Thread: Ihr Angreifer wurde freigesprochen, weil sie eine enge Jeans trug
Triggerwarnung: Dieser Beitrag thematisiert schwere Sexualstraftaten wie Vergewaltigungen sowie die traumatischen Folgen für die Opfer.
Der Begriff der Täter-Opfer-Umkehr (englisch: victim blaming) dürfte vielen Lesern irgendwo schon einmal begegnet sein. Oder besser gesagt vielen Leserinnen, denn in den meisten Fällen sind es Frauen, denen regelmäßig eine Teilschuld an sexuellen Belästigungen oder körperlichen Überbegriffen gegen sie vorgeworfen wird. Mindestens! Aber klar, bei so einem kurzen Rock konnte der arme Mann ja auch gar nicht anders, die Zeichen waren schließlich eindeutig. Und überhaupt: Wenn du SO rausgehst, brauchst du dich nicht zu wundern! Ernsthaft jetzt?! Die völlig verquere Meinung, dass Frauen, die enge oder knappe Klamotten tragen, damit doch eh nur provozieren wollen und darauf aus sind, Männer zu verführen, scheint auch im Jahr 2023 noch viel zu weit verbreitet zu sein – mit üblen Folgen für die Betroffenen.
Sind wir als Gesellschaft wirklich noch nicht weiter, als tatsächlich den Opfern die Schuld an verbalen oder körperlichen Übergriffen zuzuschreiben und so ausgerechnet die wahren Täter in Schutz zu nehmen? Twitteruserin @Amyrilin_ hat sich mit dieser traurigen Thematik beschäftigt und dazu einen Thread verfasst, in dem sie an die Geschichte einer 18-jährigen Italienerin erinnert.
CN sexualisierte Gewalt
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.Heute, am letzten Mittwoch im April, ist „Denim Day“. Dieser wird seit 1999 begangen. Es wird erinnert an eine 18jährige Italienerin. Sie wurde vergewaltigt. Ihr Angreifer wurde freigesprochen, weil sie eine enge Jeans trug.
— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN sexualisierte Gewalt
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.Das Gericht war der Überzeugung, der Mann habe ihr diese enge Hose niemals ohne ihre Hilfe ausziehen können. Und da sie geholfen habe (haben müsse), sei es keine Vergewaltigung gewesen, sondern Geschlechtsverkehr mit Zustimmung.
— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN sexualisierte Gewalt
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Nachdem dieses Urteil bekannt wurde, gingen überall im Land Italienerinnen in engen Jeans zur Arbeit, um zu protestieren.— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN sexualisierte Gewalt
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.Erst 2008 wurde das Urteil aufgehoben und erst ab diesem Tag konnte ein Vergewaltiger sich nicht mehr darauf berufen, das Opfer habe eine enge Hose getragen und ihm geholfen. Und somit zugestimmt.
— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN sexualisierte Gewalt
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Bis heute müssen sich Frauen dafür rechtfertigen, warum sie
– spät ausgegangen sind
– in das Auto eingestiegen sind
– kein Taxi genommen haben
– ein Taxi mit männlichem Fahrer genommen haben
– getrunken haben
– in der Beziehung geblieben sind
U.
V.
M.— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN sexualisierte Gewalt
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.Bis es auch in den tiefsten Untiefen der Gesellschaft angekommen ist, werden wir den Denim Day begehen müssen.
Das Opfer
Ist
Niemals
Schuld.
Niemals.— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN Sexualisierte Gewalt
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2022 wurden mehr denn je Straftaten im Bereich sexualisierter Gewalt bei der Polizei bekannt. Die Dunkelziffer, das wissen wir alle, ist enorm.
Es wird angenommen, dass nur 5% der Straftaten angezeigt werden. Warum?— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN Sexualisierte Gewalt
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.Nur 13 von 100 Anzeigen enden mit der Verurteilung.
Opferverbände und Helfende raten nicht direkt davon ab, anzuzeigen. Aber sie weisen offen auf das hin, was die Opfer erwartet.
— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
CN Sexualisierte Gewalt
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.Betroffene haben den Vorgang rund um Polizei und Gericht immer wieder als Wiederholung der Vergewaltigung beschrieben. Subtile Schuldzuweisung überall.
Ermittelnde suchen nach dem Warum. Bei ihnen. Statt beim Täter.
Happy Denim Day also.— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
Videobeschreibung
Voll besetzter Hörsaal.
1. Jede, die jemanden kennt, der oder die Opfer eines sexualisierten Übergriffes wurde, soll aufstehen.
Nahezu alle Personen stehen auf.
2. Wer weiß, dass der Übergriff angezeigt wurde, soll stehen bleiben.Fast alle setzen sich.
— Hexe (@Amyrlin_) April 26, 2023
Das Jahr 1999 mag uns weit weg vorkommen und doch ist die Verharmlosung schwerster psychischer und körperlicher Gewalt auch heute, fast 25 Jahre später, leider noch immer nicht aus dem Alltag Betroffener verschwunden
Ich wurde in den 80ern vom (Stief)Vater meiner Freundin belästigt.
Als ich zu Hause davon erzählte wurde mir gesagt ich solle froh sein, dass er mich wie sein eigenes Kind behandelt! 😠— Uschi (@UschiRiele) April 26, 2023
Ich wurde belästigt auf Arbeit und die Chefin sagt blos, ich soll dann eben ihm aus dem weg gehen und nur noch in meinem bereich sein. Er durfte aber weiter normal arbeiten und überall hingehen… bin froh dann nicht mehr dort zu arbeiten…😕
— Twitch MamaFynx89 (@Foxsin_Nadine) April 26, 2023
Chefinnen und Chefs, die statt einzugreifen lieber wegschauen und relativieren, sind Teil des Problems!
Er hatte es wieder getan. Plötzlich wollte man meine Aussage erneut. Ich lehnte ab. Die Demütigungen sitzen bis heute. Die Lehre die ich zog: Vertraue nicht auf das Rechtssystem, als Opfer bist du nichts wert.
— Hartgeld-Kassiererin (@DieMitDemGin) April 26, 2023
Dem können wir aus traurigen Gründen nur beipflichten
Ich bin eben fast vom Stuhl geflogen, als ich das gelesen habe. Ich wusste bis heute nich das es so einen Tag gibt. Danke, das du in meiner TL aufgetaucht bist. Selbst heute noch, kann man bei manchen Fällen vor Gericht und deren Urteile, einfach nur den hier 🤦♂️ machen.
— Pascal (@PascalA_Dev) April 26, 2023
Danke für den Thread.
— Dani (@32dani64) April 26, 2023
Leider ein weiteres viel zu wichtiges Thema: