Mit der Sprache ist es wie mit einem scharfen Messer. Bei richtiger Benutzung können wir damit die wundervollsten Dinge vollbringen. Hat man allerdings nie den angemessenen Umgang gelernt, können Mitmenschen dadurch nachhaltig verletzt werden. Wir lernen daraus zum einen, dass man Kindern beibringen sollte, mit Messern zu schneiden. Viel entscheidener ist aber, dass sie den richtigen Umgang mit Sprache lernen. Dabei sollten keine vagen Vermutung angestellt und keine gelernten Stereotypen weitergegeben werden. Beispielsweise ist es so, dass nicht jede*r Rollstuhlfahrer*in automatisch krank und traurig ist. Der Rollstuhl sollte auch nicht zum Symbol seines oder ihres „Leides“ stilisiert werden und niemals sollte man glauben, dass jemand daran „gefesselt“ sei. Twitteruserin @auf_mama hat sich der Kinderfrage „Warum sitzt das Kind da im Rollstuhl?“ angenommen und das Thema sehr einleuchtend erklärt.
Liebe Eltern,
wenn euch euer Kind fragt:
„Warum sitzt das Kind da im Rollstuhl?“,
dann ist „Dem geht es nicht so gut.“ keine adäquate Antwort.Hört bitte auf die Lebensqualität meines Kindes verbal herabzusetzen. 1/4
— MamaAufKlimastreik (@auf_mama) April 29, 2022
Kinder stellen Fragen und das ist super. Aber ihr tragt beim Formulieren eurer Antwort Verantwortung.
Bitte reproduziert keine ableistischen Stereotype.
Eine Behinderung bedeutet nicht automatisch Leid und Kummer. Und ein Rollstuhl ist auch kein Symbol dafür. 2/4
— MamaAufKlimastreik (@auf_mama) April 29, 2022
Er ermöglicht uns Teilhabe. Wir lieben unseren Rolli! Ehrlich, er ist toll.
Und genau das dürft ihr an eure Kinder transportieren.
Verbreitet nicht weiter die Erzählung vom traurigen, behinderten Kind. Das prägt das Weltbild eurer Kinder. 3/4
— MamaAufKlimastreik (@auf_mama) April 29, 2022
Bleibt bitte bei der Wahrheit. Wertet nicht ab. Antwortet zum Beispiel:
„Ich weiß es auch nicht, aber Rollstühle werden oft von Kindern genutzt, die nicht oder nicht so weit laufen können. So können sie trotzdem an OrtXY sein, genau wie du. Praktisch oder?“
Danke ♥️👋 4/4
— MamaAufKlimastreik (@auf_mama) April 29, 2022
Das sagen andere User*innen:
@auf_mama scheint einen Nerv getroffen zu haben und erhält viel Zustimmung zu dem Thema. Einige erzählen von ähnlichen Erlebnissen, andere teilen ihre eigenen Erfahrungen. Wir haben die spannendsten Antworten für euch zusammengetragen.
Mit Bauchgefühl die richtige Augenhöhe finden
Danke für den Hinweis. Als nicht Betroffener ist es oft nicht leicht, die richtigen Worte zu finden. Manchmal hilft das Bauchgefühl. Nach Diagnosen zu fragen fände ich mehr als übergriffig. Meine 6-jährige Enkelin hat neulich zu einem Mädchen im Rollstuhl gesagt: /1
— Maendoline (@maendoline) April 30, 2022
„Ich finde deine Biene-Maja-Räder so toll“ – beide haben sich dann angestrahlt. Das hat mich sehr berührt. Mehr muss doch garnicht sein 🤷🏻♀️ /2
— Maendoline (@maendoline) April 30, 2022
Eine kinderleichte Erklärung
Meine zwei jährige hat oft schon gefragt und erklärt es inzwischen der kleinen Schwester, so wie ich es ihr erklärt habe (was hoffentlich in Ordnung geht 😱):
Braucht ein bisschen Hilfe beim Laufen. Ist okay, alle Leut brauchen hilfe!
❤— Anna (@piranhamami) April 29, 2022
Fast immer ist Reden eben nur Silber
Ehrlich gesagt antworte ich meinem Kind, dass ich es nicht weiß, weil es ganz verschiedene Gründe gibt, warum Menschen im Rollstuhl sitzen. Eine andere Antwort kann es für mich nicht geben, da ich nicht fragen würde. Es sei denn bei Freund:innen etc im Gespräch
— Liv in Chaos (@chaosimkittel) April 29, 2022
Humor hilft oft, das Tabu zu brechen
Deshalb habe ich mir angewöhnt, wenn Kinder nach meiner fehlenden Hand fragen, zu betonen, dass ich damit sogar Sachen machen kann, die sonst keiner kann – die ganze Hand in den Mund stecken z.B.😁 Zack, Kind lacht, Situation entspannt😎
— Alina und Zera (@StarosFellnasen) April 29, 2022
Eine sehr schlüssige Erklärung
Weil es eine Geh-Hilfe benötigt, um irgendwo hinzukommen oder längere Strecken zurücklegen zu können. So wie ich eine Seh-Hilfe brauche, um das Schild da hinten lesen zu können.
— ster_schoenmaker (@SchoenmakerSter) April 29, 2022
Warum sind Menschen so?
Feel it, was ich als Prothesenträger schon hören musste ist unfassbar. Roboterbein, garantiert zu schnell Motorrad gefahren (what? ), als ich nach 1,5 Jahren Griechenland und viele gute Freunde verließ und deshalb weinte, Mama zu ihrem Sohn-der weint weil er eine Prothese hat.
— AlfonsoKaracho (@Alfonso_Bambule) April 30, 2022
Kinder sind die besten Brückenbauer
Ich habe meinen Kindern immer gesagt sie sollen hingehen und fragen
Haben die dann auch gemacht und es entstanden oft sehr gute Gespräche
Gerade die Unbefangenheit von Kindern ist eine gute Brücke— Herzschlag (@ves_x_1000) April 30, 2022
Wo wir gerade beim Thema Empathie sind, schaut euch das hier an: