
Am Widerstand gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten beteiligten sich auch viele Sozialdemokrat*innen, die ihr Engagement mit dem Leben oder lebenslangen Gesundheitsschäden durch Misshandlungen bezahlten. Der Brand des Reichstages am 27. Februar 1933 führte bereits zu einer ersten Verhaftungswelle. In der Reichstagswahl vom 5. März blieben die Nazis unter der angestrebten absoluten Mehrheit, obwohl viele ihrer politischen Gegner bereits in Gefängnissen saßen oder eingeschüchtert worden waren. In den folgenden Monaten wurde daraufhin mit Hilfe von Notverordnungen und scheindemokratischen Beschlüssen das gesamte politische Leben in Deutschland gleichgeschaltet. Auf das „Nein“ der SPD-Reichstagsabgeordneten zu Hitlers Ermächtigungsgesetz folgten Haft, Mord und Exil.
Zu weiteren Maßnahmen zählte die Beschlagnahmung des SPD-Vermögens am 10. Mai und letztendlich das Verbot der Partei am 22. Juni 1933, der die Sozialdemokraten zwang, sich in mehreren neuen Organisationen zu formieren. Die SPD-Mitglieder und -Anhänger, die Gelegenheit und Mittel hatten, flüchteten nach Dänemark und in die damalige Tschechoslowakei. So agierte der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands unter der neuen Bezeichnung SOPADE von 1933 bis 1938 im Prager Exil und ließ von dort aus sogenannte „Grenzsekretariate“ einrichten, die über regelmäßigen Briefkontakt immer wieder detaillierte Anweisungen, finanzielle Mittel, aber auch Materialien zum illegalen Transport nach Deutschland erhalten und Kontakt zu den Genossinnen und Genossen halten sollten. Nach der Zerschlagung der Rest-Tschechei musste diese Exilführung der SPD 1939 nach Paris umziehen. Nach der Niederlage Frankreichs im folgenden Jahr wich man bis zum Kriegsende nach London aus. Die im Deutschen Reich verbliebenen Sozialdemokraten führten bis 1945 ein Leben voller Angst vor Haftstrafen und Hinrichtungen. Einer von ihnen war der Großvater des Twitterusers @Spaet68er, der in dem nun folgenden Thread schildert, was es bedeutete, in der NS-Zeit Sozialdemokrat zu sein.
Lange habe ich mit mir gerungen ob ich erzähle warum ich Nazis so abgrundtief hasse. Es wühlt mich innerlich sehr auf wenn ich davon berichte. Jetzt tue ich es.
Mein Opa, den ich nie kennenlernen durfte war ein aufrechter Sozialdemokrat. In der Firma bei der er arbeitete war
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Lange habe ich mit mir gerungen ob ich erzähle warum ich Nazis so abgrundtief hasse. Es wühlt mich innerlich sehr auf wenn ich davon berichte. Jetzt tue ich es.
Mein Opa, den ich nie kennenlernen durfte war ein aufrechter Sozialdemokrat. In der Firma bei der er arbeitete war— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Betriebsversammlung. Wie üblich während der Hitlerzeit wurde das Horst Wessel Lied am Ende der Versammlung gespielt. Mein Opa sang nicht mit. Als er dazu aufgefordert wurde weigerte er sich. Am Abend stand die Gestapo vor der Türe und nahm in in „Schutzhaft“. Meine Oma bekam
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Betriebsversammlung. Wie üblich während der Hitlerzeit wurde das Horst Wessel Lied am Ende der Versammlung gespielt. Mein Opa sang nicht mit. Als er dazu aufgefordert wurde weigerte er sich. Am Abend stand die Gestapo vor der Türe und nahm in in „Schutzhaft“. Meine Oma bekam
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
die Order am nächsten Tag zum Präsidium zu kommen. Ausdrücklich hieß es, der Sohn -also mein Vater- der damals 13 Jahre alt war muss mitkommen. Dort wurde dann mein Opa mit auf den Rücken gefesselt Händen vorgeführt. Er sollte nun sein Fehlverhalten bedauern und ein
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
die Order am nächsten Tag zum Präsidium zu kommen. Ausdrücklich hieß es, der Sohn -also mein Vater- der damals 13 Jahre alt war muss mitkommen. Dort wurde dann mein Opa mit auf den Rücken gefesselt Händen vorgeführt. Er sollte nun sein Fehlverhalten bedauern und ein
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Treuebekenntnis zum Führer unterschreiben. Das wollte er nicht. Daraufhin wurde er mit einem Stock geschlagen. Meine Oma drehte den Kopf ihres Sohnes zur Seite, damit er es nicht sehen musste. Das wurde ihr mit den Worten untersagt der Sohn soll sehen was mit Leuten geschieht
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Treuebekenntnis zum Führer unterschreiben. Das wollte er nicht. Daraufhin wurde er mit einem Stock geschlagen. Meine Oma drehte den Kopf ihres Sohnes zur Seite, damit er es nicht sehen musste. Das wurde ihr mit den Worten untersagt der Sohn soll sehen was mit Leuten geschieht
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
die den Führer beleidigen. Es fiel die Entscheidung dass mein Opa zur Umerziehung in das KZ Dachau gebracht wird. Nach ungefähr vier Wochen kam ein Brief. Mein Opa hatte einen tödlichen Unfall. Meinen Vater kannte ich nur als psychisch krank. Meinen Opa durfte ich nie kennen
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
die den Führer beleidigen. Es fiel die Entscheidung dass mein Opa zur Umerziehung in das KZ Dachau gebracht wird. Nach ungefähr vier Wochen kam ein Brief. Mein Opa hatte einen tödlichen Unfall. Meinen Vater kannte ich nur als psychisch krank. Meinen Opa durfte ich nie kennen
— Rote Linke Socke Franz (@Spaet68er) September 20, 2021
Das sagen andere User:
Dass sich dieses dunkle Kapitel der deutschen Gesichte nicht wiederholen darf, darüber sind sich alle einig. Trotzdem sitzt mit der AfD seit 2017 eine in weiten Teilen als rechtsextrem eingestufte Partei im Bundestag und in einigen Länderparlamenten. Wir dürfen nicht den Fehler machen, dies ohne Widerstand hinzunehmen. Dieser Teil der deutschen Gesichte darf sich nicht wiederholen. Ein paar der treffendsten Reaktionen auf diesen Thread haben wir hier für euch gesammelt.
❤️😔😥 #FCKNZS #SayNoToRacism
— ❤️🖤 KrisLör❤️🖤 (@Krisloer) September 20, 2021
❤️😔😥 #FCKNZS #SayNoToRacism
— ❤️🖤 KrisLör❤️🖤 (@Krisloer) September 20, 2021
Ich durfte meinen Opa auch nie kennenlernen. Er hatte sich geweigert, den Hitlergruß zu zeigen. Im Februar 1945 wurde er im KZ Buchenwald ermordet. Meine Mutter sagte immer: du bist wie dein Opa. Das macht mich noch heute sehr stolz!
— SUW (@SussteDa) September 20, 2021
Ich durfte meinen Opa auch nie kennenlernen. Er hatte sich geweigert, den Hitlergruß zu zeigen. Im Februar 1945 wurde er im KZ Buchenwald ermordet. Meine Mutter sagte immer: du bist wie dein Opa. Das macht mich noch heute sehr stolz!
— SUW (@SussteDa) September 20, 2021
Danke, dass Du davon berichtet hast. In meiner Familie gab es ähnliches Erfahrungen, wenn auch nicht ganz so drastisch, aber mein Vater (92) hat noch heute Albträume davon.
Es eint uns, dass wir Nazis hassen!
— Stefan H. born at 322 ppbV (@s1t9ef6a7n) September 20, 2021
Danke, dass Du davon berichtet hast. In meiner Familie gab es ähnliches Erfahrungen, wenn auch nicht ganz so drastisch, aber mein Vater (92) hat noch heute Albträume davon.
Es eint uns, dass wir Nazis hassen!— Stefan H. born at 322 ppbV (@s1t9ef6a7n) September 20, 2021
Ich verstehe deinen Hass und teile ihn. Auch meinen Großvater haben Nazis ermordet:
Er war Briefträger in Budweis CZ. Einer der Briefträger trug die Briefe nicht aus, mit denen d deutschen Besatzer Juden zum Abtransport beorderten.
Die Nazis haben sich nicht die Mühe gemacht, 1/2
— Tereza 🇩🇪🇨🇿🇪🇺🌍 (@Zvjedavaa) September 20, 2021
Ich verstehe deinen Hass und teile ihn. Auch meinen Großvater haben Nazis ermordet:
Er war Briefträger in Budweis CZ. Einer der Briefträger trug die Briefe nicht aus, mit denen d deutschen Besatzer Juden zum Abtransport beorderten.
Die Nazis haben sich nicht die Mühe gemacht, 1/2— Tereza 🇩🇪🇨🇿🇪🇺🌍 (@Zvjedavaa) September 20, 2021
herauszufinden, wer es war. Sie haben alle Briefträger dieses Postamts nach Theresienstadt und von dort weiter nach Auschwitz geschickt. Waren ja nur slawische Untermenschen.
Den Todeszeitpunkt meines Großvaters haben sie mit deutscher Gründlichkeit auf die Minute festgehalten.
— Tereza 🇩🇪🇨🇿🇪🇺🌍 (@Zvjedavaa) September 20, 2021
herauszufinden, wer es war. Sie haben alle Briefträger dieses Postamts nach Theresienstadt und von dort weiter nach Auschwitz geschickt. Waren ja nur slawische Untermenschen.
Den Todeszeitpunkt meines Großvaters haben sie mit deutscher Gründlichkeit auf die Minute festgehalten.— Tereza 🇩🇪🇨🇿🇪🇺🌍 (@Zvjedavaa) September 20, 2021
Danke!
Es müssen alle demokratischen Kräfte konsequent gegen diese neuen Faschisten vorgehen.
Eine falsche Toleranz, wie sie die konservativen Parteien zeigen, hat auch damals ins Verderben geführt.
— Hartmut Görtner (@GortnerHartmut) September 21, 2021
Danke!
Es müssen alle demokratischen Kräfte konsequent gegen diese neuen Faschisten vorgehen.
Eine falsche Toleranz, wie sie die konservativen Parteien zeigen, hat auch damals ins Verderben geführt.— Hartmut Görtner (@GortnerHartmut) September 21, 2021
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit! Zum Abschluss haben wir noch das hier für euch verlinkt: