Thread: Hitlergruß und rechte Sprüche in der Bahn und keinen interessiert es
Am kommenden Sonntag wählt Sachsen einen neuen Landtag. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass rechtspopulistische Parteien, die vor einer Überfremdung oder Umvolkung Deutschlands warnen, im Freistaat auf gut 25 Prozent der Stimmen kommen. Nun sind am vergangenen Samstag in Dresden, wie auch in anderen deutschen Städten, zehntausende Menschen auf die Straße gegangen und haben ein Zeichen gesetzt. Ein Zeichen für Weltoffenheit und Toleranz. Ein Zeichen gegen Rassismus, Nationalismus und Hetze. Nach Angaben der Veranstalter – einem breiten Bündnis aus gut 400 Organisationen, darunter auch Sozialverbände und Gewerkschaften – demonstrierten rund 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei #unteilbar in der sächsischen Landeshauptstadt für eine vielfältige und solidarische Gesellschaft.
Bereits Tage vor der Demonstration hatte die sächsische AfD behauptet, dass die Polizei, angeblich laut internen Aussagen, im Zuge der Proteste gegen Fremdenfeindlichkeit mit Ausschreitungen seitens randalierenden Krawallmachern rechne. Dies wurde daraufhin durch die Polizei dementiert, tatsächlich erwarte man einen friedlichen Protest, was sich am Samstag in Dresden anschließend auch so bestätigt hat.
Aus den Reihen der Union hatten sich Politiker, darunter auch der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer, im Vorfeld kritisch zur #unteilbar-Demonstration geäußert und ihre Teilnahme abgesagt. Begründung: Auch „Linksextreme“ würden an dieser Demonstration teilnehmen. Zudem gebe es Positionen, in denen #unteilbar und er – beziehungsweise seine CDU – auseinanderliegen, so beispielsweise beim Thema Seenotrettung.
In ihrem Thread beschreibt Twitteruserin @SophiaMle die erschreckenden Erlebnisse ihrer Heimfahrt mit dem Zug von Dresden nach Leipzig.
Leute, ich krieg das kotzen. Heimfahrt von #Unteilbar im RE von Dresden nach Leipzig. Marodierende besoffene Männergruppe mit lautester Mukke. Sexistische Anmache. Rechte Sprüche. Hitlergruß.
Ein Thread— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Heimfahrt beginnt, es sind offensichtlich (Shrits, Flaggen, Aufkleber) super viele von der Demo im Zug nach Leipzig. Fahrt läuft angenehm, irgendwann steigt betrunkene Männergruppe ein, 8-9 Leute. Mega laute Musik, grölen,
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
„Schwuppe“ und „Fotze“ fällt, aber wohl zueinander. Alle Mitfahrenden werden mit der Zeit sichtlich genervt. Die Musik wird so laut, dass man sich kaum unterhalten kann. Irgendwann geh ich hin. „Hey, könntet ihr die Musik vielleicht ein Ticken leiser machen?
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Damit wir uns unterhalten können“. Sie: „oh, ja. Naja, wir fahren ja auch nur noch bis Wurzen“. Sie machen sie leiser. Für minimal kurze Zeit. Dann wieder Sau laut. Nach einiger Zeit gehe ich wieder hin. Und bitte Sie höflich, die Musik leiser zu machen.
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Typ 1 kommt mir komplett nah. Ich bitte ihn, Abstand zu halten. Typ 2 sagt „komm, gib ihm nen Kuss“. Ich sage garantiert nicht, und bitte Sie, die Musik einfach minimal leiser zu machen. Typ 1: „nee, das werden wir halt nicht tun“. Ich appelliere nochmal
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
An Menschenverstand, Anstand und so. „Hey, einfach nur dass wir uns unterhalten können, okay?!“ Typ 1: „wo steigst du aus?“ Alter, das sage ich DIR garantiert nicht. Typ 1 demonstriert seine Macht, macht die Mukke nicht leiser, kommt mir total nah. Typ 3 kommt dazu
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Der ist ansatzweise kommunikativer, ich rede nur noch mit ihm, aber gehe bald. Musik bleibt brüllend laut. Von da an kommt aber der rechte Scheiss. „Wir wollen Wurzen bunt & dazu gehört halt braun. Das ist gut so!“ ich dreh mich wütend um &sehe, wie ein Typ den Hitlergruss macht
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Und das ist doch die Scheiße. Man sitzt in einem Zug voller solidarischer Leute, die von ner Demo gegen Rassismus, Nazis und für Solidarität kommen. Ehrlich, scheiß Gruppen im Zug hat man ständig in Sachsen, aber so „unteilbare“ Mitfahrer*innen nie. Aber was tun?
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Keine*r weiß es. Also passiert: nix. Wir sind 5-10 min vor Wurzen. Polizei rufen bringt’s wohl nicht, die kommen wohl zu spät. Und eskalieren soll’s auch nicht. Ein scheiss Zug voller angeblich solidarischer Leute – ein Wunder in Sachsen! Und trotzdem kann man das nicht stoppen.
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Oder die Leute haben keinen Mut, keine Ahnung. Es. Ist. Scheisse. Zugpersonal natürlich auch nie aufgetaucht. Die Gruppe hat noch 10 Minuten gegrölt, rechten Kram gelabert, anzügliche Kommentare in meine Richtung gemacht & beim aussteigen schließlich nackte Ärsche gezeigt.
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Das einzig Gute: danach haben wir uns mit den Leuten um uns rum ausgetauscht. Was müssen wir besser machen? Wie können wir solche Situationen hinbekommen? Was sind Strategien? Aber im Ernst: das hätten wir sofort machen müssen. Nicht erst wenn’s vorbei ist. Es war scheisse
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Leute, sprecht Menschen um euch an, wenn ihr in solchen Situationen seid. Sofort & besprecht euch. Ich denke seitdem auch nur noch drüber nach, wie wir das hätten händeln sollen. Anzeige geht auf jeden Fall heute noch raus, gibt ja Kameras im Zug.
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Macht Zivilcourage Trainings. Und lasst solche Sachen im Zug nicht durchgehen. Denn was passiert, wenn die Gruppe auf wen trifft mit Kopftuch oder der*die ihnen nicht deutsch genug aussieht? Und das in nem leeren Zug in der Provinz ist?
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Geht hin. Lasst Arschlöchern ihr Verhalten nicht durchgehen, wenn es kein Sicherheitsrisiko für euch darstellt. Rassistische Macker werden es sonst immer und immer wieder tun. Seid solidarisch, grad in Sachsen. Zeigt die unteilbar Solidarität jeden Tag
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019
Wir sind gar nicht so wenig solidarische Leute in Sachsen. Auch hier. Wir müssen das aber auch leben und uns zur Seite stehen. Das wär halt wirklich wirklich #unteilbar
— Sophia Mle (@SophiaMle) August 24, 2019