
• keine gute Matratze, schließlich könnte /— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
eins von dem Geld eben einkaufen.
• Waschmaschinen werden überbewertet, können ja in der Wanne waschen.
• Friseur oder gar mal Nägel machen, geht gar nicht, schließlich steht Betroffenen kein Luxus zu.
• Unternehmungen müssen gratis sein, man kann auch mit Teens noch auf /— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
den Spielplatz und in den Wald, das reicht.
• ordentliches Mobiliar? Für was denn. Aufm Boden sitzen/schlafen/essen reicht doch.
• Suchtkrank darf eins auch nicht sein, das ist schließlich kein Grund unnötig Geld auszugeben.
• Kochen braucht eins ja nicht, Fertigkram ist /— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
grad gut genug. Obwohl, Betroffene können ja gar nicht kochen. Oh wait, und Fertigkram geht natürlich doch gar nicht.
• Kinder müssen lernen genügsam zu sein, Ansprüche oder Wünsche, haben sie nicht zu haben. Es sei denn natürlich, die Eltern stehen in Lohn und Brot. Aber auch /— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
nur, wenn sie genug verdienen, um nicht armutsbetroffen zu sein.
• Wasser und Brot reicht vollkommen als Ernährung.
• Sanktionen sind noch viel zu lasch, sollen sie doch verhungern, dann haben wir weniger Ausgaben.
• Arbeiten soll gefälligst jeder, egal ob erkrankt oder nicht— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
Und wenns schon in Arbeit sind, sinds zu „bildungsfern“ sich nen ordentlich bezahlten Job zu suchen.
• Fakten, oder gar Belege zählen natprlich nicht, denn das Gegenüber hat IMMER Recht, wenn es in der sozialen Hierarchie über Betroffenen steht.
• Duschen wird überbewertet
/— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
• Geld für Bücher ausgeben? Wo kommen wir denn da hin, wenn der Pöbel auch noch ein Hobby hat, oder gar Geld für Bildung ausgibt.
Ein Sammelsorium an Sprüchen, die ich mir anhören durfte, oder ihnen auf TikTok oder hier begegnet bin.
Lässt sich durchaus erweitern, der /
— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
Phantasie scheint keine Grenzen gesetzt.
Herablassend, bigott und immer aus der vermeintlich gebildeteren Position heraus. Das schwingt immer mit. „Ich bin besser und schlauer, weil ich arbeite und du nicht“.
Dabei sind die Umstände des Armutsbetroffenen vollkommen irrelevant,/— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
denn was eins nicht weiß, ist einfach nicht existent. Strukturelle Probleme sind nicht mit „Meinung“ die aus dem Mittelalter stammen könnte, zu beseitigen.
Es wird wirklich Zeit, dass Menschen beginnen miteinander zu agieren und aufhören sich so oft über Betroffene zu erheben.
/— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
Dafür kämpft #IchBinArmutsbetroffen .
— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
Nachtrag: Mir ist bewusst, dass der Großteil NICHT so denkt. Die lauten sind allerdings leider häufig diejenigen, die am ehesten gehört werden. Schließlich werden einige der Narrative von oberster Stelle propagiert!
— Anni (@Finkulasa) April 12, 2023
Ich bin armutsbetroffen. Ich möchte nicht als sozial schwach bezeichnet werden, das bin ich nicht. Und ich würde mir wünschen, dies einfach zu akzeptieren, denn nur weil es vllt auf mamch Mensch zutreffen mag, so eben nicht auf den Großteil🤷♀️
— Anni (@Finkulasa) April 13, 2023
Wie ich schon schrieb. Finanziell benachteiligt.
In „sozial schwach“ schwingt eben mehr mit, als nur die finanzielle Schwäche.
Armutsbetroffene sind nicht sozial schwach. Sie haben nur weniger finanzielle Kapazitäten 😊— Anni (@Finkulasa) April 13, 2023
Das sagen andere User:
Die genannten Beispiele sind einfach respektlos und machen traurig. Statt Verständnis und Empathie zu zeigen, bekommen arme Menschen oft Vorurteile und Vorschriften zu hören. „Die sollen halt arbeiten gehen!“ oder „Die müssen halt sparen und besser mit ihrem Geld umgehen!“ hört man oft. Aber wer in einer solchen Situation steckt, weiß, dass es nicht so einfach ist. Denn oft reicht das Geld einfach nicht aus, um alle Ausgaben zu decken, und es bleibt kaum Spielraum für „Luxus“ wie Freizeitaktivitäten oder gesunde Ernährung. Nachfolgend haben wir noch ein paar Reaktionen der Leserinnen und Leser für euch gesammelt.
Danke für nichts
„Wasser und Brot müssen reichen“ erinnert mich an die Worte der Dame aus dem Mobcenter,als ich übergangsweise zum neuen Job Hartz beantragen musste u nach Umzug aber kein Geld hatte und nach Essensgutscheinen fragte. „Ihnen tut es durchaus gut, mal eine Weile nicht zu essen.“ 🙄
— FrauNuesschen (@theschnoerz) April 13, 2023
Kinder sind der reinste Luxus *slowclap*
Du hast vergessen das sie am besten keine Kinder in die Welt setzen selbst wenn irgendwann evtl. ein Ende der Armut in Sicht ist. Am besten sind sie alleine und ohne Kinder….
(Musste mir ja Vorwürfe machen lassen in dms was mir einfällt ein Kind zu bekommen) 😵💫
— Lia (@LiaSchattenfell) April 12, 2023
This!
2/2 und/oder Krankheit. Das soziale Umfeld zog sich nach und nach zurück. Und die Spirale ging abwärts. Am Ende saßen alle in Hartz4 oder Grundsicherung fest. Es kann JEDEN treffen!! Unabhängig von Bildung oder Status.
— FamilyM (@FamilyMSL) April 13, 2023
Woran das wohl liegt?
Spannend ist auch immer: „Das kann so garnicht sein“, wenn man von seiner Situation erzählt, wenn man erklärt, wie, was und warum einen die Armut erwischt hat.
— Stefan Hübner (@HuebnerMobil) April 12, 2023
Armut ist ein Teufelskreis
Oh und Armutsbetroffene sollen sich gefälligst auch nicht aus der Armut befreien. Du machst nach der Schule eine Ausbildung aber deine Mum bezieht Hartz IV? Tja, dann wird dein Gehalt angerechnet, weil Bedarfsgemeinschaft 🤡
— Mara (@MissPurrito) April 13, 2023
Von einer Sekunde auf die andere
Ich frag mich ja, was diese Leute glauben, denn vor der Armut war.
Man kann den tollsten Job und die geilsten Tools haben haben und plötzlich kann dennoch alles zusammenbrechen.— rachel (@rettschl) April 13, 2023
Jacken braucht auch kein Mensch
Haustiere! Keine Haustiere!
Schuhe kann man mit Panzertape flicken.
Und Löcher in der Hose sind jetzt wieder modern.— Unsichtbar (@Mei_Schu_Kaffee) April 12, 2023
In hundertfacher Ausfertigung, bitte
Bewerbungen müssen handschriftlich verfasst und zu Fuß zum Arbeitgeber (geh arbeiten) gebracht werden.
Jobangebote bitte an der Litfaßsäule ablesen— 50shadesofGelb (@RosaLin99535919) April 12, 2023
Immerhin ist Schlaf umsonst
Essen, trinken und Atmen ist auch überbewertet.
— Demonaz (@_Demonaz_) April 13, 2023
Was lernen wir daraus? Wir sollten alle etwas demütiger sein und uns bewusst machen, dass es keine absolute Sicherheit vor Armut gibt! Vorurteile und Vorschriften helfen niemandem weiter, sondern führen nur zu Ausgrenzung und Stigmatisierung. Wir sollten uns stattdessen gegenseitig unterstützen und uns gemeinsam für eine gerechtere Gesellschaft einsetzen.
Vielen Dank, dass ihr bis zum Ende geblieben seid! Zu diesem Thema hätten wir noch das hier: