Thread: Über die Wahrnehmung des Themas „Klimawandel“
In dem heutigen Thread von dem bekannten Cartoonisten @ralphruthe geht es, passend zu #FridaysForFuture, um die Wahrnehmung des abstrakten Themas Klimaschutz und wie sich der Begriff bzw. seine Wahrnehmung im Laufe der Jahre gewandelt hat.
Ich glaube, ich war ungefähr 10 Jahre alt, als ich bei meinen Eltern auf dem Frühstückstisch eine aufgeschlagene „Bild am Sonntag entdeckte“ (ja, die hat „man“ damals gelesen), in der ich das erste mal das Thema „Klimawandel“ wahr nahm.
Thread.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Auf einer Doppelseite wurde eine Illustration dargestellt, wie Deutschland in der Zukunft (ich glaube, 2030) aussehen könnte: glückliche Menschen flanieren bei Sonnenschein in kurzen Klamotten durch eine futuristische anmutende Großstadt voller exotischer Blumen und Palmen.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Weit und breit kein Hinweis auf schmelzende Polkappen, Extremwetter oder Artensterben. Die Aussage der Zeichnung lautete: Noch ein paar Jahre, und Düsseldorf ist St. Tropez. Geil.
Zwei Dinge finde ich daran bis heute bemerkenswert:— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
1. dass bereits Anfang der 80er der menschgemachte Klimawandel in den Medien thematisiert wurde, selbst in so einem Schrottblatt wie der BamS.
2. wie sich das idiotische Bild in meinem Kopf eingebrannt hatZwar konnte ich diese Vision als Kind beim nicht nachvollziehen …
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
(wenn man in der Nähe des Teutoburger Walds aufwächst kennt man vor allem verregnete Sommer), aber die Darstellung einer solchen Zukunft machte mir auf gar keinen Fall Angst. Es wirkte eher wie eine erstrebenswerte Utopie.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Ich habe ein bisschen das Gefühl, dass meine Generation (grob gesagt alle, die um die 80er Jahre herum geboren wurden), eher mit dem Bild von Deutschland unter Palmen, als mit wirklicher Angst vor der Erwärmung des Planeten aufgewachsen ist.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Andere Umwelt-Probleme waren für uns Kinder der 80er realer und bedrohlicher: Ozonloch, Atomkraft (ich war 13, als die Reaktorkatastrophe von Tschernobyl geschah), saurer Regen. Und somit lebten wir Teenager in einer Welt, in der man zum einen „wichtigere“ Probleme hatte …
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
… (an denen man als einzelner gefühlt aber auch nichts ändern konnte, denn wir waren noch nicht so vernetzt), zum anderen war die Prognose „die Welt wird wärmer“ halt nicht wirklich negativ behaftet.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Seit etwa 10 Jahren hab ich das Gefühl, dass sich in punkto Wahrnehmung des Themas „Klimawandel“ in Medien und bei Bevölkerung einiges tut, wenn auch langsam. Und auch ich wurde etwas aktiver. Für mich war es vor rund sechs Jahren einer der Gründe, kein Fleisch mehr zu essen.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Aber ansonsten war die Erwärmung der Erde in meiner Vorstellung immer noch eine etwas abstrakte Sache. Das Thema war und ist komplex. Es fehlten harte und ernst zu nehmende Ansagen von Seiten der Politik und den Medien (jenseits wissenschaftlicher Fachpresse). Platt gesagt:
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
es fehlten glaubwürdige Personen, die uns Angst vor der Klimaveränderung machten. Zu keinem Zeitpunkt wurde das ganze – soweit ich mich erinnern kann – früher mit so wahrer und harter Rhetorik wie heute kommuniziert (z. B. „Klimakrise“ statt „Klimawandel“) …
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
… seit sich durch den Einsatz der beeindruckenden @GretaThunberg die „Fridays for Future-Bewegung“ gegründet hat. Was für ein Fortschritt, der keine Sekunde zu früh kommt, und den ich mit meiner Reichweite so gut wie möglich unterstützen möchte.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
„Okay, Ralph. Du setzt dich für Fridays for Future ein, gleichzeitig bewirbst du aber eine Automarke. Wie passt das deiner Ansicht nach zusammen?“
Es passt nicht zusammen. Ich arbeite sehr gerne mit meinem Sponsor zusammen, dahinter stehen tolle Leute.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Ich verdiene mit der Zusammenarbeit Geld und aktuell wüsste ich auch nicht, wie ich meine jährliche Livetour in diesem Umfang ohne meinen von dieser Marke zur Verfügung gestellten Wagen realisieren sollte. Es wäre mir organisatorisch und zeitlich einfach nicht möglich.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Aber es passt auch nicht zusammen, dass ich mit meiner Familie in den letzten Jahren immer mal wieder mit dem Flugzeug verreist bin – so ziemlich das übelste, was man der Umwelt als Einzelperson antun kann. Es passt auch nicht zusammen, dass ich immer noch gerne Käse esse …
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
… obwohl die Zucht von Milchvieh sich negativ aufs Klima auswirkt. Ich bin ein Mensch und ich bin nicht konsequent. Ich bin bequem. Ich brauche Vorschriften. Ich brauche eine Politik, die sagt: okay, Feierabend jetzt. Fleisch und Flugreisen werden ab sofort hoch besteuert.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Ich brauche Gesetze, die verhindern, dass mir bestimmte Dinge auf dem Silbertablett viel zu billig zugänglich gemacht werden. Gesetze, die z. B. dafür gesorgt haben, dass in öffentlichen Gebäuden nicht mehr geraucht wird. Oder dass wir die langlebigeren Energiesparlampen nutzen.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Diese Gesetze werden nur kommen, wenn möglichst viele von uns das wirklich wollen und wenn wir es von der Politik verlangen. Sonst sind wir in ein paar Jahren komplett am Arsch.
Ich meine, wenn tausende von ernstzunehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern …— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
… also Leute, die den ganzen Tag nichts anderes tun, als sich mit dieser Thematik zu beschäftigen, sagen, dass #FridaysForFurture Recht hat (siehe z. B. hier: https://t.co/z6APSyESRk) und wir unsere Art zu leben ändern müssen …
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
… wie anmaßend ist es dann, das als gelernte Finanzbeamte, Metzger, Schlosser oder autodidaktischer Witzbildmaler zu bezweifeln? Ich platz doch auch nicht in eine Chefärzte-Runde rein + erzähl denen, dass Krebs schon nicht so schlimm ist und der Markt alles regulieren wird.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Diese Leute haben Recht, die Politik muss ihren Forschungen mehr Gewicht geben, Gesetze erlassen + den Bürgern möglichst viele Optionen zu der Art bieten, wie wir momentan in Urlaub fahren, zur Arbeit kommen, womit wir heizen + wie wir unsere Technik mit Strom versorgen.
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Denn hier kommt der größte Punkt: die Techniken, mit denen wir unsere Energiegewinnung ohne das Verbrennen von fossilen Brennstoffen zukunftsorientiert sichern können, ohne unsere Lebensqualität stark zu beeinflussen, existiert ja längst, ist bezahlbar + schafft Arbeitsplätze!
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Was muss man aufzählen, damit alle begreifen, dass ein Wandel nicht nur nötig sondern auch relativ einfach möglich ist? Jedenfalls einfacher, als bereits brennende Felder löschen zu wollen.
Und wenn so ein Wandel auch „nur“ erstmal in Deutschland stattfinden würde – was solls?— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Wir können nicht immer abwarten und auf andere zeigen. Warum nicht Vorreiter sein, loslegen, mit gutem Beispiel voran gehen?
Am kommenden Freitag, dem 24. 5. findet anlässlich der Europawahl ein von @FridayForFuture organisierter Globaler Klimastreik statt.— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019
Ich bin in meiner Heimatstadt mit dabei. Ich freue mich, wenn ihr es auch seid. Zeigt euch. Positioniert euch. Bitte!
Hier findet ihr alle Termine:https://t.co/Ni6495tFlj
— Ralph Ruthe (@ralphruthe) 22. Mai 2019