#Homeschooling-Thread: Ich bin Lexa, 12 Jahre alt und besuche ein Gymnasium in Sachsen …
Der Umgang mit Schulen in der Pandemie ist schon seit Monaten umstritten. Nach dem milden Sommer mit erwartungsgemäß niedrigen Infektionszahlen hatte man mit Eintritt in die kühle Jahreszeit den starken Eindruck, die Kultusminister hätten in den vergangenen Monaten ihre Hausaufgaben vernachlässigt. Denn wie von allen seriösen Experten vorhergesagt, begannen mit sinkenden Temperaturen die Fallzahlen in ganz Deutschland zu steigen. Und während man zu Beginn der Pandemie noch behaupten konnte, dass Kinder und Jugendliche nicht nur höchst selten erkrankten, sondern auch kaum zum Infektionsgeschehen beitrügen, war die Forschung inzwischen zum Ergebnis gekommen, dass Kinder sehr wohl als Überträger eine entscheidende Rolle spielen! Doch statt digitaler Konzepte, medialer Lösungsmodelle und technischer Aufrüstung, um Schulen über den Winter nicht in vielköpfige Petrischalen zu verwandeln, bestand die von den Kultusministern vorgegebene Taktik darin, alle 20 Minuten die Fenster zum Lüften zu öffnen!
Ende des vergangenen Jahres wurde es dann völlig absurd. Die Infektionszahlen schossen in die Höhe, während Schülerinnen und Schüler allerorts mit Decken in die Schulen eilten, weil man entweder nicht willens oder nicht in der Lage war, vom Präsenzunterricht abzukehren. Im Gegenteil, während die Vorschriften für Privathaushalte gefühlt wöchentlich angezogen wurden, blieb in den Schulen alles beim Alten. Kinder durften also vormittags zusammen in einem Klassenraum sitzen, konnten sich aber nachmittags nicht auf dem Fußballfeld treffen. Und unter all die Beteuerungen, man hätte die Sorge, Schülerinnen und Schüler sei eine Schließung der Schulen nicht zuzumuten, mischte sich immer stärker der fade Beigeschmack, dass sie eigentlich nur beschäftigt werden sollen, damit Mama und Papa zur Arbeit gehen können.
Inzwischen sind die Schulen geschlossen und Homeschooling bzw. Distanzunterricht stehen an der Tagesordnung. Doch damit sind die Probleme nicht gelöst. Denn wie für die Personengruppe üblich wird auch derzeit wieder sehr viel über Schülerinnen und Schüler gesprochen, aber sehr wenig mit ihnen! Umso interessanter ist der Thread der zwölfjährigen Lexa aus Sachsen. Sie nutzt den Twitter-Account ihrer Mutter @Soul_for_Sale für einen Rant über das gegenwärtige Homeschooling-Modell ihres Gymnasiums. Vielen Dank für diesen Einblick, Lexa!
Hallo ihr da draussen. Ich bin Lexa, 12 Jahre alt und besuche ein #Gymnasium in #Sachsen. Und das hier ist ein #rant über #Homeschooling 🤬. Meine Mum gibt mir dafür ihren Account, damit ich das mal loswerden kann was mich bewegt.#BildungAberSicher
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Womit soll ich anfangen? #Lernsax ist unzuverlässig. Die ersten paar Tage kam ich nur unregelmäßig rein, es nervte einfach nur, immer und immer wieder stürzt das System ab oder ist überlastet. Die Lehrer kennen sich damit scheinbar noch weniger aus als wir Schüler.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Nach dem ersten Lockdown hätte man das im Computerkabinett der Schule gemeinsam üben können, denn jeder wusste, dass eine zweite Welle kommt und damit auch ein neuer Lockdown (auch wir Kinder wussten das!) Aber nein, stattdessen haben wir irgendwelchen Schnulli in PC gemacht.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Offenbar sind unsere Lehrer auch nicht geschult, sich mit den neuen Medien auseinanderzusetzen, teilweise sind sie sogar richtig technikfeindlich und weigern sich, online irgendwie präsent zu sein. Deshalb haben wir auch keine Zoom-Meetings oder ähnliches.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Begründung der Lehrer: das würde ja ihre Privatsphäre verletzen, wenn sie von zuhause aus Unterricht machen würden. Und sonst müssten sie ja jeden Tag in die Schule fahren. 🤬 Wir hatten während der gesamten Zeit nicht ein einziges Online-Meeting oder einen Chat. 😭
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
In der ersten Welle hatten wir die Schulwebseite, da wurden nach Stundenplan des entsprechenden Tages die Aufgaben veröffentlicht, die man erledigen sollte. Was Lehrer nicht beachten: wir brauchen für den Stoff viel länger, wenn wir ihn uns selbst erarbeiten müssen als wenn
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
ein Lehrer da ist, der ihn uns erklärt und der auch sehen kann, wenn wir dasitzen und etwas nicht gleich kapieren. Jetzt haben wir nicht mal mehr das, wir müssen in das blöde #Lernsax und schauen, ob dort jemand etwas für uns hinterlegt hat. Die Lehrer sind technisch überfordert.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Da wird für PC ein Link eingestellt, auf den wir klicken sollen um etwas zu programmieren, aber der Link funktioniert gar nicht. Dann meldet man das an den Lehrer und kriegt tagelang keine Antwort. Aber man soll das ja abliefern. Also hat man Druck, weil das nicht geht.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Manche Lehrer wissen nicht mal, dass man PDF bearbeiten kann, und so schicken sie uns immer fotografierte Seiten (Arbeitsblätter), die wir dann ausdrucken, mit der Hand ausfüllen und dann wieder einscannen oder abfotografieren und dann zurückschicken müssen.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Überhaupt ist es nicht in Ordnung, dass die Lehrer einfach voraussetzen, dass jeder von uns alles zuhause hat, was man für die Aufgaben braucht – einen PC oder Laptop, Drucker, Scanner, Toner, Papier, Internet, irgendwelches Zeug für „Bastelprojekte“, bestimmte Programme.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Nicht jeder hat kostenpflichtige Programme wie EXCEL zuhause auf dem Computer! Das wird aber einfach vorausgesetzt – niemand hat uns oder unsere Eltern mal gefragt, ob jemand da technisch nicht ausgestattet ist. Ich weiß, dass es Open Office gibt, aber es gibt auch
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Klassenkameraden, die haben manche Sachen einfach nicht wie z.B. ein Handy, um sich wenigstens untereinander per whatsApp zu helfen. Die Schule kommuniziert überhaupt nicht mehr mit uns. Wir werden total allein gelassen.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Gestern (!) haben meine Eltern die erste Elterinformation des Jahres bekommen, wir wurden nicht mal erwähnt, es ging nur um die Verschiebung der Ferien und um die Abschlussklassen. Die meisten Lehrer schreiben kein einziges persönliches Wort, schicken nur:
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
„LB. S. sowieso Nr. sowieso, Abgabe bis Freitag 14:00 Uhr“ und das wars. Wenn man fragt, wann die Arbeiten ausgewertet werden heisst es „Das machen wir später!“ Ja wann denn? Wenn die Schule wieder aufmacht werden wir wohl kaum die Aufgaben der letzten Monate auswerten, dann wird
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
einfach im neuen Stoff weitergemacht. Wenn wir keine Fragen stellen gehen die Lehrer davon aus, dass wir alles verstanden haben – die Lehrer selbst fragen NIE nach! Wenn man eine Frage hat, ist kein direkter Ansprechpartner da. Nur die Eltern, aber die wissen auch nicht alles!
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Bei manchen Kindern können die Eltern aber nicht helfen, z.B. weil sie arbeiten sind oder die Fragen selbst nicht verstehen. Oder weil sie z.B. kein Russisch oder Englisch können. Ist ja prima, dass wir neue Vokabeln lernen aber uns niemand sagt, wie wir sie richtig aussprechen.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Wir wissen auch nie, ob die abgesendeten Aufgaben auch wirklich angekommen sind, deshalb haben wir Druck, weil: Aufgabe nicht gesendet kann eine 6 für nicht erledigte Aufgabe bedeuten. Das macht uns Angst! Auch stimmen Lehrer sich nicht untereinander ab.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Manchmal bekommen wir auf einen Schlag einen Berg Aufgaben von verschiedenen Lehrern und müssen alles am selben Tag abliefern. Manchmal schicken Lehrer ihre Aufgaben erst am Freitag Abend, obwohl wir Dienstag und Donnerstag Unterricht gehabt hätten.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Es ist auch kein „Distanzunterricht“, wenn man als Lehrer einfach nur schreibt: Erarbeite dir den neuen Stoff“ statt ihn irgendwie zu erklären.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
Und die Lehrer scheinen auch nicht zu wissen, dass wir AUCH Sozialkontakte brauchen und uns mal sehen wollen, und wenn es nur über ein Zoom-Meeting wäre!
Es läuft alles genau so schlecht wie in der ersten Welle und ich bin echt sauer!— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021
@MPKretschmer Sie sind dran.
— Soul_for_Sale (@SoulforSale4) January 13, 2021