Thread: So gut sind vegane Ersatzprodukte
Wir leben in aufregenden Zeiten. Wer sich vegan ernähren möchte, muss heute nicht mehr auf den Genuss von Deftigem verzichten. Dank der zahlreichen Fleischersatzprodukte, die es mittlerweile auf dem Markt gibt, können auch Veganer ihre Lieblingsgerichte mit Fleisch- und Wurstgeschmack genießen. Diese Produkte bestehen aus pflanzlichen Zutaten wie zum Beispiel Soja, Erbsen, Champignons oder Kichererbsen und sind frei von tierischen Bestandteilen. Sie lassen sich ebenso einfach und schnell zubereiten wie ihre tierischen Pendants und eignen sich selbst für klassische Rezepte. Ob Bratwürste für den Grillabend, veganes Hackfleisch für die Bolognese-Sauce oder Sojaschnitzel für die nächste Geburtstagsparty – mit veganen Fleischersatzprodukten kommt keine Langeweile auf und vor allem: auf den Teller.
Neben sehr gutem Geschmack und der Einfachheit in der Zubereitung bieten diese pflanzlichen Erzeugnisse noch einen weiteren Vorteil: Sie sind oftmals gesünder und tragen zudem dazu bei, die Belastung der Umwelt durch die Fleischindustrie zu reduzieren. Selbst bei der Preisgestaltung tut sich so langsam etwas, auch wenn einige Produkte immer noch teurer sind. Es lohnt sich, verschiedene Produkte und Marken zu vergleichen, um das beste Preis-Leistungs-Verhältnis zu finden. Immer mehr Supermärkte und Discounter bieten eine ausreichend große Auswahl an veganen Ersatzprodukten zu attraktiven Preisen an.
Also warum nicht mal den „fleischigen“ Teil der Mahlzeit durch vegane Alternativen ersetzen und dabei nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern auch der Umwelt etwas Gutes tun? Der österreichische Journalist, Autor und Podcaster Andreas Sator hat den Test gemacht und sich zwei Monate lang durch alle veganen Alternativen gefuttert und recherchiert. Seine Erkenntnisse hat er in dem nun folgenden Thread festgehalten.
Ich habe in den vergangenen 2 Monaten ziemlich viele Ersatzprodukte getestet, mit Landwirten geredet, einer Ernährungswissenschafterin, Betreibern veganer Würstelbuden, Sozialwissenschaftern etc.
Und: Ich habe meine Meinung geändert. Hier einige Lehren aus meiner Recherche. 🧵
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
1. Wir essen die Hälfte des Fleisches verarbeitet. Also Wurst, Chicken Nuggets, Leberkäse etc.; würden wir es zu einem Teil mit Ersatzprodukten ersetzen, hätte das ökologisch große Vorteile (Tierfutter anzubauen braucht massiv Fläche, Tierhaltung verursacht Umweltschäden).
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
2. Gesundheitlich sind die Ersatzprodukte zu einem Großteil nicht schlechter als andere hochverarbeitete tierische Produkte wie eben Schinken, Speck, Nuggets etc; sie sind aber nicht gesund, nur weil sie aus Protein von Erbsen hergestellt werden. Manche sind gesünder.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
3. Es gibt noch sehr viel Müll am Markt. Einige Dinge, die ich probiert habe, waren für mich nicht essbar, wie zB ein veganes Steak oder manche Würste. Man muss also ein bisschen Geduld haben und herumprobieren. Dann bin ich mir sicher: Jede:r findet etwas, das ersetzbar ist.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Ich esse zum Beispiel gerne Extrawurst. Die ist 1:1 ersetzbar mit einem Ersatzprodukt, das nachhaltiger ist und gesundheitlich gleich einzustufen ist, wie mir die Ernährungswissenschafterin Petra Rust gesagt hat. Gleich gesund wie Extrawurst ist aber keine Kunst…
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Auch das Burger-Pattie von Beyond Meat aus Erbsen hat mir sehr gut geschmeckt, es ist gesundheitlich gleich einzustufen und ökologisch vorteilhaft. Für mich gibt es dann keinen Grund mehr, ein tierisches Produkt zu essen.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Auch der Leberkäse von der Pflanzerei hat mich überzeugt. Er kommt nicht ganz an das Original heran, aber er schmeckt gut, ist nachhaltiger und auch viel gesünder – der tierische Leberkäse hat neun Mal mehr gesättigte Fettsäuren als das Ersatzprodukt aus Wien.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
4. Aber die Ersatzprodukte haben so eine lange Zutatenliste – ist das nicht genau, was wir nicht essen sollten? Ja und nein. Es ist immer besser, sich Erbsen in einem Curry zuzubereiten, als Erbsenprotein mit 10 Zusatzstoffen in einem Burger-Pattie zu essen.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Aber: Wir essen im Durchschnitt jedes zweite Mal, wenn wir Fleisch essen, ebenfalls ein verarbeitetes Produkt mit Zusatzstoffen. Das Argument entfällt hier also. Außer sind viele Zutaten nicht automatisch schlecht, es kommt darauf an, was drin ist. Hier der Leberkäse:
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
5. Wie ändert sich mein Essverhalten durch meinen Test? Ich esse ohnehin wenig Fleisch, aber ich kann durch Ersatzprodukte noch weiter runtergehen. Der Beyond-Burger ist super, Extrawurst geht vegan gleich gut, die Chicken Nuggets, der Leberkäse ebenso.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
6. Weil das Argument – was bringt der Schaß – immer wieder kommt, ein theoretisches Beispiel.
Um den Fleischkonsum in der EU mit Ersatzprodukten aus Erbsenprotein 1:1 zu ersetzen, bräuchte man in etwa 90 Prozent weniger Fläche. Man könnte Land weniger intensiv bewirtschaften…
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
… etwa in dem man Wiesen weniger öft mäht, neben Feldern ein, zwei Meter Blühstreifen anbaut, Hecken, Sträucher etc und den Betrieben das mit Förderungen bezahlt. Man könnte manche Flächen auch gleich ganz dem Naturschutz widmen.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
7. Die Ersatzprodukte sind noch zu teuer. Für viele sind sie leistbar, aber wenn es finanziell schwierig ist, dann gibt man nicht doppelt so viel für das Burger Pattie und vier Mal so viel für den Leberkäse aus. Wenn der Markt aus der Nische kommt, sollte sich das aber ändern.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
8. Eine weitere Hürde ist die Angst vor „Chemie“ in 🇦🇹🇩🇪. Wir wollen nichts „Unnatürliches“ essen.
Für die eine Hälfte des Fleisches, das wir essen, ist das Argument sowieso nicht sehr gut. Denn Speck, Schinken und Leberkäse sind hochverarbeitet.
Aber auch ansonsten gilt:
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
An Fleisch, Milch und Käse ist heutzutage nichts mehr natürlich. Für Milch und Käse schwängert man Kühe jedes Jahr aufs Neue, nimmt ihnen die schreienden Kälber weg, damit wir die Milch, die eigentlich für die Kleinen wäre, trinken oder zu Käse machen können,
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
füttert den Kühen neben Gras Mais und Getreide, was sie in der Natur nicht fressen würden. Fürs Schnitzel töten wir hochgezüchtete Schweine, die in der freien Natur gar nicht mehr überleben könnten, halten die hochsensiblen Tiere über ihrem eigenen Kot und Urin, obwohl sie in…
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
… freier Wildbahn ihr Geschäft nie dort verrichten, wo sie sich sonst aufhalten. Die sozialen Tiere, die wie Hunde auf ihre Namen reagieren, werden auf engstem Raum zusammengepfechert, sie verbringen ihr Leben in Freiheit die meiste Zeit beschäftigt mit Wühlen, in den…
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
… Ställen ist ihnen langweilig und die riesige Menge an Schweinen verhindert, dass sich eine stabile soziale Ordnung bilden kann, die ihnen sehr wichtig ist.
Ich bin auch kein Veganer, versteht mich nicht falsch, aber Fleisch und Käse sind einfach nicht natürlich.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
9. Heuer stagniert der Markt für Ersatzprodukte in 🇦🇹. Der Fleischabsatz sinkt aber weiter, von 65 Kilo pro Kopf im Jahr 2015 auf 59 Kilo 2021. Ersatzprodukte können das beschleunigen. Fleisch zu besteuern und Betriebe zu fördern, wenn sie auf pflanzliche …
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
… Erzeugung umsteigen, kann dabei helfen. Für Hafermilch sind außerdem 20 Prozent Umsatzsteuer fällig, für Kuhmilch nur 10 Prozent. Das sollte man umdrehen. Probierwochen in Kantinen von Schulen, Krankenhäusern, Pflegeheimen können außerdem die Berührungsängste abbauen.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
10. Zuguterletzt: Was ist dann mit den Bauern?
Ich komme aus einer Familie von Bauern und mir liegt der Berufsstand am Herzen. Die Landwirtschaft ist eine zivilsatorische Errungenschaft und dass acht Milliarden Menschen ernährt werden können: wow!
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Aber gerade weil ich Bauern sehr mag, ist es wichtig, gesellschaftliche Veränderungen nicht zu verschlafen.
Viele Betriebe sind Ersatzprodukten sehr skeptisch eingestellt. Das ist nicht verwunderlich, sie sind – so wie dieser Thread – auch Kritik an Teilen ihrer Arbeit.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Auch finanziell ist das verständlich: Damit man rein vom Anbau von Pflanzen leben kann, braucht man schon 200 Hektar Land, hat mir Christian Jochum von der Landwirtschaftskammer gesagt. In Österreich gibt es sehr, sehr viele Betriebe, die das nicht haben.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Wenn also massiv weniger Fleisch, Milch und Käse konsumiert wird, wirkt sich das auch auf das Land aus. Auswege bieten höherpreise Fleischprodukte, die besonders qualitativ und mit Bedacht auf Tierwohl produziert werden. Das kann Rückgänge ausgleichen.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Auch alternative Erlösströme können Ausgleich bieten, etwa Agro-Photovoltaik – also das Bestellen von Land und das gleichzeitige Herstellen von Erneuerbarer Energie, wie @LFesenfeld vorschlägt.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
11. Ich will mein Burger Pattie aus 🇦🇹 essen können.
Noch ist Regionalität bei Ersatzprodukten schwierig, es gibt zwar Hafermilch von Schärdinger und vegane Wurst von den Marcher Fleischwerken, aber vieles ist in guter Qualität nicht regional erhältlich. Das muss sich ändern.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Dafür ist es wichtig, dass die Betriebe es schaffen, aus ihrer Abwehrhaltung zu kommen, sonst fährt der Zug ohne sie ab. Die Politik muss dafür Sorge tragen, dass die Wende auch im Ernährungssektor geschafft wird. Dafür gibt es in 🇦🇹 leider noch gar keine Anzeichen.
The end.
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Wer meinen Test in Gänze nachlesen möchte, kann das hier tun: https://t.co/7kyfiSTVM5
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Wer sich für meine Arbeit interessiert, kann auch meinen Newsletter zu meiner Kolumne über eine bessere Welt abonnieren: https://t.co/Xqp0HY4xqF
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 5, 2022
Ich produziere auch zwei Podcasts. In Erklär mir die Welt versuche ich, die Welt jede Woche mit Expert:innen besser zu verstehen: https://t.co/oW5kL3HJdZ
Mein Podcast Sonne & Stahl ist dein Begleiter für die Lösung von Klimakrise und Artensterben. https://t.co/iIP6SD6nQ7
— Andreas Sator @[email protected] (@a_sator) December 6, 2022
Das sagen andere User:
Welche Erfahrungen habt ihr mit veganen Fleischersatzprodukten gemacht? Könnt ihr eine bestimmte Marke besonders empfehlen? Wir freuen uns auf eure Anregungen und Kommentare. Was die Leserinnen und Leser des Threads dazu zu sagen hatten, das lest ihr jetzt hier.
Wichtiger Punkt. Ich höre oft: Ich esse weniger Fleisch, aber wenn, dann muss es was Besonderes sein.
Es ist wenig gewonnen, wenn dann die sogenannten »unedlen« Teile nach Asien oder Afrika verkauft werden.
— 😷 Zack Feddich (@ZackFeddich) December 6, 2022
Sehr guter Thread. Ich habe eine Anmerkung zum Thema Preis: Produkte sind teilweise so teuer, ohne, dass sie es sein müssten. Hier schlägt der Hersteller dreist drauf.
Beispiel Analogkäse. Den gab es schon vor 20 Jahren, ihn wollte nur keiner. Und jetzt kostet er 4x so viel.
— RonWayne🆗 (@_RonWayne_) December 6, 2022
Vielen Dank! Bin sehr begeistert, da ich diese Diskussion ebenfalls des öfteren mit meiner reinen Landwirtschaftsfamilie habe. Mich verwundert oft, dass die Landwirtschaft mit ihrem Einblick in die Wetterextreme die Klimawende nicht an vorderster Front vorantreibt.
— Julia Asbrand (she/her) (@julia_asbrand) December 5, 2022
Das ist das erste Mal, dass ich einen wirklich wertvollen Beitrag gelesen habe. Danke – wichtig ist wirklich alle Aspekte miteinzubeziehen. Großartig
— claudiagla (@claudiagla2) December 5, 2022
Mein Einwand „gegen“ vegan war auch immer, wie verarbeitet dass doch ist. Aber klar: der Aspekt wie viel verarbeitetes Fleisch wir essen, straft das dann ab. Danke für den Artikel ❤️
— van.chaos (@chaoslorry) December 5, 2022
toller thread, chapeau! Zwei bescheidene Einwände: die ohne Extra ist vegetarisch, nicht vegan. Tolle vegane Variante gibt es unter Eigenmarke Vegavita. Und Milchalternativen von Joya, Produktion in Österreich mit regionalem Soja und Hafer!
— Prälat Hinter (@praelathinter) December 5, 2022
Das dreht sich so langsam.
Vegane Butter zb gibt es zwischen 1,15€ und 2,19€. Tierische Butter liegt bei über 3€.
Es gibt immer mehr gute vegane Produkte von Eigenmarken. 😃— Tinush (@Tinush20) December 5, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Passend zum Thema hätten wir noch das: