Seehofer zur Lage in Moria: Deutschland nimmt 150 Kinder auf
Das griechische Flüchtlingslager Moria befindet sich im Landesinneren der Insel Lesbos, in der Nähe des Dorfes Moria. In dem für 2.800 Personen gedachten Lager lebten zwischenzeitlich bis zu 20.000 Menschen auf engstem Raum, zuletzt waren es knapp 13.000. Es ist Europas größtes Flüchtlingslager und gleichzeitig auch sein größtes Armutszeugnis. Es fehlt an ordentlichen Schlafplätzen, medizinischer Versorgung, sanitären Einrichtungen und Wasser.
Völlig isoliert, unter schlimmsten Bedingungen und zermürbt von der Perspektivlosigkeit, kam es in den letzten Monaten schon häufiger zu Zwischenfällen zwischen den Bewohnern und den Sicherheitskräften. Seit März warnen die Verantwortlichen und Helfer vor Ort, dass dem Camp der Kollaps drohe. Passiert ist nichts.
Auch gebrannt hat es schon öfter im Camp, in der Nacht zum Mittwoch allerdings haben die Flammen diesmal alles vernichtet, was da war. 12.600 Menschen sind nun komplett obdachlos, ohne Versorgung und schlafen seit fast 4 Tagen unter freiem Himmel. Eine Verbesserung ihrer Lage ist so schnell nicht in Sicht.
Nur 400 „Insassen“, wie sie die Bundesregierung nennt, sollen jetzt in der EU verteilt werden. Es sind unbegleitete Minderjährige. Maximal 150 davon nimmt Deutschland auf. Der Grund für die geringe Anzahl ist der gleiche wie auch schon in den Monaten zuvor, der eine Auflösung des Lagers verhindert hat. Keiner der EU-Mitgliedstaaten möchte Anreize schaffen, die einen Flüchtlingsstrom wie 2015 verursachen könnten. Stattdessen versteckt man sich hinter dem Konjunktiv und einer Worthülse, die eine glatte Lüge ist: Eine „Europäische Lösung“ solle her. Eine Lösung, die es so nicht gab und auch nicht geben wird, weil sich seit Jahren genug Staaten dagegen verweigern. Stattdessen überwerfen sich die verantwortlichen Politiker mit neuen Konzepten, schärferen Abschieberegeln und drängen auf den Bau größerer Auffanglager an den EU-Außengrenzen. Mit Humanität hat das alles nichts zu tun. Hier geht es nur um Abschottung.
Obwohl 170 Kommunen und Städte in Deutschland bereit wären, Flüchtlinge aufzunehmen, sperrt sich unser Innenminister Horst Seehofer (CSU) dagegen. Der zivile und politische Druck auf ihn wächst.
Wir haben uns auf Twitter umgesehen und die treffendsten Tweets der letzten Tage zusammengetragen.
#1:
Die neue EU-Flagge. Aus Gründen. #Moria #Seehofer
— extra3 (@extra3) September 9, 2020
#2:
Heute stellen wir 13.000 Stühle für 13.000 Menschen in Moria vor den Bundestag. Noch immer sind die Lager überfüllt und menschenunwürdig. Noch immer verweigert die Bundesregierung, dass Menschen dort angemessen geholfen wird. Wir haben Platz. #dreizehntausend #LeaveNoOneBehind
— Erik Marquardt (@ErikMarquardt) September 7, 2020
#3:
In Straßburg steht ein ganzes Parlament leer und kann ein paar 1000 Menschen aufnehmen.
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) September 9, 2020
Ich gebe meine beiden Büros dort jedenfalls für die gesamte Legislaturperiode gerne her!
Wäre das nicht was, @EP_President?#Moria #WirHabenPlatz
#4:
Nur mal so: Die Menschen in #Moria sind nicht seit gestern oder vorgestern obdachlos, sondern seit Monaten oder Jahren. Es ist kein Zuhause zerstört worden sondern ein Gefängnis. Und nicht der Brand ist die Katastrophe sondern dass dieser Hotspot existierte.
— Mario Neumann (@neumann_aktuell) September 10, 2020
#5:
Es ist Silvester. Eine fremde Person rennt mit Verbrennungen an der blutenden Hand die Straße entlang. Jeder normale Mensch würde helfen wollen + die Person direkt ins Krankenhaus bringen.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) September 9, 2020
Empathielose Arschlöcher fragen seelenruhig "Haben Sie den Böller selbst gebaut?" #Moria
#6:
Wir haben gesehen, was die Regierung in Zeiten der Krise möglich machen kann und wie schnell. Sie könnte das auch für die Menschen in Moria tun. Es sind 13.000, keine 80 Millionen.
— Alice Hasters (@alicehasters) September 9, 2020
#7:
Wie kann man weiter flüchtlingsfeindliche Politik machen und gleichzeitig so tun als sei man solidarisch und hilfsbereit?
— Tilo Jung (@TiloJung) September 10, 2020
Eine „europäische Lösung“ fordern (die es nie geben wird) #cdu #csu #moria
Lasst euch nicht verarschen.
#8:
Das seit Jahren überfüllte Flüchtlingslager Moria ist abgebrannt. Dort lebten zuletzt 12.600 Menschen bei einer Kapazität von 2800 Plätzen. Die EU hat sie im Stich gelassen. Die Pandemie hat die Lage verschärft. Das ist unmenschlich und eines Friedensnobelpreisträgers unwürdig.
— Nicht Chevy Chase (@DrWaumiau) September 9, 2020
#9:
— Der Gazetteur (@dergazetteur) September 9, 2020
#10:
Deal:
— Anwaltsgelaber (@anwaltsgelaber) September 10, 2020
Wir nehmen einfach alle 12.600 Flüchtlinge aus dem Lager Moria und dafür dürfen 12.600 Reichsbürger, die die BRD für eine GmbH halten, in einen Staat, den sie anerkennen.
#11:
150 hört sich erst mal wenig an. Aber wenn man genauer hinschaut, wird schnell klar, dass es sehr wenig ist.
— Peter Wittkamp (@diktator) September 11, 2020
#12:
#Seehofer will 400 unbegleitete Minderjährige auf 10 EU-Länder verteilen. Deutschland plant, etwa 100-150 aufzunehmen.
— Sea-Watch (@seawatchcrew) September 11, 2020
Dabei spricht er von einer „humanitären Leistung“.
Das ist peinlich und weit weg von genug.#WirHabenPlatz #LeaveNoOneBehind
#13:
Bundesinnenminister Horst #Seehofer sagt, für die Menschen auf Lesbos sei das Wichtigste die Hilfe vor Ort.
— ZDF heute-show (@heuteshow) September 11, 2020
Was er wirklich sagen will: Das Wichtigste ist, dass sie nicht zu uns kommen.
#14:
Bin mir ziemlich sicher, dass #Seehofer 150 pro Tag meinte. Alles andere wäre ja krass unmenschlich für ne Partei, die ein C im Namen trägt.
— Volkmann ▲ (@garafat87) September 11, 2020
#15:
Flüchtlinge in Moria wünschten, sie wären gotische Kathedrale #Moria #NotreDame https://t.co/CQbeNTYNkr
— Der Postillon (@Der_Postillon) September 9, 2020
#16:
Bin wütend. #moria
— Erik Marquardt (@ErikMarquardt) September 10, 2020