Thread: Service ist inklusive
Gastronomie-Jobs werden zunehmend unattraktiver. Arbeitszeiten und berufsbedingte Belastungen mal beiseitegeschoben, landet man schnell beim Thema Bezahlung, die oftmals nicht sehr viel höher als der Mindestlohn liegt. Wobei Ausnahmen die Regel bestätigen. Ergo sind viele der Angestellten darauf angewiesen, dass die Gäste und Kunden ein ordentliches Trinkgeld geben, auch wenn dies im Widerspruch dazu steht, dass der Service in Deutschland inklusive ist. Leider sieht die Realität im Moment anders aus, denn die Zuwendungen der Gäste nehmen stetig ab. Mal abgesehen von der typisch deutschen Knauserigkeit, das verstärkte Zahlen mit EC-Karte soll auch dafür verantwortlich sein, dass in der Gastronomie nun weniger Trinkgeld gegeben wird. Die gestiegenen Lebensmittelpreise und die drohende Energiekrise tun in puncto Tip-Flaute natürlich noch ihr Übriges. Die ARD-Moderatorin Anja Reschke hat mit dem nun folgenden Thread eine Debatte darüber losgetreten, wie viel uns der Service in der Gasto wert sein sollte, auch wenn er im Gegensatz zu anderen Ländern eigentlich inklusive ist.
Keiner will mehr in der Gastro arbeiten? Kein Wunder. Meine Bekannte (Studentin) arbeitet seit ein paar Wochen nebenbei als Aushilfe in einem Lokal an der Hamburger Alster. Schön gelegen, mit Terrasse, manche kommen für Kaffee und Kuchen, manche essen richtig und am Wochenende
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
werden oft Geburtstage, Konfirmationen oder ähnliches gefeiert. So wie heute: ein 70. Geburtstag, Terrasse und drinnen alles voll, Rechnung: knapp 7000,- Euro. Der Jubilar bedankt sich überschwänglich, wie toll es war, wie nett der Service. Und gibt KEIN Trinkgeld.
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
Ein ganzes Team hat gekocht, gespült, neues Essen gebracht, alte Teller abgeräumt, nachgeschenkt und es gibt nichts?? Das ist keine Ausnahme! Neulich: zwei Frauen, um die 40, dem Anschein nach nicht arm, jede bestellt einen Capuccino. Daran
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
nippen sie über mehrere Stunden. Dann die eine: „Können Sie mir bitte noch ein stilles Wasser bringen?“ Meine Bekannte bringt eine kleine Flasche. Die Frau: „Nein, ich möchte bitte Leitungswasser“. Kurze Zeit später bittet sie um Wasser für den Hund. Auch das wird gebracht.
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
Nach geraumer Zeit entscheiden die beiden Frauen doch noch was zu essen: „Wir teilen uns bitte einen Antipastiteller.“ Es beginnt zu regnen. Die Bedienung wird gebeten, alles reinzutragen. Nach Stunden bestellen die Frauen die Rechnung: 18,70€. Die Frau: „Machen Sie bitte 19,50“
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
80 Cent Trinkgeld!!! Meine Bekannte hat keine 50 Cent Wechselgeld, sagt, sie müsse eine Kollegin fragen. Daraufhin die Frau: Dann zahle ich mit Karte. Meine Bekannte holt das Gerät, will 19,50 eingeben, daraufhin die Frau: Nein dann bitte einfach die 18,70!
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
Was ist bitte los mit den Leuten? Das Trinkgeld nimmt seit Jahren ab. Aber Gastrokräfte im Service und Küche sind darauf angewiesen. Der Sous-Koch verdient 13,50 /Stunde. Sein Trinkgeld heute nach 8 Stunden Arbeit: 5,70 Euro. Meine Bekannte sagt, er hätte geweint.
— Anja Reschke (@AnjaReschke1) July 30, 2022
Das sagen andere User:
Nicht jeder, der Tip geben will, kann es sich auch leisten. Das sollte bei aller Liebe für die Gastro im Hinblick auf die aktuelle Wirtschaftslage nicht vergessen werden. Darüber hinaus ist Trinkgeld eine individuelle Entscheidung, die aus gutem Grund nicht festgeschrieben ist. Wer kann und mit seiner Bedienung zufrieden ist, sollte allerdings auch im Hinterkopf haben, dass der Branche früher oder später die Arbeitskräfte ausgehen werden, wenn sich diese nicht ausreichend wertgeschätzt vorkommen. Natürlich tragen die Arbeitgeber dafür primär die Verantwortung, aber die Gäste haben auch einen nicht unerheblichen Anteil daran. Was die Leserinnen und Leser zu sagen haben, dürfte euch dabei besonders interessieren. Aber lest am besten selbst:
Denn es geht in erster Linie um Wertschätzung.
Dienstleister bekommen bei mir immer Trinkgeld, ob das Elektriker, Lieferanten, Paketboten oder sonstwas sind.
Deren Gehalt ist grds. egal für diese Entscheidung.
— lizard_king (@lizzardkiing) July 30, 2022
Tip ist verräterischer als jeder Rorschachtest.
— Micky Beisenherz (@MickyBeisenherz) July 31, 2022
Auch schon mal erlebt in einem Restaurant.
Nebentisch 4 Gäste.
Einer hat bezahlt und 89,20 Euro aufgerundet auf 90 Euro.
Da kann man wirklich nur mit dem Kopf schütteln.
Ich jedenfalls gebe allein immer so zwischen 3-5 Euro— Heinmax © ™ (@heinmax50) July 31, 2022
Nicht falsch verstehen. Kniestig sein ist natürlich Mist. In beiden Beispielen hätte es der Anstand geboten, ein wenig Großzügigkeit zu zeigen. Ich finde es aber eine schräge Entwicklung, dass für der Auskommen der AN der Gast und nicht der AG verantwortlich gemacht wird.
— Da Christian Vogel (@ChrisVomRhein) July 31, 2022
Aber so leid es mir tut: Trinkgeld *ist* persönliche Großzügigkeit, und das ist okay. Das Essen auftragen, die Getränke nachschenken, am Ende abräumen, das ist der Job. Nicht falsch verstehen: Ich gebe fast immer Trinkgeld. Aber für das, was „obendrauf“ ist. Nicht für den Job. /1
— Maja von Westphal (@majavonwestphal) July 31, 2022
Ist exakt meine Erfahrung beim Kellnern. Vor allem junge Pärchen, alleinerziehende Frauen sind sehr großzügig, Studierende sind sehr großzügig. Bei Wohlhabenderen war das immer so ne Glückssache ob ich jetzt Trinkgeld bekomme oder ob ich nichts oder nur ein paar Cent bekomme.
— Dytto (@DyttoWillCheese) July 31, 2022
Die dürfen beim Macces kein Trinkgeld annehmen
— Prof Chaos (Summer Mode) (@ProfCha0s84) July 31, 2022
Statt von Trinkgeld leben zu müssen wäre es angebracht die Inhaber des lokales würden ihr Personal angemessen bezahlen 😅🙈
Hier aufs Trinkgeld rumzuhaken ist zu kurz gedacht. Die Kunden können nichts für eine unterirdische bezahlung. Inhaber wählt bestimmt FDP 😅😬
— No freedummday (@Freedummday) July 31, 2022
Ich glaube, das liegt auch daran, dass viele Menschen sich einen Dreck für andere interessieren und das haben sie in der Pandemie und der Klimakatastrophe gelernt
— 🇺🇦 DAS 🇺🇦 (@DAS1974DAS) July 31, 2022
Kann ich 1:1 für mich übernehmen.
Mein Ex hat mich anfangs konsterniert angeschaut, weil man das in seiner Familie nicht machte. Was habe ich mich da manchmal in Grund und Boden geschämt, wenn die eine Familienfeier hatten.
— Daggi (@ljusdagen) July 31, 2022
Verstehe ich auch nicht. Ich bin wirklich kein Großverdiener, habe aber die Woche im Restaurant die Rechnung von 119€ auf 140€ aufgerundet, da sowohl Essen wie auch Bedienung klasse waren. Ich finde, sowas sollte man dann auch honorieren.
— Markus Wienberg (@Afebriwyn) July 30, 2022
Ich gebe immer gerne und gutes Trinkgeld, ob im Service oder dem
Taxifahrer. Ich bin nicht reich, bin auch nicht oft in der Gastronomie oder mit dem Taxi unterwegs.
Aber wenn, gibt es gutes Trinkgeld.
Alles andere wäre mir unangenehm.— Gisie , // Mal ernsthaft, mal heiter (@aber_no) July 31, 2022
Bin ExKoch. Erinnere ein Essen: Sehr bekannter Politiker trifft wichtigen Manager u Ehefrau. Viele Extras, RG über 500€, Tip 5€. Die 3 PersSchtz aßen am Nebentisch je einen Hauptgang à 28€. GesamtTip 25€ u „sagen Sie der Küche, dass wir noch nie sowas Gutes gegessen haben“.
— Gregor „stranded Haddock“ Weber (@GreWeb68) July 31, 2022
Service IST inklusive.
— MamaLausitz (@LausitzMama) July 30, 2022
DAS auch! Doch Trinkgeld gehört einfach dazu und sollte ein EXTRA sein für guten Service!
— Heike Harms (@harms_heike) July 31, 2022
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Da wir gerade beim Thema Gastro sind, hätten wir noch das: