Thread: Warum es nervt, wenn Väter in Kinderbüchern so unfähig sind!
Wer gerne Romane liest, ist mit gewissen „Personen“ bestens vertraut: der lebensfremde Akademiker (häufig Historiker) mit der staubigen Bibliothek, die möchtegerncoolen Oberstufenschüler (gerne mit Kippe im Mundwinkel), die liebevolle Großmutter (Kittelschürze, Brille), der wortkarge Detektiv, die giggelnden Teenagermädchen (immer im Pulk)… Charaktere in Büchern sind oft stereotyp. Weil es einfach ist und funktioniert. Und, ehrlich gesagt, weil es unglaublich schwierig ist, einen Charakter zu schaffen, der mit den bekannten Mustern bricht und trotzdem greifbar und realistisch ist. Tatsächlich kennen wir die üblichen Stereotypen so gut, dass ein paar Stichworte reichen und jeder von uns hat sofort eine lebhafte Vorstellung im Kopf.
Diese überzeichneten Typisierungen beschränken sich keineswegs auf Krimis oder Liebesromane. Schon in Bilder- und Kinderbüchern werden die stets selben Muster bedient, insbesondere wenn es – direkt oder indirekt – um Geschlechterrollen und Berufe geht. Wer sitzt im Führerhaus des Krans auf der Baustelle? Wer steht in der Küche und kocht? Wer löscht den Hausbrand? Wer repariert das Auto? Wer erzieht das Kind im Kindergarten?
@FrauSchnecke liest mit ihrem Kind jeden Abend dieselbe Geschichte über einen Vater, der mit seinem kranken Kind überfordert ist. Warum das wenig mit der Realität zu tun hat und was sie daran ärgert, hat sie in einem Thread auf den Punkt gebracht.
„Väter sind unfähig“ Ein Thread.
Das Kind will jeden Abend dieselbe Geschichte hören.
Conni ist krank.
Zusammenfassung: Connis Mama ist Kinderärztin und muss zu einer Fortbildung. Papa passt derweil auf Conni und ihren kleinen Bruder Jakob auf und Conni wird krank.
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Papa muss also krankes Schulkind und lebhaftes Kleinkind rocken und macht das so semi gut.
An der Geschichte an sich und Conni Geschichten generell gibt es viel und auch teils berechtigte Kritik.
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Was mich extrem daran nervt ist, wie Connis Vater gezeichnet ist.
Connis Vater ist komplett überfordert mit zwei Kindern, eins davon krank.
Er ruft Oma an und fragt, wie man Wadenwickel macht und Oma kommt und kocht Hühnersuppe etc.
Weil Oma ja ne Frau ist. Die kann das.
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Der Kerl ist seit 6+ Jahren Vater.
Der WEISS wie man ein krankes Kind versorgt, weil es definitiv nicht das erste Mal ist, dass sie krank ist. Und es nervt mich maßlos, dass wir uns zwar auf der einen Seite hinstellen und sagen, wir Frauen müssen die Care Arbeit buckeln –4/9
— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Aber auf der anderen Seite stellen wir die Väter als komplett überforderte Nulpen hin.
Du bist ein Elternteil. Ob du n Penis oder ne Vagina hast ist in dem Moment kack egal. Und wenn dein Kind krank ist, weißt du was zu tun ist, ohne Mutti anzurufen herrgottnochmal!
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Väter emanzipieren sich, wollen mehr Verantwortung übernehmen und tuen das in den meisten Fällen auch großartig. Aber können wir bitte mal aufhören, sie als unzurechnungsfähig hinzustellen? Das ist ein Erwachsener, der nicht erst seit gestern Verantwortung für ein Kind hat.
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Als mein Kind 4 Jahre war, musste ich zu einem Kongress ans andere Ende von Deutschland. Als ich an kam, hatte sie 40Grad Fieber. Ich wäre am liebsten sofort umgedreht. Aber nicht, weil ich ihrem Papa das nicht zugetraut hätte, sondern weil ICH bei meinem Kind sein wollte
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Nicht EINEN Moment habe ich dran gezweifelt, ob ihr Papa (auch wenn wir nicht immer das beste Verhältnis haben) das wuppt. Es ist kein überforderter Teenie, sondern einer ihrer zwei Hauptbezugspersonen. Der macht das schon n paar Tage und das Kind war top betüddelt.
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— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Wir reden über Gendern bei der Bundeswehr, etc.
Aber können wir vllt mal aufhören, unseren Kindern schon vorzubeten, dass Papas nur arbeiten und reparieren können und sonst unnütz sind? Gleichberechtigung ist nämlich keine Einbahnstraße9/9
May the shitstorm begin.
— Frau Schnecke 🐌 (@FrauSchnecke) September 24, 2020
Das sagen andere User:
Word! Das Narrativ vom trotteligen Vater der nichts hinbekommt schadet am Ende allen. Vielen Vätern wird es absolut nicht gerecht, wenig engagierten dient es Vielleicht sogar als Rückendeckung (?), Müttern hilft es sowieso nicht. Es nervt!
— Feuilletine (@ItsFeuilletine) September 25, 2020
Als 3x Vater in meinem 3 Jahr Elternzeit bekommt man genau dieses Bild immer wieder ab..“wäre die Mutter jetzt hier würde das Kind nicht weinen“..“warum begleiten Sie und nicht die Mutter ihr Kind“..“denken sie die Eingewöhnung wäre mit Mutter nicht leichter“
— Amars90 (@Amars901) September 25, 2020
Ich hasse die Geschichte so sehr. Meine Tochter wollte sie immer wieder lesen. Aber ich hab davon leider Brechreiz bekommen. Wir sind dann übereingekommen, dass Connis Vater halt ein bisschen von gestern ist und dass wir froh sind, dass es bei uns anders ist.
— Kiki (@bettflusterin) September 25, 2020
Du hast so recht. Dieses Klischee des „Idiot Dad“ ist genauso schädlich, wie die stereotypen Frauenbilder. Ich bin sehr froh, dass ich zu jeder Zeit weiß, dass mein Mann alles genauso gut hinbekommt wie ich.
— MiRAbelle (@MamaSuiGeneris) September 24, 2020