Thread: „Kinder in Afrika müssen für E-Autos schuften“ (BILD)
Die BILD-Zeitung versuchte vor einigen Tagen Stimmung gegen E-Autos zu machen und nutzte dafür als Totschlagargument die Kobaltminen im Kongo, in denen Kinder tagtäglich unter menschenunwürdigen Bedingungen schuften müssen.
Aber stimmt das denn auch? @DerGraslutscher hat den Artikel einem Faktencheck unterzogen, mit Quellen belegt und in dem nun folgenden Thread kommentiert.
Die @BILD titelte vorgestern „Grausam! Kinder in Afrika müssen für E-Autos schuften“ und erreichte damit in rekordverdächtigen 8 Worten Heuchelei-Stufe 9.000. Ja, Kinderarbeit ist ziemlicher Mist, sie interessiert diese Typen aber nur, wenn es um E-Autos geht.
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— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(2) Zwischen 2005 und 2017 wurden weltweit 1,5 Millionen Tonnen Kobalt gefördert, zum Großteil aus dem Kongo. Davon werden erst seit Kurzem ungefähr fünf Prozent in E-Autos verwendet (gab es vorher ja kaum). Die anderen 95%? Sind den Bild-Leuten seit 14 Jahren scheißegal.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(3) Mit denen haben wir Magnete hergestellt, irgendwelchen Plunder blau gefärbt, Metalle gehärtet und Diesel-Kraftstoffe (!) entschwefelt. Die angeblichen Verfechter von Menschenrechten sind also selbst über Jahrzehnte Nutznießer von billig importiertem Kobalt gewesen und …
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(4) schwingen sich jetzt in einem Guinnessbuch-Rekordversuch für Bigotterie zum Anwalt afrikanischer Kinder auf. Ferner stammen halt selbst im Kongo mehr als 80 Prozent des Kobalts aus großen, chinesischen und Schweizer Minen, in denen Kinder überhaupt keinen Zutritt haben.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(5) Der Rest des Marktes wird in der Tat von sogenannten „Selbstgräbern“ dominiert, also von Privatleuten, die in heute schon illegalen Stollen aktiv sind. Leider liegt der Kongo im Demokratieindex von 2018 auf Platz 165 (von 167), für Menschenrechte wird entsprechend wenig getan
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(6) Diesen Menschen kann man nur helfen, indem die Lebensbedingungen in den jeweiligen Ländern verbessert werden, denn jeder auf dem Weltmarkt begehrte Rohstoff wird zu ähnlichen Problemen führen. Ach ja, die Klimakrise gibt es ja auch noch, wen trifft die noch mal am härtesten?
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(7) Oh, doof, arme Menschen in heißen Ländern werden darunter am meisten leiden, klingt ja ziemlich ätzend für Menschen im Kongo. Deutschlands Verkehrssektor emittiert übrigens immer mehr CO2-Emissionen, auch weil wir immer mehr und größere Autos mit Verbrennungsmotoren fahren.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(8) Der Erfolg von Verbrennungsmotoren wäre ohne die massive Ausbeutung von Menschen in armen Regionen der Welt überhaupt nicht möglich. Für die gigantischen Mengen Erdöl wurden und werden Minderheiten und indigene Völker von ihren Wohnstätten vertrieben.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(9) In Nigeria, Venezuela, Angola oder dem Kongo wurde für Öl jedes Gesetz gebrochen, so sind zwischen 1976 und 1996 knapp zwei Mio. Barrel Öl ins Regenwald-Ökosystem des Nigerdeltas entwichen. Das ist eines der Gebiete mit der höchsten Artenvielfalt des gesamten Planeten.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(10) Tausende der dort lebenden Menschen sind krank geworden und haben ihren Zugang zu Nahrung und Trinkwasser verloren. Auch Verbrennungsmotoren benötigen „seltene“ Erden. In Katalysatoren wurden und werden Platin, Cer und Palladium eingesetzt. Diese Metalle finden sich in
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(11) Simbabwe und Südafrika, wo die Arbeitsbedingungen katastrophal sind und Arbeiteraufstände schon mal mit dem Erschießen Dutzender Menschen endeten. Die Bleibatterien werden in Nigeria von Jugendlichen ohne Schutzkleidung auseinandergesägt, ganze Dörfer sind mit Blei vergiftet
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(12) Behauptet also jemand, am Schicksal afrikanischer Kinder interessiert zu sein, während er den Planeten mit Autos aufheizt, deren Benutzung noch mehr Rohstoffe aus armen Weltregionen benötigt als die eines E-Autos, ist das wohl an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
(13) Quellen: https://t.co/Tj3F85rRo3https://t.co/6LrHQtPJxohttps://t.co/RlnP6OZoLlhttps://t.co/1WqHcto9b9https://t.co/TsZZ4RthVuhttps://t.co/qVt9IgAs6ghttps://t.co/6y59h11yrL@BILDblog , könnte Euch interessieren 😉
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
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— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
Nachtrag (14.1?):
Ja, es wird unsere Klima- und Verkehrsprobleme nicht lösen, wenn wir 47 Mio. deutsche Benzinautos durch 47 Mio. E-Autos ersetzen. E-Autos sind auch Autos, also >1,5 Tonnen Metall und Verbundstoffe, die irgendwo herkommen. Sie sind schlicht das kleinere Übel.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
Nachtrag (14.2)
Viel ökologischer als ein E-Auto ist immer noch gar kein eigenes Auto, sprich Carsharing, ÖPNV, Radfahren oder zu Fuß gehen. Das Potential dieser Maßnahmen ist viel größer, weswegen ich auch kein E-Auto habe. Es wird aber weiterhin Autos geben, für ländliche…
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019
Nachtrag (14.3)
…Regionen, für Krankenfahrten, Sozialdienste, körperlich eingeschränkte, Familien, Warenlieferungen etc. Diese Autos sollten emissionsfrei unterwegs sein weil es weniger Rohstoffe benötigt und viel weniger Emissionen verursacht.
— Der Graslutscher (@DerGraslutscher) November 1, 2019