Thread: Die Lehrerin meint, es sei ein Entwicklungsrückstand

Manuela Jungkind 09.05.2022, 12:15 Uhr

Es gibt Erwachsene, die nicht wissen, wie man eine Waschmaschine bedient. Einkommensstarke Männer und Frauen, die eine Aubergine nicht von einer Zucchini unterscheiden können – oder rechts von links. Versierte Menschen, die keine Ahnung haben, wie man ein Spiegelei zubereitet oder eine Lampe anschließt. Vom Einräumen der Spülmaschine wollen wir erst gar nicht anfangen! All diese kleinen Herausforderungen sind im Alltag relativ einfach zu umgehen. Wir suchen uns eine Alternative, bitten einfach jemand anderen, die Aufgaben für uns zu erledigen, oder wir beauftragen eine*n von unzähligen Dienstleister*innen, die – völlig zurecht – aus den Schwächen oder fehlenden Interessen mancher einen Business Case ableiten.

Scham ist ein Gefühl, das dabei völlig fehl am Platz ist. Warum auch? Nur weil jemand keinen Kuchen backen kann, leitet man daraus nicht ab, dass er oder sie unfähig im Job ist, oder? Warum sollte eine Schwäche auch ein Parameter für das allgemeine Dasein sein? Bei Kindern jedoch lassen wir uns oft dazu hinreißen, anhand von vordefinierten Listen den allgemeinen Entwicklungsstand einzustufen. Kann das Kind an einer Linie entlangschneiden? Kann das Kind schon den eigenen Namen schreiben? Fahrrad fahren? Auf einen Baum klettern? Oder eben die Schnürsenkel binden – wie im folgenden Thread von Twitteruser @Kizito5.

Natürlich kann niemand von einer Lehrkraft erwarten, sämtlichen Kindern die Schuhe zu binden. Aber ist das überhaupt das Problem? Wenn man Spaß hat, kann man sich ja mal in Schuhgeschäften umblicken, bei welcher Größe überhaupt Schnürsenkel beginnen. Der Markt hat nämlich längst auf die vielen, vielen Kinder reagiert, die sich mit dem Schuhebinden schwertun. Und auch für die nicht kleine Zahl an Erwachsenen, die keine Lust haben, sich damit abzumühen, gibt es Lösungen! Das Angebot an dehnbaren Schnürsenkeln oder Schuhen zum Reinschlüpfen oder mit Klett- bzw. Reißverschluss ist riesig. Die User*innen reagierten jedenfalls ziemlich entspannt auf die Sechsjährige. Wir haben wie üblich die besten Kommentare für euch zusammengefasst.

Wo ein Wille ist, ist auch ein Markt

Eintrittskontrolle ab sofort mit dem Schnürsenkel-Test?

Was sollen die Nachbarn sagen?

Entspannung ist die beste Beraterin

Was Hänschen nicht lernt, lernt halt Hans

Alles Definitionssache

Wo kommen wir denn da hin?

Von wann stammt eigentlich der Schleifchentest?

Wenn es nach Twitter geht, dann sagt es praktisch nichts über einen Menschen aus, ob bzw. wann er lernt, Schnürsenkel zu binden. Es scheint jedenfalls schwer vorstellbar, dass es den Generationen, die mit Smartphones aufwachsen, mal an Fingerfertigkeit fehlen wird. Und falls doch, dann scheint dies doch ein günstiger Zeitpunkt zu sein, um sich genau dafür Lösungen einfallen zu lassen.

Dass das Alter eben nicht unbedingt eine relevante Größe ist, zeigt auch dieser Thread:

Von Rabeneltern, die es ihren Kindern nicht recht machen können

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