Der Fall Strache: Es war einmal auf Ibiza…
„Kann sein, dass morgen Österreich brennt“ hatte Jan Böhmermann am Donnerstagabend gesagt. Keine zwei Tage später ist die Regierung in Österreich zerbrochen. Im April, bei der Verleihung des österreichischen TV-Preises „Romy“, hatte er ähnliche Andeutungen gemacht.
Aber um was geht es eigentlich? Der Chef der rechtspopulistischen Regierungspartei FPÖ, Strache, ist im Sommer 2017 auf Ibiza in eine Falle gelockt worden. Es geht um ein Gespräch mit der vermeintlichen Nichte eines russischen Oligarchen. Das Treffen wurde heimlich gefilmt. Besagte Frau sollte in Straches Gedankenspiel Teile der Kronen Zeitung erwerben, um die FPÖ vor der Nationalratswahl zu „pushen“. Im Gegenzug sollte sie öffentliche Aufträge erhalten. Strache spricht außerdem über verdeckte Wahlkampfspenden und zählt dabei auch seine prominenten Unterstützer auf.
Das Video wurde am Freitagabend von Süddeutsche Zeitung und Der Spiegel auszugsweise veröffentlicht. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) schloß daraufhin am Samstag eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vizekanzler Heinz-Christian Strache aus. Als dieser schließlich in einer denkwürdigen Pressekonferenz Stellung bezieht, geht er gar nicht erst auf den geplanten Machtmissbrauch ein. Er entschuldigt sich zwar, tut aber den Inhalt als „b’soffene G’schichten“ ab und suhlt sich in einer, typisch für Rechtspopulisten, Opferrolle.
Nach dem Abgang des Vizekanzlers hatte Sebastian Kurz angeblich noch versucht, die Koalition zu retten. Aber anscheinend sollte nach ÖVP-Willen auch Herbert Kickl gehen. Zur Erinnerung, das ist der Innenminister, der letzte Woche in seiner Fantasieuniform vor die Presse trat, als es um E-Mails zwischen Identitären-Chef Martin Sellner und dem späteren Christchurch-Attentäter ging.
Die FPÖ lehnte es jedoch ab, das Innenministerium aufzugeben und brachte noch vor dem Kanzler das Thema Neuwahlen ins Gespräch.
Bundeskanzler Sebastian Kurz erklärte daraufhin auf seiner Pressekonferenz am Samstag, er habe im Sinne der Sacharbeit, trotz aller Skandale und „Einzelfälle“ die Koalition bislang nicht aufgekündigt. „Doch genug ist genug.“ Er beendete die Koalition mit der rechtspopulistischen FPÖ und kündigte „Neuwahlen zum schnellstmöglichen Zeitpunkt“ in Österreich an.
Das ist insofern bemerkenswert, dass nach all den Querelen und Zankereien, die eine Regierung mit der rechten FPÖ mit sich brachte, es jetzt ausgerechnet dieses Video sein soll, was das Fass zum Überlaufen bringt. Die Nähe zu rechtsextremen Gruppierungen, rassistische Äußerungen und Zankereien war hingegen bislang kein Problem für den Kanzler. Mehr noch, Kurz stellt sich in seiner Rede als Opfer und Erlöser zugleich dar und schafft auch noch einen abenteuerlichen Seitenhieb auf die Sozialdemokraten (SPÖ). Keine 48 Stunden nach dem Ibiza-Video lässt er keinen Zweifel daran: Der Wahlkampf in Österreich hat bereits begonnen.
Wir haben uns auf Twitter umgesehen und alle relevanten Tweets für euch zusammen getragen.
#1:
Find es immer noch schlimm, dass nicht die Zusammenarbeit mit Rechtsextremisten an sich der Skandal ist, sondern erst die Zusammenarbeit mit KORRUPTEN Rechtsextremisten.#Strache #strachevideo
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) May 18, 2019
#2:
Normale Menschen rufen übrigens einfach den Ex an oder singen laut Wonderwall, wenn sie betrunken sind. Korrupte Nazis planen halt die Installation einer Autokratie. #strache
— Sophie Passmann (@SophiePassmann) May 18, 2019
#3:
Falls jemand eine schicke Villa auf Ibiza sucht – ich hab da auf Airbnb eine gefunden! 😉 #Strache
— Jakob Michal (@JakobMichal) May 18, 2019
#4:
Ich frag zur Sicherheit nochmals nach:
Ist der jetzt e n d l i c h erreicht?#Strache #Kurz #Ibizagate #Zib #zibspezial #Neuwahlen— Barbara Sommerer (@BarbaraSommerer) May 18, 2019
#5:
Was liegt da eigentlich bei Strache und Gudenus für eine weiße Linie am Tisch? Frage für einen Freund.#strachevideo #strache
— Michael Bonvalot (@MichaelBonvalot) May 17, 2019
#6:
13. April 2019, Videobotschaft von #Böhmermann zur Romy-Verleihung: "Ich hänge gerade ziemlich zugekokst und Red-Bull-betankt mit ein paar FPÖ-Geschäftsfreunden in einer russischen Oligarchenvilla auf Ibiza rum […]" #Strachevideo
— MdBdesGrauens (@MdBdesGrauens) May 17, 2019
#7:
Ich sag jetzt was ganz oberflächliches: mich macht diese schmierige Gebrauchtwagenverkäufer-moch-ma-schon-Drogenbaron-Porno-Ästhetik wirklich fertig. Ich bekomme da eine Gänsehaut vor Unangenehmsein. #stracheVideo
— Natascha Strobl (@Natascha_Strobl) May 17, 2019
#8:
Meine Lieblingsstelle im #StracheVideo: Strache sagt ganz offen, dass Superreiche der #FPÖ Millionenbeträge spenden, weil sie dafür eine #Steuersenkung wollen.
Und was plant die Regierung gerade? Eine Senkung der Steuer auf Konzerngewinne. #Strache #IbizaAffäre
— Valentin Schwarz (@v_schwarz) May 17, 2019
#9:
Kurze Einordnung zu #Strache:
– traf sich mit Wiking-Jugend
– marschierte mit Schreckschuss-Waffe bei DVU mit
– nahm an „Wehrsportübung“ teil
– plakatierte „Daham statt Islam“
– sprach von „Bevölkerungsaustausch“Dass JETZT eine rote Linie überschritten wurde, ist blanker Hohn.
— Tibor Martini 👱🏻♂️🧔🏿👳🏽♀️🧕🏼🏳️🌈 (@tibor) 18. Mai 2019
#10:
Liebe Freunde und Freundinnen der FPÖ in Deutschland und Österreich,
Medien infiltrieren, Staatsaufträge gegen Wahlkampfhilfe, Parteispenden am Rechnungshof vorbei. Wer diese Partei immer noch unterstützt oder wählt, muss allerspätestens jetzt wissen, was er tut. #Strache— Georg Restle (@georgrestle) May 17, 2019
#11:
Ich finde es putzig, dass es immer wieder so viele Leute schockiert, wenn rassistische, antisemitische, homophobe, verfassungsfeindliche, kriminelle Rechte Dinge tun und sagen, die rassistisch, antisemitisch, homophob, verfassungsfeindlich und kriminell sind. #Strache
— Hatice Akyün (@hatice_akyun) May 18, 2019
#12:
Das Zweitschönste an diesen Österreich-Skandalen ist die Sprache. Der Strache sitzt im „Ruderleiberl“ da, der „Klubobmann“ macht „Aussendungen“, und „Vizekanzler“ wird mit weichem V und kurzem i gesprochen: Witzekanzler. #StracheVideo
— Stefan Niggemeier (@niggi) May 17, 2019
#13:
https://twitter.com/blauerelefant/status/1129674564248788992
#14:
Hutbürger #Strache. #stracheruecktritt #StracheVideo @der_rosenkranz
— extra3 (@extra3) May 18, 2019
#15:
Er hat es schon wieder getan. #Strachevideo
— Der Gazetteur (@dergazetteur) May 17, 2019
#16:
Die neue Staffel Narcos sieht irgendwie komisch aus. #Strachevideo
— Der Gazetteur (@dergazetteur) May 17, 2019
#17:
Kennt Ihr das, wenn Ihr ein gewisses Bild von jemandem habt und dann stellt sich heraus, dass er genau so ist, wie Ihr immer gedacht habt? #strachevideo
— Markus Barth (@tweetbarth) May 17, 2019
#18:
#Strache und Gudenus sind zurückgetreten – und schon hat der Sprecher der #AfD-Bundestagsfraktion seinen Tweet zu #StracheVideo von gestern Abend gelöscht. Also den:
— Ann-Katrin Müller (@akm0803) May 18, 2019
#19:
Graz rockt. #strachevideo #ibizagate
— N͓̽ico (@nico_hemer) May 18, 2019
#20:
Schönste Vorstellung für heute: wie das gesamte Führungspersonal der #AfD heute hektisch Terminkalender durchgeht und überlegt, wann wer zuletzt mit russischen Oligarchen-Nichten gesprochen hat. #strachevideo
— Markus Barth (@tweetbarth) May 18, 2019
#21:
Wir haben gelernt: Mit Rechten reden hilft doch. Zumindest wenn eine versteckte Kamera dabei ist.#Strachevideo #Strache
— Volksverpetzer (@Volksverpetzer) May 18, 2019
#22:
Wir sagen danke und wünschen dem Herrn #strache einen schönen Tag#DiePARTEI #Österreich #strachevideo #FPÖ #strachegate #IbizaGate
— DiePARTEI Österreich (@dieparteiAT) May 18, 2019
#23:
Wer immer das gemacht hat war ein Genie #StracheVideo
— DerLehnsherr (Captain Snakemotte) (@derLehnsherr) May 18, 2019
#24:
Was Rechte angeblich bekämpfen wollen:
🚫Korruption
🚫Wählermanipulation
🚫Falschberichte in den MedienWas ein Rechter im #Strachevideo plant:
✅ Korruption
✅ Wählermanipulation
✅ Falschberichte in den Medien— thore (@justthore) May 18, 2019
#25:
„An dieser Stelle möchte ich auf die zentrale Rolle hinweisen, die unabhängiger Journalismus in einer Demokratie spielt“
Immerhin Bundespräsident Van der Bellen schafft es, staatsmännische Töne zu treffen #strachevideo #neuwahlen
— Ingrid Brodnig (@brodnig) May 18, 2019
#26:
Gute Zeiten, um nochmal über den Wert des unabhängigen Journalismus zu sprechen. #Strache
— Nicole Diekmann (@nicolediekmann) May 18, 2019