Thread: Mit den Kindern im Restaurant
Ist der Besuch eines Restaurants nicht etwas Wundervolles? Nach einem Jahr Pandemie klingt allein die Vorstellung schon geradezu magisch. Eine nette Atmosphäre, etwas Musik, gutes Essen, Wein und vielleicht sogar in angenehmer Gesellschaft. Fertig ist ein gelungener Abend. Toll, oder? Ganz anders sieht die Sache aus, wenn man mit seinen Kindern essen geht. In der Babyzeit mag das ja vielleicht noch halbwegs möglich sein, weil der Brutling im besten Fall viel schläft und die ganze Zeit in seinem Kinderwagen liegt. Aber spätestens wenn die Frucht eurer Lenden laufen und brabbeln kann, ist es mit der Ruhe dann auch vorbei. Still und zufrieden auf dem Kinderstuhl sitzen und ohne Theater und Spielerei essen? Schön wär’s! Selbst die Auswahl des Gerichts wird zur echten Geduldsprobe. Da heißt es Nerven bewahren und alles mit ganz viel Humor nehmen. Unser Thread- und Kinderexperte @doppeldaumen hat mal wieder ordentlich in die Tasten gehauen und seine Erfahrungen und Erlebnisse auf diesem Gebiet zu einem wunderbar erfrischenden Text verarbeitet. Guten Appetit und gute Unterhaltung!
Menschen haben Geburtstag. Oder wollen etwas anderes feiern. Oder einfach nur nett sein.
Oder gut essen.Egal… man muss stets auf der Hut sein.
Sonst sitzt man plötzlich mit den Kindern im Restaurant.
Ein Thread.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Die Verpflegung unserer lieben Kleinen ist – wie Ihr wisst – eine verzwickte Angelegenheit. Im Fernsehen macht uns die Nutella-Familie vor, wie es nicht ist. In Wirklichkeit kann man froh sein, wenn die Kinder heute zufällig gewillt sind, die dargebotenen Speisen zu verzehren.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Ebenfalls der Willkür der kindlichen Tageslaune unterworfen ist das Benehmen am Tisch. Kindern fällt es zum Beispiel unheimlich schwer, zwischen reden und essen zu unterscheiden. Klar, macht man ja auch beides mit dem Mund, also geht das auch gleichzeitig. Dies führt einerseits
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
zu einem gewissen Lärmpegel beim Essen, weil moderne Kinder durchaus mehrere Gespräche gleichzeitig führen können und andererseits verzögert es die Nahrungsaufnahme ungemein. Nix da mit einer effizienten Mahlzeit! Während Kind3 mir zum 34. Mal erzählt, dass gestern in der Kita
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
der Jerome-Pascal die Nudeln ausgekotzt hat, muss ich sie bitten, nunmehr die zweite eigene Nudel zu essen. Deswegen werden Erwachsene dick! Sie müssen endlos am Tisch mit den plappernden Kindern sitzen und bevor sie vor Langeweile sterben, essen sie eben. Ist nicht ihre Schuld.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Tischmanieren empfinden Kinder eher als spießiges Relikt ihrer Ahnen – das Essen muss (grobe Richtung) in den Mund und was danebenfällt, das existiert nicht mehr. Ein Blick unter den Tisch zeigt, dass insbesondere Reisbeilagen nur zu etwa 8% im Verdauungstrakt des
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Kindes landen. Die anderen 92% isst der Staubsauger.
Halten wir also fest: Essen mit Kindern ist Spaß pur. Niemals würden sie etwas verschmähen, noch sich danebenbenehmen. Deswegen ist die Freude auch immer riesig, wenn irgendein gottloser Unwissender die Mischpoke in ein
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Restaurant bittet. Die Show beginnt bereits, wenn der Kellner „Hallo!“ sagt und Kind2 wahrheitsgemäß mit „ich wäre lieber zu McDonald‘s gegangen!“ antwortet. Gut erzogen, weil man soll ja nicht lügen.
Speisekarten sind meistens ohne Bilder. Kinder haben also null Ahnung, was es
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
im heutigen Etablissement zu essen gibt. Natürlich bekommen sie trotzdem eine Karte und zeigen wahllos auf die Textzeilen, die man dann für sie vorliest.
„Und was ist das?“
„Forelle mit Kartoffelzeug“
„Was ist das?“
„Fisch.“
„Fischstäbchen?“
„Nein. Erwachsenenfisch.“
„Igitt.“— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Weil das nach der 7. Textzeile (die gleichzeitig am Nachbartisch angekommenen Erwachsenen haben bereits die Vorspeise auf dem Tisch) keinen Spaß mehr macht, nimmt man als Profi die Antwort vorweg:
„Und was ist das?“
„Das schmeckt Dir nicht“In 99,6% der Fälle essen Kinder in
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Restaurants entweder Nudeln oder Pommes mit einem Stück Fleisch, welches nachher der Papa isst.
Leider steht das Essen noch nicht verzehrbereit auf dem Tisch wenn das Kind das Restaurant betritt. Das Kind muss warten. Stuuuundenlang. Deswegen werden von zuhause Spielsachen,
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Stifte und Bücher mitgenommen. Zuhause noch sorgfältig ausgewählt, verlieren diese im Restaurant schlagartig an Bedeutung, wenn man nicht mitspielen, sondern sowas Abstruses machen will wie „sich mit den Erwachsenen unterhalten“. Um die Zeit erträglicher zu machen, wird minütlich
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
nach der Restwartezeit gefragt. Kind1 stand mal vom Tisch auf und ehe ich merkte, was geschah lief er zur Küche und rief „Wie lange dauert denn das Essen noch? Ich habe Hunger und will später noch Nachtisch!“. Aber nein, Kinder sind nicht peinlich.
