Thread: Eine Ansage an alle Eltern
Der Computerspielemarkt hat sich in den letzten Jahren drastisch verändert. Und nein, wir reden hier heute nicht über grafische Fortschritte oder die neuesten Spielekonsolen. Gemeint sind Gamedesignansätze, die den Bereich der Monetarisierung betreffen. Denn ein Computer- oder Konsolenspiel kostet – mal abgesehen von der dafür benötigten Hardware – eben auch Geld, das nicht unbedingt alle Eltern ausgeben können oder wollen. Um ihre Spiele dennoch absetzen zu können und natürlich auch Geld damit zu machen, zauberte die Computerspielebranche das Konzept der Free-to-Play-Games aus dem Hut.
Obwohl den meisten von euch diese Spiele erst seit ein paar Jahren ein Begriff sein dürften, existieren sie schon seit Ende der 90er Jahre. Wenn man Demo- und Shareware mit einbezieht, sind die Wurzeln dieses Konzeptes sogar noch ein bisschen älter. Die Idee hinter Free-to-play (auch F2P genannt) ist einfach, aber genial. Die grundlegenden Inhalte eines Spiels können kostenlos genutzt werden. Der Hersteller verdient dabei entweder an geschalteter Werbung, die der Spieler kostenpflichtig entfernen kann, oder an kostenpflichtigen Zusatzangeboten, die dem Spieler Vorteile verschaffen und/oder individuelle Anpassungen erlauben. Das klingt zunächst einmal harmlos und verständlich, wäre da nicht die Gier des Menschen und sein Wunsch, mehr Geld zu scheffeln. Und so hat sich in den letzten Jahren in einigen Entwicklerstudios die Unsitte durchgesetzt, mit psychologischen Tricks und Programmierkünsten aus Free-to-play ein Free-to-pay oder gar ein Pay-to-win-Konzept zu machen. Was das bedeutet? Wenn z.B. das Startkapital, die Lebensenergie oder sonstige Ressourcen aufgebraucht sind, müssen Spieler entweder mit langen Wartezeiten leben oder eben bezahlen. Meist läuft dies über gekaufte In-Game-Währungen oder Lootboxen ab, mit denen der Spieler seine Ressourcen auffüllen oder wertvolle Gegenstände erwerben kann, mit denen er auf dem nächsten Level weiterspielen kann. Das Ganze geht mitunter so weit, dass die Level so schwierig werden, dass sie ohne Zusatzkosten gar nicht mehr gemeistert werden können. Das kostenlose Smartphone-Game wird so schnell zur Kostenfalle, auch weil viele Programmierer wissen, an welchen Codezeilen sie schrauben müssen, um den Suchtfaktor zu erhöhen. Dass Kinder dafür noch viel eher anfällig sind als Erwachsene, sollte jedem klar sein. Rainer Sigl hat deswegen auf Twitter diesen sehr wichtigen Thread geschrieben, den wir auf diesem Wege all unseren Lesern, die ebenfalls Eltern sind, ans Herz legen wollen.
Aus Gründen, Ansage an alle #Eltern mit Kindern, die #Videospiele spielen:
Wenn ihr für Spiele für eure Kids keinen Cent in die Hand nehmen wollt, spielen die halt kostenlos – den grindigsten Free-to-Play-Furz, der exakt dahin designt wurde, Suchtspiralen und Frust auszulösen.1/
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Das geht so: Gratisspiele, vor allem am Handy, verdienen Geld damit, dass sie ihr Publikum zuerst begeistern und dann frustrieren, damit es irgendwann doch noch bezahlt.
Eure Kids können nicht bezahlen? Dann werden sie euch nerven – oder – was schlimmer ist.. – 2/
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
… stundenlang dümmstes Kleingameplay abarbeiten, um doch weiterzukommen. Das nennt man „Grinding“ und damit tun sie genau das, was ihr nicht wollt: Dummes Klicken ohne Hirn und Ziel. Das ist Absicht, damit bezahlt wird. 3/
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Spiele, die Geld kosten – bei Mobile Games geht es da um 1 bis 5 Euro – sind hingegen anders designt: Die wollen Spaß machen und haben meistens sogar ein Ende!
Wer also seinen Kindern und sich selbst was Gutes tun will, nimmt ein paar Euro in die Hand. 4/
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Auf PC/Konsole ist es dasselbe: Statt den Kindern nur „Gratisspiele“ zu lassen, bezahlt ein wenig und haltet sie von den psychischen Manipulationen von F2P fern. Bietet gekaufte Alternativen an: Minecraft, Stardew Valley, Valheim, Splatoon, Sea of Thieves, was auch immer. 5/
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Klar: Wenn alle Freunde Fortnite und Apex spielen, ist das schwerer. Aber gerade bei jüngeren Kindern ist die bezahlte Alternative wichtig, damit die Kinder überhaupt einmal lernen, dass Spiele mehr sein können als das, was F2P bietet. Und die Eltern lernen das dann auch. 6/6
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Kleiner Nachtrag: Nicht alle Gratisspiele sind gleich, viele monetisieren sich verträglicher. Um zu erkennen, welche das sind, muss man sich aber damit beschäftigen.
Und: Bei Spielen, die sich via Werbung finanzieren, sieht das Kind dann halt endlos viel Werbung.
— Rainer Sigl (@rainersigl) March 1, 2021
Das sagen andere User:
Grundsätzlich ist natürlich festzuhalten, dass nicht alle F2P-Spiele automatisch schlecht sind. Es gibt auch viele Positivbeispiele. Das sahen auch einige andere User so und brachten gleich ein paar Vorschläge. Der wichtigste Punkt dabei ist aber natürlich, dass man sich immer damit auseinandersetzen sollte, was das eigene Kind da gerade daddelt oder daddeln will. Wer Alternativen anbieten kann, ist klar im Vorteil. Für den eigenen Geldbeutel empfehlen wir natürlich auch, In-Game-Käufe zu begrenzen oder gar zu unterbinden. Die treffendsten Antworten anderer User haben wir hier für euch zusammengetragen.
Meinen Kindern erklärte ich: Derjenige, der dieses Spiel macht, der arbeitet daran viel und lange. Und dafür muss er bezahlt werden. Wenn dieses Spiel nicht verkauft wird, sondern kostenlos ist, wie bekommt der sein Geld? Ist es dann nicht besser, wenn man direkt bezahlt? Easy…
— nyck (@nyck) March 1, 2021
Oh ja uns das nervt so dermaßen
Jedesmal zu erklären was an dem Spiel schlecht ist obwohl der Cousin es auch spielt und es so viel Spaß macht. Und das ich gerne auch Geld ausgebe für ein Handy/Tablett spiel— E3 (@e3oderso) March 1, 2021
Als ich Kind war (späte 90er, frühe 00er) konnte man Computerspiele in der Bibliothek ausleihen. Gibt’s das Konzept eigentlich noch?
— Rabengekraechz (@Rabengekraechz) March 1, 2021
In unserer Bibliothek haben die Spiele zum ausleihen für PS, XBOX und Nintendo. Für Nintendo sogar zusätzliche Hardware. Man muss sich teils in eine Liste eintragen, kann dann aber auch eine Konsole selbst leihen.
— patrice 👩💻💁♀️🤦♀️ (@patriceklohn) March 1, 2021
Jap, haben wir mit My little Pony Schieß mich tot bitter erfahren dürfen. Zu spät alle Rezensionen durchgelesen.
Eigentlich total das 08/15 Spiel, aber sie hatte ihren Spaß. Haben dann drüber geredet, dass wir lieber gemeinsam andre Spiele spielen!
Jetzt erfreuen wir uns an Alba!— lo0nymo0n 🕹 (@loonymoon) March 1, 2021
Leider wahr! Auch bei mir in der Verwandtschaft ein riesengroßes Problem. „Wie? Das kostet 50€? Viel zu teuer!“ Am Schluss sitzen die Kids vor dem letzten Schund …
— Snow (@steven53245941) March 1, 2021
Deswegen haben meine Töchter recht früh einen 3DS bekommen und immer wieder von mir kuratierte Spiele dazu. Die erkennen den Unterschied zwischen einem guten Nintendo-Spiel und F2P-Schrott.
— Mathias Klinkerfuß (@drklinkerfuss) March 1, 2021