Thread: Ein ergreifender Bericht aus Wien
Immer wieder teilen Menschen auf Twitter ihre ganz persönlichen Erlebnisse mit einer breiten Öffentlichkeit. Ganz egal, um welches Thema es sich dabei handelt. Hier folgt nun eine Geschichte aus Wien, die aufzeigt, dass Vorurteile häufig völlig daneben liegen.
Der Thread aus Wien:
https://twitter.com/zarkojank/status/1067360994261909506
Soweit alles normal für eine Wiener Nacht. Der Typ neben mir geht aufs WC und am Rückweg direkt zum „Sandler“ hin, kniet sich zu ihm und redet kurz irgendwas. Leute gehen vorbei, denken wohl – wie ich – Ah, na serwas, was will der von dem Sandler?? 2/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Dann kommt er wieder zurück und sagt „Bruder, er sagt, er braucht Rettung. Er sagt, Bein kaputt“. Ich denk mir immernoch „Oida, bitte, so ein Scheiß jetzt mit dem total waachgesoffenen Penner iwas diskutieren“, gehe aber mit, um mal zu schauen. 3/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Stellt sich heraus, dass der Typ sich das verdammte Bein gebrochen hat, ohne Jacke daliegt und komplett unkontrolliert am Zittern ist. Ich iwie noch immer im „Na serwas, habe d’Ehre das schaut schlecht aus“-Modus, hat der andere schon die Jacke ausgezogen. 4/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Schwer zu beschreiben, wie liebevoll dieser 20-Jährige den Typen zugedeckt hat mit seiner Jacke. Ohne eine Sekunde zu zögern. „Mann braucht Hilfe“. Während ich mit seinem Handy die Rettung rufe, holt er 20 Zeitungen ausm Ständer und legt sie dem Patienten unter den Kopf. 5/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
15 Minuten Zeit, auf die Rettung zu warten. „Keine Arbeit, Scheiße“, sagt er. „Mhm, gschissn grissn“, denke ich. Dann kommt die Rettung. Ich mein, jeder kennt es und sie haben echt einen zaachen Job, aber grad dass sie den Afghanen nicht direkt angefuckt haben. Super ungut. 6/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Als ich dann den Mund aufgemacht und die Lage beschrieben habe, hat sich die Situation sofort entspannt. Wohl weil ich mehr als „Mann braucht Hilfe“ sagen kann. Die haben den Typen dann ins Auto gewuchtet (Bein total im Arsch einfach) und haben weiß Gott was mit ihm gemacht. 7/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Der Refugee-Kollege hat dann die Zeitungen noch in den Ständer zurückgeräumt. Da musste ich fast lachen vor lauter Wut auf mich selbst. Bin ich echt schon so abgestumpft, dass ich auch an dem Mann vorbeigerannt wäre? Was is los mit dieser Stadt, frag ich mich. 8/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Es muss ausgerechnet so ein Afghane daherkommen. Ausgerechnet einer dieser scheiß Messerstecher, wo man sich als Zeitungsleser eher Sorgen macht, wenn man sie betrunken nachts am Gürtel trifft. Ausgerechnet der ist der einzige, der sich Zeit nimmt, dem Mann mal zuzuhören. 9/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Und er ist auch der einzige, bei dem sich jeder sofort denkt „Heast will der jetzt den Sandler ausrauben oder was?“. Es ist alles eine fucking Schande, irgendwie. Ich schäm mich noch immer. Nicht für Österreich, sondern für mich selbst. 10/
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Naja, Abend war jedenfalls ganz lustig so im Allgemeinen. Haben dann Nummern ausgetauscht, vielleicht gehen wir einmal ein Bier trinken. Achso, geht ja nicht, der verdammte Moslem trinkt ja nicht, hat er gesagt. Der Kickl soll ihn holen. 11/11
— euer žarko (@zarkojank) 27. November 2018
Andere User reagieren und haben Fragen:
Super Thread. Danke. Gänsehaut. Mein ich ernst
— Eugen K. (@eugilicious) 27. November 2018
Sorry. Eine Frage. Was war mit der Rettung, warum haben die den so angefahren?
— Eugen K. (@eugilicious) 27. November 2018
https://twitter.com/zarkojank/status/1067375764331524097
Danke für das Teilen deines Erlebnisses, ich kenne ähnliche Begebenheiten. Gerade, die, die ständig als kriminell verunglimpft werden, sind oft jene, die als erstes Hilfe leisten.
— Silvia Brejcha (@SilviaBrejcha) 27. November 2018
https://twitter.com/zarkojank/status/1067391288398544896