Thread: Nur ein bisschen Alkohol
Rund 7,9 Millionen Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form – etwa drei Millionen haben eine alkoholbezogene Störung. Im internationalen Vergleich weißt Deutschland einen sehr hohen Alkoholkonsum auf. Und sind wir mal ehrlich: Wir alle haben das „exzessive Rauschtrinken“ schon erlebt. Entweder haben wir Menschen, die uns nahestehen, dabei beobachtet oder wir selbst haben über die Stränge geschlagen. Auch klar: Sich auszuprobieren, gerade in der Jugendzeit, gehört irgendwie dazu – ob nun vernünftig oder nicht.
Schnell problematisch wird das aber, wenn sich Alkohol und das Rauschtrinken zur Gewohnheit entwickeln. Wenn der Feierabend ohne das Bier nicht vollständig und die Party am Wochenende ohne fünf Wodka-Energy schlicht langweilig ist. Wer irgendwann beschließt, auf Alkohol zu verzichten, ganz egal ob aufgrund einer Suchtproblematik oder „einfach so“, der stößt oft auf wenig Verständnis. „Wie, du willst gar nichts trinken?“, „Ein Glas geht doch“, „Spielverderber“ dürften viele Betroffene zur Genüge kennen. Für Suchterkrankte kann dieser Druck verheerend sein. Das hat auch Twitteruser @MaximalesD erlebt. Aber auch als Nicht-Erkrankter ist der inflationäre Umgang mit Alkohol und das damit einhergehende Unverständnis mindestens nervig, was die folgenden Reaktionen zeigen.
„Du kannst doch EIN Stück Schwarzwälderkirsch Torte essen, soviel Schnaps is da nicht drin!“
„Nein danke, ich möchte nichts essen wo Alkohol drin ist!“
„Dann nimm die Schoko-Eier, da ist nur Eierlikör Aroma drin!“
Ist es wirklich so schwer zu akzeptieren, dass ich trocken bin?
— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Sind im übrigen die selben Leute, die dir auf dem Weihnachtsmarkt zu deiner Entscheidung gratulieren und dir dann nen Glühwein anbieten…oder auf Geburtstagen so tolle Dinge sagen wie „Ach, ein Bier geht doch“…oder dir an Karneval rotzebesoffen um den Hals fallen
Nice👌
— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Für ein besseres Verständnis: Der User hat eine Vergangenheit mit Suchterkrankung
Dankeschön❤️
Bin seit über 2 Jahre nun glücklich und Rückfallsfrei trocken und hoffe dass ich mit dem offenen und tabulosem Umgang damit, anderen Kraft gebe💪
An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an @kunstdingsi, die mir den Mut gegeben hat, offen darüber zu schreiben❤️— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Und Alkohol(aroma) kommt heutzutage nahezu überall vor
Blöde Frage vielleicht, aber da ich mich nicht damit auskenne: ist Aroma auch schon ein Rückfall-Risikofaktor, ist Aroma auch mit Alkohol, oder willst du nur einfach nicht?
(Das klingt jetzt vorwurfsvoll, ist aber nicht so gemeint. Ich möchte es nur gern verstehen.)— Lillith (@Oo_Lillith_oO) April 10, 2023
Ich sehe ein geringes Risiko bei Aromen, da ich mich aber dazu entschlossen habe keinen Alkohol in jeglicher Form zu mir zu nehmen, meide ich Produkte die nach Alkohol schmecken oder beinhalten komplett, was ziemlich viele Dinge ausschließt
— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Manche Mitmenschen sind schlicht respektlos
Bin selbst seit 3 Jahren trocken und bekomme jedes Jahr von der Firma Alkohol geschenkt. Obwohl sie darüber bescheid wissen.
— LaufTroll (@LaufTroll) April 10, 2023
Andere zeigen sich hingegen rücksichtsvoll
Wenn ich Besuch von einem Menschen bekomme von dem ich weiß, dass er trocken ist, biete ich erst überhaupt keinen Alkohol an. Ätzend finde ich so ein Verhalten.
— Isidora Eisenhut (@EisenhutIsidora) April 10, 2023
Alkohol ist einfach zu tief in unserer Gesellschaft verankert, dass viele Menschen ihren eigenen Konsum als „unproblematisch“ sehen, was ja auch bei vielen gutgehen mag.
Daher fehlt oft das Verständnis— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Oft fehlt uns auch einfach das Wissen
Dumm nachgefragt: reifes Obst ist ok?
Alkoholaromen sind nicht OK?— Roter Frosch 🔴🐸 (@FroschRoter) April 10, 2023
Ich esse sehr gerne grüne Äpfel, grüne Birnen und auch anderes Obst in seiner grünen Form.
Obwohl mich tatsächlich der Geschmack von reifem Obst nicht allzu triggern würde, umgehe ich so trotzdem die Gefahr.— Maximales Drehmoment (@MaximalesD) April 10, 2023
Alkohol ist gesellschaftsfähig, doch (leider) nicht nur das: Er gehört für viele unabdingbar dazu
Es ist schockierend, wie Alkoholismus banalisiert wird.
— @wotansrabe 🏳️🌈 (@rabeluce) April 10, 2023
Der Onkel meiner Frau mag mich nicht weil ich kaum was trinke oder oft alkoholfreies Bier.Das schmeckt nicht und trinken nur Weicheier seiner Meinung nach. Bei ihm wird von Freitag Abend, wenn Bundesliga los geht, bis Sonntag Abend wenn der Spieltag zu Ende ist “geballert“.
— Physidae (@LazyH86) April 10, 2023
Fest steht: Wer nicht trinken, wer keinen Alkohol zu sich nehmen möchte, der sollte sich dafür nicht rechtfertigen müssen. Das „Warum“ ist dabei nicht nur irrelevant, sondern geht die Nachfragenden auch schlichtweg überhaupt nichts an. Nicht jeder möchte oder kann offen über mögliche Probleme sprechen. Firmenfeiern, Geburtstage oder Treffen mit Freunden sind oft auch nicht der passende Safe-Space für solche Gespräche. Die richtige Antwort auf „Ich trinke keinen Alkohol“ sollte deshalb immer lauten: „Was kann ich dir stattdessen anbieten?“