Thread: Wie es im Sommer ist, MS zu haben
Multiple Sklerose (MS) ist neben der Epilepsie eine der häufigsten neurologischen Krankheiten bei jungen Erwachsenen.
Die „Krankheit mit tausend Gesichtern“ ist nicht heilbar, führt jedoch entgegen der weit verbreiteten Ansicht nicht immer sofort zu schweren Behinderungen. Es handelt sich um eine autoimmune, chronisch-entzündliche Erkrankung, die verschiedene Verlaufsformen hat. Auch viele Jahre nach Beginn der Krankheit bleibt die Mehrzahl der Patienten aber mobil und die Symptome sind nach außen eher unsichtbar. Was es bedeutet, MS zu haben und was der Sommer damit zu tun hat, das erklärt euch nun die Userin @SrUnbequem in dem folgenden Thread.
Ich gebe dem ja hier nur ganz ganz selten Raum, aber ich möchte euch mal erzählen wie es ist MS zu haben und den Sommer zu lieben aber auch gleichzeitig zu hassen.
Thread!
Es ist heiss, alle freuen sich, Sommer, Sonne, Sonnenschein!
MS Patienten selten …
— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Schuld ist etwas, was Uhthoff-Phänomen heißt!
Platt heißt das: Verschlimmerung aller bestehenden & alten Symptome durch Hitze.
Auch “Pseudoschübe” genannt.
Die meisten von uns haben coping Strategien dafür.
Mal geht es gut, mal leider nicht.— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Ich habe gestern den Tag genossen, dachte ich passe auf.
Kühler Pool, Sonne, kühler Pool, Sonne usw.
tja, denkste!
Heute fühle ich mich als wenn mich ein Traktor überfahren hat.
Die Fatigue hat mich im Griff, kann kaum wach bleiben.— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Der linksseitige Visus von 5-10% ist jetzt auf 0. Ich sehe de facto nichts mehr auf dem Auge.
Der Rumpf rechts ist ebenfalls komplett taub.
Ich weiß, dass das reversibel ist und morgen wieder weg ist.
Aber das sind Tage wo ich einfach schlecht drauf bin— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Wo ich nicht funktioniere und wo ich, auch wenn’s egoistisch ist, ein einziges Mal Verständnis verlange.
Das passiert leider nicht.
“Hab dich nicht so”
“Ist ja morgen wieder weg”
“Alles KopfSache”
“Jetzt mach schon”— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Die Vierjährige versteht es erst recht nicht.
Und man fragt sich wirklich ganz oft, ob man sich anstellt, zumzickt, nicht genug dafür tut das auszuhalten, sich einem Hirngespinst hingibt.
Man zweifelt an sich.
Das ist nicht schön.— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
MS verändert einen. Ob man das will oder nicht.
Es passiert einfach.
Und trotz des Mimimi muss ich irgendwie aufraffen weil es keine Zeit für Ruhe gibt, weil mir der Raum dafür nicht gelassen wird, weil man es nicht versteht.— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Jedes Gipsbein ist akzeptierter als etwas was man nicht sieht.
Also:
Wenn ihr MSler im Freundeskreis habt, akzeptiert bitte wenn sie sagen (auch sehr spontan) das sie heute nicht können. Wir brauchen nicht noch ein schlechtes Gewissen.— SchwesterUnbequem (@SrUnbequem) August 9, 2020
Das sagen andere User:
Meine Freundin hat auch MS und geht sehr offen damit um. Das hilft uns, Verständnis zu haben und Hilfe anzubieten.
Leider ist es ein wenig angesprochenes Thema, obwohl die Krankheit verbreitet ist, daher ist es gut und wichtig, dass Du es ansprichst.
Alles Gute für Dich 🍀— Simone 🐿️☀️❤️ (@simoen72) August 9, 2020
Danke fürs Teilhaben lassen. Habe mit einer lieben Kollegin 2 Jahre in einem Büro gesessen. Sehe sie jetzt so 2x im Jahr. Muss jedesmal heimlich Tränen runterschlucken. Rücksichtnahme als Erwachsener selbstverständlich. Für dich: 💙
— Sanni87 (@Sanni87Sandra) August 9, 2020
Empathie für sowas haben die wenigsten Unbetroffenen. Selbst, wenn sie im Familienkreis sind, oder mit betroffenen arbeiten. „Was man nicht sieht ist nicht da“ ist eine ganz falsche herangehensweise. Nimm dir die Zeit die du brauchst bzw dir nehmen kannst.
— Steph&Hilde (@Schinderrella) August 9, 2020