Und genauso wenig haben sie
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Taktgefühl. Das Essen schmeckt im Restaurant nie wie zuhause. Berufsköche erdreisten sich, andere Zutaten zu verwenden oder einen anderen Garpunkt zu wählen als es der kindliche Gaumen von zuhause gewohnt ist. So erwiderte Kind3 auf die rhetorische Frage des Kellners, ob es
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
allen geschmeckt habe, mit „war eklig“. Kind2 sagte ein anderes Mal „das nächste Mal bringe ich lieber was eigenes mit“. Sie sind eben – wie gesagt – einfach wohlerzogen und wissen, dass man nicht lügt.
Wenn Kinder älter werden, dann wird das mit dem Benehmen und Warten und so
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
etwas leichter. Kind1 ist es eher peinlich, wenn ich ein wenig mit ihm Malen möchte, statt mich mit meinen Schwiegereltern zu unterhalten. Dafür werden sie allerdings (wie in allen anderen Belangen auch) teurer. Irgendwann können sie die Speisekarte lesen und erlangen die
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Auffassung, dass das „Filetsteak mit Kräuterbutter (bitte „durch“, alles andere ist bis man 25 ist abartig) mit Pommes ohne Gemüse, dafür Knoblauchbrot und 4 Nachtische“ jetzt genau das Richtige sei. Klar, in Bio hat man schließlich gelernt, dass es ausreichend Substrat bedarf,
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
wenn etwas wachsen soll. Ich bin mir sicher, dass die Wachstumsfugen von Kind1 schon lange geschlossen sind, aber sicher ist sicher. Weggelassen wird nur der vollkommen suspekte Salat am Anfang. Pfui Teufel, den kann die Mama haben.
Wenn Kind1 sich selbst versorgt, dann
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
kann das Essen normalerweise nicht schäbig genug sein. Kind1 würde das Gesundheitsamt aus dem Weg schubsen, um an einen Döner zu kommen. Aber mit Papa im Restaurant? Man gönnt sich ja sonst nichts! Und wer will schon vor dem Pinocchio-Teller verhungern?
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Die Geschichten der Erwachsenen sind öde, alles dauert ewig und das Essen? Naja. Folglich reagiert das gemeine Kind aus Langeweile mit „Ich muss mal aufs Klo!“. Die eigene 3-Mann-Grillplatte (mit nur einem Teller, bitte!) wird dann eben kalt, egal. Irgendwann sagte ich zu Kind2:
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
„Dann geh halt aufs Klo.“ Er ging, kam wieder und fragte seinen Opa um Geld, welches dieser gönnerhaft herausgab. Wenig später musste er „nochmal aufs Klo“ und verschwand. Er kam zurück mit einem lauten „Guckt mal! Da gibt es einen Automaten mit Luftballons!“ und
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
präsentierte seine Beute. Perlgenoppt mit Erdbeergeschmack. Kind1 hat sich vor Lachen fast an seiner durchgebratenen 40 Euro-Schuhsohle verschluckt und Kind3 weinte, weil sie keinen Luftballon hatte. Kind2 war beleidigt, weil er seinen „teuren Ballon“ nicht aufblasen durfte.
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Zuhause meinten Kind2 und Kind3, der Ausflug sei toll gewesen, aber sie hätten jetzt langsam Hunger. Kind1 wollte Geld für einen Döner.
Aber was ich Euch eigentlich sagen wollte:
Zum Grillteller nimmt man immer Pommes, nie Bratkartoffeln!
— Der Doppeldaumenmann (@doppeldaumen) June 12, 2021
Das sagen andere User:
Die einen oder anderen Eltern haben ihr Kind in den geschilderten Ereignissen wiedererkannt, so viel steht fest. Ein paar Leser haben gleich noch eine Schippe draufgelegt und den Thread um ihre Erlebnisse ergänzt. Ein paar der Reaktionen haben wir hier für euch gesammelt.
Genau so 🤣 Wir kamen mit Kindern plus Gastkind aus dem Steakhaus. Man wünschte uns einen schönen Tag und hoffte es hätte uns gefallen….
Da kotzt das Gastkind in den Eingang – unvergesslich 🤦🏻♀️— Novemberelf🦂 (@Hobbynager) June 12, 2021
Köstlich! Habe herzhaft gelacht. 😂
Guten Appetit. pic.twitter.com/Hb50mIJFVm— SpunktEPunkt (@Sonnerl1967) June 12, 2021
Und wieder keine Warnung 😂😂😂😂😂. Ich müsste es ja wissen. Dafür ploppte in mir eine Erinnerung auf: Ich war mit meinen Eltern essen und präsentierte stolz die Beute aus dem Klo: ich hatte leuchtende Klosteine gefunden 😆 fand nur ich toll…Danke 😻
— Frau Miezhaus (@Miezhaus2) June 12, 2021
Herrlich, einfach aus dem Leben geschrieben 😂 übrigens isst mein Bruder mit Ü40 noch immer Schuhsohlen 🙈😆
— DieKleineHexeSonnenschein (@KleineHexeSonne) June 12, 2021
Grandios beobachtet. Perfektes Timing zur Wiedereröffnung der Innengastronomie!
— 🔴🔴🔴Corinna aka Mutationscorinna 📷👩❤️👨🗺️ (@CorinnaVahrenk1) June 12, 2021
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Wer denkt, Restaurantbesuche wären das Schlimmste, was einem mit Kindern in der Öffentlichkeit passieren kann, der sollte vielleicht hier noch einen Blick hineinwerfen: