Laut Statistischem Bundesamt haben die gewerblichen Schlachtbetriebe in Deutschland im Jahr 2019 knapp 60 Millionen Schweine, Rinder, Schafe, Ziegen und Pferde geschlachtet. Einschließlich des Geflügels erzeugten die Betriebe so insgesamt 8 Millionen Tonnen Fleisch.
Die Coronakrise legt nun die sozialen und ethischen Schwachstellen offen, die in Betrieben wie Tönnies zum Standard geworden sind: Leiharbeit und Werkverträge. Fleisch ist zu einer Art Ramschware geworden, Tier- und Menschenwohl werden dafür hinten angestellt. Hauptsache, das Kilo Hack kostet weiter 1,99 Euro. Von dem CO2-Ausstoß der gesamten Fleischindustrie wollen wir gar nicht erst anfangen.
Nun muss bzw. soll hier niemand gezwungen werden, seine Ernährung von heute auf morgen komplett auf vegetarisch oder vegan umzustellen. Es reicht schon, wenn man anfängt, seinen Fleischkonsum zu reduzieren und auf regionale Bio Produkte zurückgreift. Da es aber noch nie so einfach war, sich fleischlos zu ernähren, wollen wir zumindest aufzeigen, welche Alternativen ihr probieren könnt. Der Graslutscher hat darüber diesen wunderbaren Thread geschrieben.
Liebe FleischesserInnen, good news:
Solltet ihr euch jetzt gerade über den Tönnies-Konzern ärgern und würdet daraus gerne Konsequenzen ziehen, ohne gleich zu VegetarierInnen zu werden: Da gibt es im Westeuropa des Jahres 2020 einige wunderbare Optionen:
(Mini-Thread)
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Gerade die Billigprodukte sind ja meist nicht mehr als gewürzter Proteinbrei mit oder ohne Panade. Für das Geschmackserlebnis müsst ihr keinen Metzger mehr beauftragen. Klar, ein Rumpsteak oder Medaillons sind auch eine Frage der Konsistenz, das gibt es (noch) nicht aus Seitan.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Aus Sicht des Tierschützers sage ich: Guckt doch einfach, ob euch davon irgendwas schmeckt und bei Sorten, für die ihr nichts findet, esst ihr weiter Fleisch. Aus Sicht des Tierrechtlers würde ich mir selbst widersprechen und ein verwirrendes Zwiegespräch führen, aber die Stimme
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
mute ich hier einfach mal. Würden alle FleischesserInnen in Deutschland ihren Konsum um nur 10% reduzieren, entspräche die reduzierte Menge Fleisch derselben, als wenn 7 Millionen Deutsche zu VegetarierInnen würden. Herr Tönnies würde das wohl nicht sonderlich gefallen 🙂
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Ihr wollt ja nicht wissen, was für schlimme Wurst-Experimente ich mir Anfang der Nullerjahre auf den Grill gelegt habe, nachdem ich dem Fleisch abgeschworen hatte. Seltsam riechende Protein-Röhren mit der Konsistenz alter Knetmasse und dem Bratverhalten von Zigarettenfiltern.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Davon sind wir heute weit weg. Produkte, auf die auch meine Fleisch essenden Freunde schwören, weil man die exakt so zubereitet wie das tierische Original, sind:
(unbezahlte Werbung folgt)
1. Veggiehack
2. Burgerpatties
3. Panierter Kram wie Nuggets und Schnitzel
4. Aufschnitt— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
1. Mit Veggiehack kann man kaum vom Original unterscheidbare Bolognese machen, Chili sin Carne, oder deftige Kohlpfanne.
Das linke gibt es bei Rewe und Tegut, kostet etwas über 3 Eur, weil es schon mariniert ist, das von Rügenwalder ist etwas günstiger, aber auch empfehlenswert. pic.twitter.com/9TGsf6XeDy
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
2. Burger
Ja, kennen ja heute die meisten. Beyond Burger, Incredible Burger oder der Wonder Burger von Aldi – packt da einfach ein paar Zwiebeln, Gürkchen, Tomaten, Senf, Ketchup und so dazu, und dann ist das Patty selbst sowieso nur ein kleiner Teil des Geschmacks. pic.twitter.com/XFtkvfiLNu
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
3. Panierter Kram:
Die Nuggets von Vegetarian Butcher, yeah im Quadrat! Richtig bissfest, da vermisse ich gar nichts. Das Like Meat-Zeug ist sowieso fast immer gut und meine Kinder und deren Besuch lieben die Fake-Fischstäbchen. pic.twitter.com/LVdxn4LYvy
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
4. Aufschnitt
Es gibt hunderte Produkte. Meine Tochter mag tatsächlich am liebsten die ganz linke Sorte auf dem Bild von Aldi, aber da sind die Geschmäcker erfahrungsgemäß am unterschiedlichsten.
Wir mussten uns durchprobieren und auch viele als eklig verwerfen. pic.twitter.com/RlU2yQRHpE
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Ich bekomme von den Firmen nichts dafür, dass ich sie hier nenne. Es geht mir nur darum, Menschen mit Interesse an Veränderung ein paar hilfreiche Tipps zu geben, denn davon profitieren wir am Ende ja alle. Ich hätte die dringend benötigt, um ein paar Grillunfälle zu vermeiden 😉
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Sollte euch jemand anmeckern, dass ihr aber doch auch Fleisch esst, dann sagt einfach, dass ihr keine Tierrechtler seid, sondern nur Clemens Tönnies ins Regal pinkeln wollt und es das Klima schont.
Das geht auch ohne philosophischen Überbau, der dem Veganismus halt innewohnt.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Nachtrag: Es gibt natürlich noch tausende Gerichte, die ganz ohne (Fake-)Fleisch auskommen. Linsensuppe, Pfannkuchen, Erbseneintopf, Bratkartoffeln whatever.
Mir persönlich hat beim Umstieg halt der Biss in einen festen Proteinlappen gefehlt, und das kann man leicht adressieren.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Nachtrag 2: Weil jetzt mehrere Leute nach Speck gefragt haben: Dafür eignet sich Räuchertofu ganz hervorragend. Einfach klein würfeln und in Öl braten, dann ist das mega und gibt eine herzhafte Note.
Hier bereite ich das zu: https://t.co/reslOfSI1n
Mein Favorit von Aldi: pic.twitter.com/U1myqdqhOr
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
Wow, was eine großartige Resonanz. Vielen Dank für die vielen Tipps und Ratschläge, aber ganz besonders für die vielen Absichtsbekundungen, davon mal was auszuprobieren.
In dem Thema steckt wohl viel mehr Konsens als knallige Artikel über den „Vegan-vs.-Fleisch-Krieg“ behaupten🖖— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 22, 2020
8000 Likes, seid ihr verrückt? 😄
Okay, Nachtrag zu den häufigsten Fragen: Ja, es gibt solche Produkte mit Zusatzstoffen. Aber auch ohne. Ein wissenschaftlicher Vergleich, welche Produkte dadurch ernährungsphysiologisch wie gut abschneiden, ist dieser:
https://t.co/izdletZbr3— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 23, 2020
Und nein, für Veggieprodukte braucht man nicht mehr Energie als für echtes Fleisch. Im Gegenteil, man benötigt viel weniger Pflanzen (Futter) und spart dadurch viele Ressourcen ein.
Ja, die Alternativprodukte sind unerwartet teuer. Darauf zahlt ihr aber auch 19% Umsatzsteuer,— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 23, 2020
auf echtes Fleisch nur 7 %. Futtersoja ist zudem eher preiswertes GMO-Soja aus Südamerika, die Veggieprodukte haben hingegen oft Bio-Qualität. die Schlachtkonzerne beschäftigen Menschen ohne Arbeitnehmerrechte, das ist halt preiswert.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 23, 2020
Und nein, Fleisch, das nicht gekauft wird, kann nicht einfach exportiert werden. Auch im Ausland sind Märkte irgendwann gesättigt, zudem erzielen die Hersteller dort nicht dieselben Preise und müssen Transportkosten einkalkulieren. Die EU gibt Mio € für die Lagerung von Milch-
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 23, 2020
pulver aus, weil davon viel zu viel produziert wurde. Das kann nicht einfach so exportiert werden.
Und für alle, die eine Sojaallergie haben: Die Produkte von Wheaty sind (wie der Name schon sagt) aus Seitan hergestellt, vielleicht werdet ihr da fündig:https://t.co/ijAsCYtDjW
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) June 23, 2020