Thread: Von Nebeneinkünften, Belohnungen und Geschenken

Chris Schröder 20.03.2021, 10:40 Uhr

Deutschlands Politik- und Parteienlandschaft hat ein massives Vertrauensproblem. Nun ist das nicht erst seit der sogenannten „Maskenaffäre“ der Union so, die wir – wenn wir es ganz genau nehmen – eigentlich eher als „Korruptionsskandal“ framen müssten. Nein, es gab sie schon vorher, die Anzeichen, dass es einigen gewählten Volksvertretern nur darum geht, ihren Wirtschaftslobbys Gefallen zu erfüllen und sich selbst dabei mit cleveren Tricks die Taschen vollzumachen.

Schlimmer noch: Politiker, die sich dabei haben erwischen lassen, kamen meist mit Verwarnungen und halbgaren Entschuldigungen davon und sitzen immer noch im Bundestag, kandidieren wieder für wichtige Ämter oder üben sie weiterhin aus. Ob Scheuer, Amthor, Klöckner, Spahn, Laschet, Merz, Nüßlein oder Sauter, Kumpanei und Vorteilsnahme scheinen in der Union eine Art Aufnahmekriterium zu sein. Anders lässt sich die Häufung der Skandale dort nicht erklären. Da nützt auch eine Ehrenerklärung nichts, dass man durch die Pandemie keine persönlichen Vorteile erzielt habe oder dass man als Abgeordneter alle Einkünfte ab 100.000 Euro offenlegen muss.

Auch in anderen Parteien ist diese Praxis verbreitet. Man denke beispielsweise nur an den SPD-Ex-Kanzler Gerhard Schröder oder seinen Parteifreund Sigmar Gabriel. Die Liste ließe sich sicherlich noch erweitern, aber das Fazit wäre dasselbe: Es braucht dringend schärfere Regeln für Politiker, um das Vertrauen in die Ämter, die sie ausüben, wiederherzustellen. Denn, seien wir doch ehrlich, so viel wie die meisten politischen Würdenträger auf Landes- oder Bundesebene verdienen, müssten Nebeneinkünfte und Vorteilsnahme grundsätzlich untersagt sein. Die meisten Arbeitnehmer haben in ihrem Arbeitsvertrag mindestens einen Abschnitt, der sich um „Belohnungen & Geschenke“ dreht und verdienen oft nur einen Bruchteil von dem, was ein Abgeordneter einstreicht. Im öffentlichen Dienst sind die Vorgaben sogar noch strenger als in der Privatwirtschaft. Da stellt sich also doch die berechtigte Frage, warum das nicht auch für die gewählten Volksvertreter gelten soll. Der Twitteruser @beckstown78 hat es geschafft, mit zwei Tweets den Nagel auf den Kopf zu treffen. Wir haben uns die Reaktionen darauf ganz genau angesehen.

Das sagen andere User:

In einer Sache, da sind sich alle einig. Die Regelungen sind wichtige Präventionsmaßnahmen, um Korruption vorzubeugen. Dass sie nicht für politische Würdenträger gelten, stößt allen Usern sauer auf. Allerdings haben einige auch resigniert und glauben nicht daran, dass sich so schnell etwas ändert.


Natürlich bedeuten solche Beschränkungen auch, dass es schwierig ist, Arbeitnehmern seine Wertschätzung durch ein Geschenk zuteilwerden zu lassen. Ein sogenanntes Trinkgeld gibt es bei den meisten Berufen nicht bzw. ist verboten. Eine Tafel Schokolade oder Blumen ist oft das höchste der Gefühle.


Im öffentlichen Dienst muss selbst darüber Buch geführt werden, wenn der Wert des Geschenkes 10 Euro übersteigt.


Ein anderer User merkt zusätzlich an, dass Politiker ja auch keine entsprechende Qualifikation für ihre Ämter vorweisen müssen.

Ärzte kennen die Problematik ebenfalls sehr gut. Aber auch für sie existieren gesetzliche Regelungen.


Beamte dürfen sogar noch weniger annehmen, weil sie im Dienst des Staates verpflichtet sind. Warum gilt das dann nicht auch für Politiker?


Nebentätigkeiten müssen übrigens bei fast allen Arbeitsverhältnissen angegeben werden. Nicht nur, um Interessenkonflikten vorzubeugen, sondern auch um die Arbeitsfähigkeit des Arbeitnehmers sicherzustellen.


Es bleibt zu hoffen und abzuwarten, ob es hier endlich einmal eine klare Vorgabe gibt, die das Vertrauen der Bürger in die Politik wiederherstellt. Aber dazu bedürfte es auch einem Politikwechsel. Praktischerweise befinden wir uns ja im Superwahljahr und haben es selbst in der Hand, wo wir unser Kreuz machen.

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