Thread: Wir wollen ihn nicht immer sofort hochnehmen, wenn er schreit
Man braucht in Deutschland einen Führerschein, um ein Auto zu steuern, aber man kann ohne jede Qualifikation Eltern werden. Das ist natürlich überspitzt formuliert, aber es enthält ein Körnchen Wahrheit. Natürlich gehört es zu den Errungenschaften unserer modernen Gesellschaft, dass es kein elitäres Privileg ist, Kinder großzuziehen. Zudem kann man es als Fortschritt bewerten, dass es den Müttern und Vätern obliegt, ihrem Nachwuchs die ihnen wichtigen Werte zu vermitteln und eben nicht irgendeine staatlich orchestrierte Propaganda. Und doch muss man festhalten, dass nicht alle Eltern auf dem neuesten Stand der Erziehungswissenschaft sind. Oder zumindest gut beraten.
Denn auch in Sachen Erziehung durchschreiten Gesellschaften eine Entwicklung. So wie es eben irgendwann einmal als normal galt, Kinder mit körperlicher Züchtigung gefügig zu machen, so unvorstellbar ist diese Maßnahme heute. Zum Glück. Doch auch andere Erziehungsstandards sollte man dringend überdenken und durch moderne, kindgerechte Methoden ersetzen. Aber wie vermittelt man Eltern diese, ohne sie zu bevormunden, zu überfordern oder ihre Überzeugungen anzugreifen? Einen guten Weg hat die Hebamme und Twitteruserin @Isipeasy1304 gefunden.
Heutiger Hausbesuch.
„Weißt du, wenn er satt und gewickelt ist, wollen wir ihn nicht immer sofort hochnehmen wenn er weint“
Uff, ok.
Ich seufze und lächle. Seh wie müde sie beide sind. Bestärke sie und lobe was sie alles gut machen, und das ist viel. 1/— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 12, 2023
Dann erzähl ich ein bisschen über Grundbedürfnisse, und Urvertrauen, ganz locker mit viel positiver Energie. Erzähle dass das erfüllen von Grundbedürfnissen intelligent macht, weil das Kind in Sicherheit Glücksgefühle ausschüttet. 2/
— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 12, 2023
Ein Kind, welches alleine weinen muss, schüttet Stresshormone aus – nicht gut für die Gehirnentwicklung. Dann noch ein paar Sätze zu sicherer Eltern-Kind Bindung, wie sehr man in harten Phasen davon profitiert, Trotzphase, Pubertät.
— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 12, 2023
Und wie schnell es einfach vorbei geht, vor allem das erste Jahr.
Ich weiß, es ist irre anstrengend. Hab noch ein bisschen Eltern – Paar Coaching gemacht, Vortrag über Selfcare – später ( gut auf sich selbst achten ist fast der wichtigste Punkt im Elternsein) es ratterte— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 12, 2023
Bei beiden … Mama hat Baby im Arm, sagt „ ich bin immer da und passe auf dich auf“ ich bestärke nochmal, weise daraufhin dass niemand fehlerfrei ist, sie sich Zeit lassen sollen um in die Elternrolle hineinzuwachsen. Sie lächeln müde und dankbar. Bis nächste Woche 😃👋🏻
— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 12, 2023
So reagieren andere Userinnen und User:
Um es klar zu sagen: Hier geht es nicht um Eltern-Bashing! Lasst uns davon ausgehen, dass alle Väter und Mütter das Beste für ihren Nachwuchs möchten. Und niemand hört (s)einem Kind gerne beim Schreien zu. Man kann sich also vorstellen, wie stark tradierte Erziehungsnarrative wirken müssen, um Eltern zu vermitteln, es wäre der richtige Weg, Säuglinge schreien zu lassen, um ihnen ein bestimmtes Verhalten ab- oder anzutrainieren. Man kann diesem Umstand mit verständlicher Wut begegnen und sich moralisch darüber erheben. Doch was würde das nutzen? Wer Menschen wirklich abholen und die Situation für Kind und Eltern verbessern möchte, muss ihnen auf Augenhöhe begegnen. Wie gut dies der Thread-Autorin gelungen ist, wird auch von den Leserinnen und Lesern gefeiert.
Würde sicher auch mit 20 noch guttun
Ich sehne mich manchmal in die Zeit zurück, als es noch so einfach war, meine Kinder zu beruhigen, indem ich sie einfach auf den Arm genommen habe.
— Dr. Anna Steinmetzer 🇺🇦 (@SteinmetzerAnna) March 13, 2023
Genau 😅 wenn sie dann mit 20 kiffend Auto fahren wäre man um solch eine Lösung sehr dankbar 😎
— prof.Babycatcher (@Isipeasy1304) March 13, 2023
Warum tut man das einem Kind an?
Ich frage mich echt besorgt, was das „wegschreien“ in meinem Gehirn angerichtet hat. Mutter hat immer stolz erzählt, dass sie mich hat schreien lassen bis ich „weg“ war. Also ruhig. 🥺
— Kat- hopeful ☻️ (@KSteenbock) March 13, 2023
Kann ich dir sagen:
Du hast ein Bindungstrauma erlitten und nimmst Nähe vermutlich als etwas wahr, was dich umbringen wird.
ADHS/ Hochbegabung / Narzissmus sind auch wahrscheinlicher.
— Die Hausherrin der Hölle (@DieHausherrin) March 13, 2023
Jepp. Exakt. Aber sowas von. Respekt für die Diagnose.
— Kat- hopeful ☻️ (@KSteenbock) March 13, 2023
Alle Eltern müssen da durch
Bin selber vor 5 Monaten erst Papa geworden. Ich muss zugeben es ist sehr anstrengend und ermüdend, aber man muss sich immer ins Gedächtnis rufen. Der kleine Wurm kann sich garnicht anders ausdrücken. Hab sowas ständig gehört. „Auch mal schreien lassen“ hab mich mit meiner 1/2
— Couple_Playground (@PlaygroundCoupl) March 13, 2023
Frau darüber ausgesprochen, das wir das alles so machen wie wir das für richtig halten und wie sich das für gut anfühlt. Hat gedauert, aber die Großeltern/ Tanten und andere Verwandte haben das so langsam verstanden. 😊 Bin sehr froh bei sowas auf das Bauchgefühl zu vertrauen.
— Couple_Playground (@PlaygroundCoupl) March 13, 2023
So erreicht man die Menschen
Wow,wie toll du das rüberbringst ohne sie zu kritisieren oder zu verunsichern.
Sollte es viel mehr geben. Egal wieviel Kinder man hat, es tut immer gut positive Bestätigung und konstruktiven Rat zu bekommen finde ich
❤️
— Barfußmama (@F4y3M14) March 13, 2023
Ach wie schön, so sollte es sein. Lehren aber nicht belehren. Hinhören und zugewandt. Wunderbar. Danke dafür!
Und alles ohne Schuldzuweisungen!❤️❤️❤️— SarahKA (@SarahKA66685732) March 12, 2023
Seid ihr bereit, eure eigenen Erziehungsnarrative zu überdenken?