Thread: Und wieder stehe ich in einem leeren Zimmer
Jeden Tag sterben in Deutschland mehrere Hundert Menschen an den Folgen einer Coronainfektion. Daran wird auch der Lockdown so schnell nichts ändern. Es ist erschreckend, wie schnell man sich daran gewöhnt, die Zahlen täglich zu sehen. Bei den ganzen Lockerungsdiskussionen der letzten Wochen darüber, ob man z.B. Glühweinstände und Silvesterfeuerwerk erlauben sollte, trat die reale Situation in den Kliniken oft in den Hintergrund. Aber Menschen sind nicht nur Zahlen in irgendwelchen Statistiken. Sie sind denkende, fühlende Wesen mit Familien, Freunden, Zielen und Träumen. Menschen, die jemanden lieben und geliebt werden, und Menschen, um die sich Ärzte und Krankenpfleger kümmern müssen, wenn sie im Krankenhaus eingeliefert werden. Der nun folgende Thread von @duloxetin dreht sich um den mittlerweile traurigen Corona-Alltag auf einer Intensivstation und wie schwer es ist, dort zu arbeiten.
Und wieder lagern meiner Kollegen und ich den kalten Körper eines 40 jährigen Familienvater in den Leichensack ein. Er hatte keine Vorerkrankungen, er hat sich an die Auflagen gehalten, er hat vor 6 Monaten noch ein Kind mit seiner Frau bekommen. Er hielt 14 Tage durch.
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Am Anfang unter NIV, später beatmet. Abtransport in die Uniklinik war geplant für ecmo.
Und wieder stehe ich in einem leeren Zimmer und höre noch seine Stimme. Oder sehe wie er mit seiner Frau skyped. Atme nochmal tief durch und sage „Gute Reise“, bevor ich den Patienten— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Für den Abtransport in die Prosektur freigebe. Eine kleine Träne rollt mir noch übers Gesicht. Dann verlasse ich das Zimmer und gehe für die nächsten 15 covidpatienten weiterkämpfen, bis ich in 2 Stunden wieder völlig ausgepowert und leer im Dunkeln nach Hause gehe.
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Ich kann das nicht ewig weitermachen. Ich merke wiedermal, wie diese Pandemie und im speziellen diese krankheit mir die Kraft nimmt. Ich kann nicht weiter Jeden Tag zum Dienst gehen, als wenn nichts wäre. Als wenn da keine skiuauber, querdenker, covidioten, etc wären.
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Als wenn da keine Politiker wären, die diese eben Gewehren lassen und nichts tun.
Das unterlassen der Politik und das nicht eingreifen ist in meinen Augen Respektlosigkeit gegenüber jeden einzelnen coronatoten, allen Angehörigen, sowie dem medizinischen und pflegerischen Personal— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Ich stehe seit März in der Coronataskforce unserer ITS, und alles was ich heute will ist kündigen. Irgendwas im Büro wäre doch nett 🙄#pflegteuchdochselbst#CovidWegimpfen
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Ich danke allen für eure Anteilnahme, das gibt Kraft! 🖤💚
Ich werde nicht kündigen, aber mich für eine Weile rausnehmen ab Montag
— Venlafaxin (@duloxetin) December 9, 2020
Das sagen andere User:
Pass auf Dich auf! Mir laufen gerade die Tränen runter!
Ich denke oft, wenn der Anruf bei uns eingeht, ob es gut ausgehen wird.
Zum Glück wissen wir selten, wie treffend unsere Prognose/Vermutung zur Genesung ist. Sonst wären schon viel mehr von uns unter der Last zerbrochen!
— 𝕁𝕖𝕨𝕒𝕝𝕤 (@JewalsOriginal) December 9, 2020
Ich finde das erschütternd, vielen Dank für den unermüdlichen Einsatz!
Kann man den wenigstens ergründen, wie oder wo sich jemand ansteckt, der sich an alles hält? Damit man ähnliche Fälle vermeiden kann?— Bartfracé (@Bartfratze1982) December 10, 2020
Es bricht mir das Herz 😢.
Danke fürs Durchhalten (u wenn es nicht mehr geht, dann geht es nicht!), Danke: an alle, die wie Du ihr Letztes geben. 💐
Ich hoffe sehr, dass auch die GroKo Politiker:innen verstehen, dass Gesundheit keine Ware u Krankenhäuser keine Fabriken sind.— anke domscheit-berg (@anked) December 10, 2020
Ich weiß nicht, was ich schreiben soll. Ich bin so unsagbar wütend, wie dieses Jahr gelaufen ist. Und ich möchte meinen allergrößten Respekt und mein aufrichtiges Dankeschön an Sie und all Ihre tapferen Kollegen/Kolleginnen kundtun 🙏🏻
— Danielle (@jabings2) December 9, 2020
Es ist so traurig und bei dieser Schilderung bekommt einer von hunderten Verstorbenen ein Gesicht, eine Geschichte, eine Vergangenheit. Es ist gut, dass ihr diesen Menschen hier die nötige Aufmerksamkeit gebt.
— Wanderblog 📸Reisen und Wandern in Deutschland (@ElkeBitzer) December 9, 2020
🧸
Ich mache mir Sorgen, um deine Kollegen und dich! Denn selbst die Kollegen, die nicht an Corona erkranken, werden physisch wie auch psychisch weitere Narben davon tragen und sich im schlimmsten Fall nie wieder erholen oder sie schaffen den Absprung und verlassen die Pflege! 😪— Jurika 82 (@NicoleTaubitz) December 9, 2020