Thread: Warum die Schneemassen derzeit ein Problem sind
Warum ist Schnee im Winter ein Problem? Viele haben diese Woche den Kopf geschüttelt, weil das Wort Schneechaos von Politik und Medien in den Fokus gerückt wurde.
Die ARD widmete dem Schneetreiben sogar zwei Brennpunkte, was einigen Zuschauern im Norden offenbar sauer aufstieß. Es fehlt schlichtweg an Verständnis und Vorstellungskraft. Und weil das so ist, hat die Twitter-Userin Goettergattin in einem Thread in aller Ausführlichkeit erklärt, warum die Lage durchaus sehr ernst und der Süden im Ausnahmezustand ist. Unbedingt bis zum Ende lesen, auch wenn dieser Beitrag etwas länger ist als sonst.
Warum ist Schnee im Winter ein Problem?
Ein Thread für alle, die nicht verstehen, warum wir im Süden den Ausnahmezustand haben.
— Göttergattengattin😷 (@Goettergattin42) January 12, 2019
1. Dass es im Winter hier viel schneit, ist nicht ungewöhnlich. Was dieses Mal ungewöhnlich ist, ist dass es so viel in so kurzer Zeit geschneit hat. Das bringt logistische Probleme mit sich. Nämlich:
Wenn die Räumfahrzeuge 24 Stunden im Schichtbetrieb fahren, es aber so…— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…viel nach schneit, dass sie mit dem Räumen trotzdem nicht zu Rande kommen, dann muss nach Prioritäten geräumt werden. Das Bedeutet Hauptverkehrsstraßen zuerst. Dann Nebenstraßen, Parkplätze, Bushaltestellen, Gehsteige.
Die Schulen fallen derzeit aus, weil die Kapazitäten…— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…nicht gereicht haben, um die Gehsteige vom Schnee zu befreien. Weil die Straßen erst mal wichtiger sind. Würdet Ihr wollen, dass Euer Kind auf glatter Fahrbahn zur Schule laufen muss, weil der Gehsteig nicht frei ist?
Ebenso konnten die Bushaltestellen für die Schulbusse…— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…nicht frei geräumt werden.
2. Wenn so viel in kurzer Zeit fällt, reichen die Kapazitäten nicht, um Dächer abzuräumen. Ein Beispiel: Wir haben ein Haus mit zwei Gebäudeteilen, das relativ groß ist. Grundfläche der beiden Gebäude zusammen etwa 180qm. Das ergibt eine…— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…Dachfläche von ca. 250-300qm. Daran schaufelt EIN Mann ca. 4 Tage. Wenn in der Zwischenzeit weiter Schnee fällt, kann es sein, dass man das Zeug nicht schnell genug vom Dach bekommt und es bricht trotzdem ein. Jetzt stellt Euch das mal für Turnhallen, große öffentliche…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…Gebäude, Supermärkte, etc. vor. Wie viel Mannstärke man braucht, um das für einen kompletten Landkreis zu bewältigen. Und die Zeit drängt enorm. Fällt weiterer Schnee oder regnet es rein, kann es sein, dass man zu langsam war und das Dach stürzt ein.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
3. Wenn die Dächer abgeschaufelt sind, liegen enorme Schneemassen an Stellen, an die sie nicht gehören. Im Hof, auf Straßen, auf Terrassen. Durch das herunter fallen ist der Schnee so komprimiert, dass ihn eine normale, haushaltsübliche Schneefräse nicht mehr weg fräsen kann.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Wir haben hier eine gute "Haushalts"-Fräse, die einen UVP von 1.600 Euro hat. Damit ist sie für einen Privathaushalt schon im oberen Segment. Sie schafft es trotzdem nicht. Man muss den Schneeberg zerteilen, mit der Schneeschaufel klein stechen, dann gehts. Das dauert Stunden.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Ich habe für einen Versorgungsganz zum Haus, von etwa 10 Metern Länge bestimmt zwei Stunden gebraucht. Und ich hab am Rande des Schneeberges entlang gefräst. Nicht durch die höchste Stelle. Jetzt stellen Sie sich vor, dass bei uns der Schnee auf eine Gesamtlänge von rund…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
25 Meter etwa 170 bis gut 200 cm hoch liegt. Höhe des Bergen in der Mitte, insgesamt ist der Berg ca. 4 Meter breit. Das heißt allen damit, das Zeug ohne schweres Gerät aus dem Hof zu schaffen, ist man bestimmt eine Woche, wenn nicht zwei beschäftigt. Für EINE Seite.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Nehmen Sie das also, je nach Lage des Objektes, mal zwei.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
4. Weiteres Problem, durch die enormen Schneemassen, die ja irgendwo aufgetürmt werden müssen, verkleinern sich Räume. Wir haben hier eine Hoffläche, auf der insgesamt locker 10 Autos aufgereiht parken könnten. Im Moment bringt man vielleicht noch 4 Fahrzeuge unter.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Heißt sie müssen alles daran setzten, die Schneeberge abzutragen, damit Schneeräum-Fahrzeuge zumindest noch anfahren, wenden und die Straße räumen können. Denn liegt auf der Straße mal ein Meter Schnee, kommen Sie über Monate (bis das getaut ist, ist es mindestens März)…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…nicht mehr weg. Das heißt einfach liegen lassen geht gar nicht.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
5. Ein Problem, welches uns nicht betrifft, sich die meisten Leute aber nicht bewusst sind. In Gebieten, die von Lawinen gefährdet sind, werden Lawinen-Fang-Zäune verbaut. Die sind in der Regel 3 Meter hoch. Wenn der Schnee drei Meter hoch liegt, sind sie komplett bedeckt…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…Alles, was dann über 3 Meter hinaus fällt, wird von dem Zaun nicht mehr aufgehalten. Heißt wenn der Schnee 4 oder 5 Meter hoch liegt, kann sich ein 1 oder 2 Meter dickes Schneebrett lösen und zu Tal rauschen.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
6. Ein Problem, welches eigentlich bei 4. erwähnt gehört hätte: Sie müssen die Schneemassen schon alleine deswegen vom Haus weg schaffen und können nicht einfach auf das Frühjahr warten, weil es, wenn es taut, unfassbare Mengen Wasser direkt am Haus in den Boden drückt.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Heißt sie laufen Gefahr, dass ihnen dieser enorme Wasserdruck über Wochen / Monate, das Gebäude beschädigt. Auch deswegen ist liegen lassen keine Option.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Was bedeutet das jetzt konkret für betroffene Haushalte? Ich habe bereits Mitte der Woche bei entsprechenden Firmen angefragt, ob wir Hilfe beim Abräumen der Dächer anfordern können. Da hatten wir einen guten halben Meter auf dem Dach. Also noch weit entfernt von kritisch.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Ich wurde auf eine Warteliste gesetzt, mit einem möglichen Termin nächste Woche. Gestern betrug die Schneehöhe auf dem Dach aber bereits ca. 130cm. Und jetzt beginnt es zu regnen. Schnee saugt sich mit Wasser voll, wie ein Schwamm. Das heißt bis man Hilfe bekäme, ist…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…das Hausdach längt eingebrochen. So lange das nur Anwohnern der wirklich bergigen Gebiete widerfährt, ist das alles gar kein Problem. Aber im Moment betrifft es ganze Landkreise. Auf Grund der vorgerechneten Zeitschienen, sollte klar sein, dass die aktuelle Situation…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…einen erheblichen logistischen Notfall darstellt. Deswegen gilt Katastrophenalarm. Denn nur dann kann man z.B. die Bundeswehr zur Unterstützung anfordern.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
7. Weiteres Beispiel der Problematik: Es sind im Moment etliche Orte oder Einöd-Höfe (wie auch wir) von der Außenwelt abgeschnitten, weil die Zufahrtsstraßen von Lawinen verschüttet oder aus Sicherheitsgründen gesperrt wurden. Wenn das bei uns der Fall ist, ist es in der…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…Regel eine reine Sicherheitsmaßnahme. Was bedeutet sowohl der Scheeräumer fährt noch, als auch die Anwohner, wenn es sein muss. Wir kommen also raus. Zwar auf eigene Gefahr, aber wir kommen raus. Denn an unserer Straße kommen normal keine Mengen runter, die einen verschütten.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Vielleicht liegt mal eine Mini-Lawinen einen Meter oder eineinhalb in die Straße. Aber man wird nicht verschüttet. Straßen, bei denen die Gefahr besteht, dass große Lawinen runter kommen, da fährt dann nix mehr. Auch kein Räumfahrzeug. Denn es besteht akute Lebensgefahr.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Meist gibt es aber in abgelegene Orte mehrere Wege, die dort hin führen. Oft sind dies neben einer geteerten Straße dann aber nur Forstwege. Ungeteert und vielleicht auch nicht geräumt. Womit kommen Sie da lang? Schneeschuhe? Über viele Kilometer mit Proviant für eine…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…ganze Ortschaft? Unrealistisch. Dafür hat die Bundeswehr dann beispielsweise so genannte "Überschneefahrzeuge". Die können auf dem Schnee oben drauf fahren. Die können aber eben nur zum Einsatz kommen, wenn Katastrophenalarm ausgelöst wurde.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Weiteres Problem, welches vielen nicht bewusst ist, Schneelagen wie aktuell in Teilen Bayerns, bedrohen die öffentliche Sicherheit. Klingt dramatisch, kann es auch sein. Beispiel: Ihr Haus brennt, die Feuerwehr kommt vielleicht, kann aber nicht löschen, weil der nächste…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…Wasserhydrant unter einem drei Meter hohen Schneeberg vergraben ist. Oder der Rettungswagen kann nicht fahren, weil die Einfahrt zu der Halle, in der die Rettungswägen stehen, nicht geräumt ist.
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
Und das sind jetzt nur eine kleine Auswahl an Beispielen, welche Probleme das mit sich bringt. Ich könnte hier Stunden weiter schreiben.
Ja, es wird in den Medien dramatisiert. Reißerisch aufgemacht. Aber Fakt ist, der Deutsche Wetterdienst geht im Moment davon aus, dass es…
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019
…eine Schneemenge diesen Ausmaßes, bis ins Flachlang weiten Teilen Bayerns, seit der Aufzeichnung des Wetters noch nicht gegeben hat. Also ist das, was derzeit passiert ein bisschen mehr als Schnee- #mimimi und durchaus eine besondere, gefährliche Lage.
Ende
— Göttergattengattin (@Goettergattin42) 12. Januar 2019