Thread: Nein heißt Nein, ohne Diskussion
Triggerwarnung: Dieser Beitrag thematisiert grenzüberschreitendes und abwertendes Verhalten sowie sexuelle Belästigungen.
Der 10. September 2016 war ein guter Tag und ein historischer Meilenstein der sexuellen Selbstbestimmung oder um präziser zu sein: dessen Schutz. Denn an diesem Tag trat ein neues Sexualstrafrecht in Kraft, in dem der Grundsatz „Nein heißt Nein“ verankert wurde. Damit wurde ein sexueller Übergriff schon dann strafbar, wenn er gegen den erkennbaren Willen einer Person ausgeführt wird. Zuvor kam es noch darauf an, ob das Opfer sich während des Übergriffes körperlich gewehrt hat oder wenn es glaubhaft machen konnte, warum dies nicht gelungen ist.
Das neue Gesetz verbesserte nicht nur das Sexualstrafrecht, sondern sorgte auch für eine breite öffentliche Debatte über grenzüberschreitendes Verhalten. Wie groß das Ausmaß und wie normalisiert sexuelle Belästigungen und sexuelle Übergriffe in unserer Gesellschaft sind, wurde ein Jahr später durch den Hashtag #MeToo deutlich.
Um körperliche Übergriffe soll es in diesem Beitrag nicht gehen, wohl aber um männliches Machtgehabe und Anspruchsdenken. Denn in dem nun folgenden Thread zählt die Twitteruserin Madita Oeming auf, was Männer zu ihr gesagt haben, als sie sexuelle Handlungen mit ihnen ablehnte. Aber lest am besten selbst.
Dinge, die Männer zu mir gesagt haben, wenn ich »nein« zu Sex gesagt habe… ein retrospektive-Wut-Thread.
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Deine Augen sagen aber was anderes!«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»DU hast doch MICH geküsst!?«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Warum trägst du dann schwarze Unterwäsche?«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Uuh, wie sie auf hard to get macht«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Es muss doch niemand davon erfahren«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Ich liebe es, wenn ich eine Frau erobern muss«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Du hältst dich wohl für was besseres. So heiß bist du auch nicht.«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Aber du bist doch schon feucht?!«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Lass ihn mich nur mal kurz reinstecken«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Warum bist du dann mit zu mir gekommen?«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Du kannst mich doch jetzt nicht SO [zeigt auf Erektion] hier liegen lassen!«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Bist du nicht rasiert? Das nehm ich in Kauf«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Wir können das Licht ausmachen«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Dann blas mir wenigstens einen«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Anal zählt nicht!«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Geil, ich wollte schon immer mal eine, die Nein sagt«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
»Shhhhhh 🤫«#neinheißtnein
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Mal waren es Fremde, mal flüchtige Begegnungen, mal Freunde, mal Partner. Mal Arschlöcher, mal eigentlich nette Kerle. Mal auf der Straße, mal im Bett. Meistens allein zu zweit. Mal lauter, mal leiser. Immer mit langem Nachhall.
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Manchmal hab ich es ignoriert, es weg gelächelt. Manchmal mich erklärt, sogar entschuldigt. Manchmal hat es mein Nein gebrochen. Manchmal hatte ich dann doch Spaß. Manchmal Schmerzen. Manchmal bin ich gegangen. Immer hab ich mich geschämt. Nie bin ich wütend geworden. Warum?
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Weil auch ich die Geschlechterrollen & Narrative hinter diesen Sätzen internalisiert hatte. Weil Grenzüberschreitungen von Männern mein ganzes Leben lang normalisiert wurden. Weil mir beigebracht wurde, “keine falschen Signale zu senden”. Weil ich dachte, ich schulde ihnen Sex.
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Ich bin sicher, die meisten von ihnen haben mich längst vergessen, haben nie auch nur gemerkt, was sie da eigentlich gesagt haben.. aber MIR sitzt jeder einzelne von ihnen bei jeder einzelnen potentiell sexuellen Begegnung bis heute im Nacken!
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Darum muss ich jetzt einmal sagen, was ich zu jedem dieser Männer hätte sagen sollen: FUCK YOU!
Ihr habt mir beigebracht, dass mein »Nein« nichts wert ist.
Wisst ihr, was für eine scheiss Arbeit es ist, das zu ENTlernen?
Und zu lernen, ohne Angst »Ja« zu Sex zu sagen?
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
Und an alle, die diese und ähnliche Sätze auch schon zu hören bekommen haben: gebt euch selbst nicht die Schuld dafür, schämt euch nicht, wenn ihr euch nicht dagegen wehren konntet, und erlaubt euch, wütend zu sein.
Und wenn ihr sie das nächste Mal hört: LAUFT! 🚩🚩🚩
— Madita Oeming (@MsOeming) May 23, 2022
immer, wenn ich mich mit so persönlichen Posts vulnerabel mache, gibt’s viele eklige Reaktionen, die mich das umgehend bereuen lassen ABER auch so berührende, solidarische Nachrichten, die mich darin bestärken, dass wir alle viel mehr über solche Erfahrungen sprechen müssen ♥️✊
— Madita Oeming (@MsOeming) May 24, 2022
Das sagen andere User:
Wenn es nicht so schockierend und traurig wäre, könnte man über die Dummheit und Dreistigkeit einiger Äußerungen vielleicht sogar noch lachen. Doch spätestens seit Männerwelten wissen wir, wie ernst das Thema wirklich ist. Aus so mancher Äußerung kann eben auch ganz schnell ein Übergriff werden. Die Angst vieler Frauen ist also berechtigt. Ein paar der treffendsten Kommentare und Reaktionen anderer Leserinnen und Leser haben wir hier für euch zusammengetragen:
Ich auch. Oder auch, wenn ich gesagt habe, dass ich Teile dessen, was da geschah nicht wollte. 😠
— capricorno 💉x5 (@maunzekatzerle) May 23, 2022
Und damit sind Sie schon so viel weiter als viele ihrer Geschlechtsgenossen
— Kodama42 🇺🇦🥦🐱 (@Kodama423) May 24, 2022
„Ich brauch das, damit es mir besser geht“ (in depressiven Phasen)
Gefolgt von einem stundenlangen ignorieren & schweigen, beendet mit dem Schlusssatz: „jetzt weiß ich, auf wenn ich mich nicht verlassen kann, wem es egal ist, wie es mir geht! Das verstehst du also unter Liebe?“— firlefanz (@nnaFlurtheke) May 24, 2022
Oh ja. Der Spruch macht mich besonders wütend, weil sie die ehrliche Antwort ja nichtmal hören geschweige denn wahr haben wollen!
— Clauduella 🦊 (@Clauduella_ella) May 23, 2022
Ich kann noch meinen Lieblingssatz beisteuern: „Wie soll ich mich denn sonst abreagieren???“ Klingelt mir bis heute in den Ohren. Was bin ich – ein Boxsack? Eine Masturbationssocke? Steck ihn in die Steckdose, das zieht ordentlich durch!
— Miss_Verständnis (@schnapperlapapp) May 24, 2022
Ich füge hinzu: „Du bist grausam.“, „Wie frigide…“, „Du gehörst mir.“, uvm.
— Alice 💙💛 💉³ (@QueenParadoxia) May 23, 2022
Ja.
…oder alternativ auch: “…du bist so unglaublich dumm…”; “…du wirst schon sehen was du davon hast…” 😶
— Kakhi mag nicht mehr… (@JustKakhi) May 23, 2022
Auch „Du bist aber prüde“, oder „Mach dich doch Mal locker“, oder mein absoluter Favorit „So unentspannt will dich eh keiner“
Das Traurige daran ist, dass ich es auf gerade Mal zwei Sexualpartner und drei halbgare „Bisschen-knutschen-und-fummeln-Momente“ bringe— mandywe89 😷🏡 (@mandywe89) May 23, 2022
„Aber Du könntest bestimmt noch was von mir lernen“ – fast doppelt so alter Mann, der mir vorher stundenlang von den sexuellen Problemen mit seiner Ehefrau vorgenölt hat. Was ich da hätte lernen sollen, bleibt schleierhaft.
— Karen von Theapolis (@KarenSuender) May 24, 2022
oh ja, den kenn ich auch! Maximal überzeugend 😒
— Madita Oeming (@MsOeming) May 24, 2022
!!! Jetzt gerade fällt mir auf, wie schlimm diese nonverbalen Reaktionen für mich waren
— Cora Dollenberg (@coradollenberg) May 24, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Wo wir schon beim Thema sind: