Thread: Alltagsrassismus bei der Wohnungssuche
Die Wohnungssuche in den Städten ist schon lange keine einfache Angelegenheit mehr. Doch in den letzten Jahren hat sich die Situation noch weiter verschärft. Immer mehr Menschen ziehen in die Städte, während das Angebot an (bezahlbarem) Wohnraum stagniert. Insbesondere für Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen gestaltet sich die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung zu einem wahren Alptraum. Doch es kommt noch schlimmer: Alltagsrassismus spielt eine zunehmend größere Rolle auf dem Immobilienmarkt. Immer wieder berichten Betroffene davon, dass sie aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe diskriminiert werden. Manche Vermieter und Eigentümer scheinen bei der Wohnungssuche nicht das Individuum, sondern nur die Nationalität oder Hautfarbe im Blick zu haben. Ein Beispiel gefällig? Die Twitteruserin @BaharAslan_ berichtet in dem nun folgenden Thread über ihre Erlebnisse.
Sätze, die ich mir als „migrantisch gelesene Frau“ während meiner Wohnungssuche von Männern (!) anhören durfte:
🧔♂️“Sie sind nicht verheiratet? Eher unüblich für Ihre Kultur.“
🧔♂️“Der Einkommensnachweis ist ja noch lange kein Beleg dafür, dass Sie da auch wirklich arbeiten.“
⤵️
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
🧔♂️*schickt mir Kontaktanfrage über Instagram*
🧔♂️“Dürfen Sie überhaupt alleine wohnen?“ 🤡
🧔♂️“Sie haben schon gesehen, dass die Kaltmiete xxx beträgt?“
🧔♂️“Sie wollen ALLEINE einziehen?!“
🧔♂️“Ich hab Sie mal gegoogelt…“
🧔♂️“Kriegen Sie generell viel Besuch?!“
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
🧔♂️“Wir hatten mal ausländische Mieter hier. Die waren auch Inder. Genau wie Sie.“
🧔♂️“Die Mieter haben nicht so gute Erfahrungen mit Ausländern gemacht. Das wird schwer.“
🧔♂️“Sind Sie Moslem? Aber eher so die lockere Sorte oder?“
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
Die Suche nach einer Wohnung, in der ohnehin schon angespannten Situation, gestaltet sich schwieriger als gedacht. Besonders dann, wenn man mit bestimmten Rollenbildern und Vorstellungen, wie ich als „türkische Frau“ zu sein habe, konfrontiert wird.
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
Es schockiert mich immer wieder, dass ich als „Ausländerin“ oder „Türkin“ adressiert werde, obwohl ich und ganz viele Migrant*innen in diesem Land diese Art der Selbstbezeichnung niemals verwenden würden. Unsere Wirklichkeit lässt sich nun mal nicht in einfache Kategorien…
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
…zuordnen, weil für uns die Frage nach Zugehörigkeit und Identität eine komplexe Angelegenheit ist. Manchmal habe ich sehr ambivalente Gefühle zu diesem Land. Deutschland ist meine Heimat, aber ich habe Schwierigkeiten sie als solche anzunehmen, weil mir (gefühlt) jeden Tag…
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
…erklärt wird, dass ich nicht hierher gehöre. In Momenten wie diesen ist es anstrengend, zermürbend und kräftezehrend, weil ich bereits seit Jahren meine Existenz in diesem Land erklären und rechtfertigen muss. Wie in einer Dauerschleife!Ganz ehrlich: Ich hab keinen Bock mehr!
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
Kontext: Ich habe mich wieder nach Köln versetzen lassen und suche in der Nähe meiner Dienststelle eine Wohnung.
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
Das sagen andere User:
Es ist ein Zustand, der empört und fassungslos macht. Wie kann es sein, dass Menschen aufgrund ihrer Herkunft oder Hautfarbe benachteiligt werden? Doch die Realität sieht leider anders aus: Viele Menschen, insbesondere solche mit Migrationshintergrund, haben es auf dem Immobilienmarkt noch schwerer als andere. Sie werden häufiger abgelehnt oder müssen höhere Mieten zahlen. Auch der soziale Zusammenhalt leidet darunter. Was die Leserinnen und Leser dieses Threads dazu zu sagen hatten, das erfahrt ihr jetzt.
Okay, aber wer hat die Kraft und Zeit dafür?
Gegen einige der Aussagen kann man nach dem AGG vorgehen (wenn man Zeit+Kraft hat). Hilft vielleicht nicht, diese Wohnung zu bekommen, aber die gröbsten Ausgrenzungen zu beseitigen. Alle die hier mitlesen: erkundigt euch bei regionaler Antidiskriminierungsberatung oder @ADS_Bund
— @[email protected] – Keywan Tonekaboni (@tonekaboni) April 10, 2023
So ein Zufall aber auch
Alles Männer! 😩
— Bahar Aslan (@BaharAslan_) April 10, 2023
Ist das schon Stalking oder einfach nur dreist?
Migrantische Freundin wurde bei Suche gefragt warum sie denn nicht ihren Doktortitel mit angegeben hat. Vermieter hatte sie zwischenzeitlich gegoogelt, ob denn der Herr mit dem Doktortitel bei google ihr Mann wäre, wenn sie doch die Wohnung nur für sich will. Ist nur ihr Bruder.
— Politiklehrerin (@Alman_Lehrerin) April 10, 2023
Unglaublich, aber wahr
Die bitterste Ironie ist, dass du als Dozentin an der Hochschule für Polizei arbeitest. Du bist ein ganz wesentlicher Teil von dem System, das dich diskriminiert.
— Anschelm Huch (@AnschelmH) April 10, 2023
Fair point
Warum glauben die eigentlich immer, dass wir heimlich mit der ganzen Familie einziehen wollen?🤦🏻♀️ Natürlich habe ich ab und zu Besuch, aber das ist doch normal. Ich habe eher Angst vor denen. Wer 15 Jahre niemanden ins Haus lässt, hat doch was zu verheimlichen.
— Malalay (@MenschmitBrain) April 10, 2023
Alleinstehende Frauen scheinen es generell schwer zu haben
Alleinerziehende Mütter kennen das.
Egal welche Nationalität.— {Frau K.} (@FrauKlara7) April 10, 2023
q.e.d.
Mein Partner mit ausländischem Namen hat bei unserer Wohnungssuche vor 7 Jahren auch entweder Absagen oder keine Antwort bekommen. Habe ich für die gleiche Wohnung angerufen, kein Problem😡.
— Frida Schmitt (@FridaSchmitt01) April 10, 2023
Will nur leider niemand wahrhaben
Das tut mir unendlich leid für dich!
Ich würde gerne etwas schreiben wie: das wird irgendwann besser, aber der Rassismus ist leider viel zu tief in diesem Land verankert und die Rechnung dafür liegt ja schon auf dem Tisch, nur will sie keiner ansehen, weil sie zu teuer ist.— Franziska Wild (@WildRelkniw) April 10, 2023
Es ist wichtig, dieses Unrecht sichtbar zu machen
Danke, dass du deine Erfahrungen hier sichtbar machst. Ich finde es sehr traurig, dass Menschen, die im Herzen zu Deutschland gehören, ständig etwas anderes erzählt bekommen, basierend auf oberflächlichen Irrelevantheiten wie dem Klang des Namens oder der Hautfarbe. Alles Gute 💜
— DasGanzeJahrJuli (@GanzeJahrJuli) April 10, 2023
Genau das!
danke für das Teilen deiner persönlichen Erfahrungen, es holt einen schmerzhaft in die kleingeistige, patriarchale Realität zurück und zeigt auf wieviel hier noch geleistet werden muss, bis auch der Letzte begreift, das multikulturelle endlich als Chance anzunehmen.
— CD_BMG 🙏🕊🇺🇦365❤️🔥🇮🇷🌈 (@CD_BMG) April 10, 2023
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Wenn ihr mögt, schaut doch hier noch rein: