Wie soll ich von meiner Ausbildungsvergütung leben?
Ausbildungsvergütungen für Auszubildende sind ein heikles Thema, das aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden sollte. Niemand bestreitet, dass Ausbeutung ein fester Bestandteil unseres Wirtschaftssystems, ja sogar der gesamten Weltordnung ist. Dass Firmen allerdings den großen Reibach machen, indem sie auf Azubis und Azubinen setzen, ist jedoch größtenteils ein Vorurteil. Unternehmensseitig sind die niedrigeren Gehälter während der Ausbildung verständlich, da die Firmen Zeit und Ressourcen investieren, um den Nachwuchs fachgerecht auszubilden. Dies bedeutet zusätzliche Kosten, die in vielen Fällen nicht direkt durch die Leistung der Auszubildenden ausgeglichen werden können, auch weil sie nicht jeden Tag im Unternehmen sind und noch zur Berufsschule müssen. Jedoch sollte man nicht außer Acht lassen, dass junge Erwachsene, die sich in Ausbildung befinden, auch mit den Herausforderungen der steigenden Lebenshaltungskosten und der Inflation konfrontiert sind.
Die niedrigen Vergütungen machen es ihnen dabei schwer, grundlegende Bedürfnisse zu decken und finanzielle Stabilität zu erreichen. Denn nicht jeder hat auch Anspruch auf Bürgergeld oder Berufsausbildungsbeihilfe (BAB) oder Eltern, die einen unterstützen. Dies kann zu finanzieller Unsicherheit und Stress führen, der ihre Ausbildung und Zukunftsaussichten beeinträchtigen kann. Mitunter gehen Auszubildende ohne Unterstützung nur arbeiten, um sich Miete, Verpflegung und Dinge des alltäglichen Bedarfs leisten zu können. Es wäre schön, wenn junge Menschen die Möglichkeit hätten, sich optimal in ihrem gewählten Berufsfeld zu entwickeln, ohne durch finanzielle Belastungen gebremst zu werden. Der nun folgende Thread von @VevalingJ, die ihre Ausbildung erst nach einer schweren Krebserkrankung beginnen konnte, macht deutlich, wie verbesserungsbedürftig das duale Ausbildungssystem ist. Aber lest selbst.
Meine Ausbildungsvergütung beläuft sich auf 805€ monatlich.
Dafür arbeite ich. Vollzeit (mimimi eine Ausbildung ist nicht Vollzeit? Doch, ist sie laut Gesetzgeber). Nach Abzug der geläufigen Mietkosten von ca 400€ hier in der Gegend bleiben mir also 405€/Monat. Für alles.
— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Meine Ausbildungsvergütung beläuft sich auf 805€ monatlich.
Dafür arbeite ich. Vollzeit (mimimi eine Ausbildung ist nicht Vollzeit? Doch, ist sie laut Gesetzgeber). Nach Abzug der geläufigen Mietkosten von ca 400€ hier in der Gegend bleiben mir also 405€/Monat. Für alles.— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Also tatsächlich weniger Geld als Bürgergeldempfangenden.
Jetzt könnte ich mich natürlich aufregen darüber, dass die mehr haben als ich. Und nach unten treten.
Oder ich fordere Armutsfeste Löhne und bezahlbare Unterkünfte für Menschen in Ausbildung/Studium.
Weil ich nämlich
— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Also tatsächlich weniger Geld als Bürgergeldempfangenden.
Jetzt könnte ich mich natürlich aufregen darüber, dass die mehr haben als ich. Und nach unten treten.Oder ich fordere Armutsfeste Löhne und bezahlbare Unterkünfte für Menschen in Ausbildung/Studium.
Weil ich nämlich— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
NICHTS davon habe dass Menschen die finanzielle Unterstützung brauchen schlechter geht. Würden die Mieten für Bürgergeldempfangende nicht übernommen ändert dass an meiner Situation genau:
Gar nichts.
Und deshalb kämpfe ich lieber für bessere Bedingungen für alle statt in
— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
NICHTS davon habe dass Menschen die finanzielle Unterstützung brauchen schlechter geht. Würden die Mieten für Bürgergeldempfangende nicht übernommen ändert dass an meiner Situation genau:
Gar nichts.
Und deshalb kämpfe ich lieber für bessere Bedingungen für alle statt in
— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Grabenkämpfen Nebelkerzen zu zünden oder Menschen gegeneinander auszuspielen. Nur gemeinsam gelingt Veränderung.
Und nur wenn wir lernen allen Menschen ihre Würde zuzugestehen kann Demokratie auf dauer gelingen, denn nur dann sind wir tatsächlich im selben Boot.#ArmutAbschaffen
— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Grabenkämpfen Nebelkerzen zu zünden oder Menschen gegeneinander auszuspielen. Nur gemeinsam gelingt Veränderung.
Und nur wenn wir lernen allen Menschen ihre Würde zuzugestehen kann Demokratie auf dauer gelingen, denn nur dann sind wir tatsächlich im selben Boot.#ArmutAbschaffen— Vevaling (@VevalingJ) November 1, 2023
Kommentare und Reaktionen:
Kaum zu glauben, aber wahr. Wer mit über 25 eine Ausbildung beginnt, muss sich selbst irgendwie finanzieren – Zuschüsse gibt es nicht. Der einzige Ausweg sind familiäre Unterstützung oder ein Nebenjob, für den man nicht nur Zeit und Motivation, sondern auch das Wohlwollen des Ausbilders haben muss. Aber auch für die Jüngeren sieht es alles andere als rosig aus. Nicht selten wissen sie, dass ein Anspruch auf Hilfe besteht. Daher stellt sich die Frage, inwiefern die aktuellen Regelungen noch zeitgemäß sind. Nachfolgend haben wir ein paar Antworten aus der Twittercommunity für euch gesammelt:
Mindestlohn? Nie gehört
Ich hatte im 3. LJ 638€ netto. Und eine Wohnung, die 600€ warm kostete. Also hatte ich einen Nebenjob. Während ich fürs Examen büffelte, schob ich, wann immer möglich, Doppelschichten. Frei Wochenenden? Fehlanzeige. Arbeitszeitgesetz? Ruhezeiten? Hat niemanden interessiert 🤷♀️
— PumaHuehnchen (@HuehnchenPuma) November 1, 2023
Ich hatte im 3. LJ 638€ netto. Und eine Wohnung, die 600€ warm kostete. Also hatte ich einen Nebenjob. Während ich fürs Examen büffelte, schob ich, wann immer möglich, Doppelschichten. Frei Wochenenden? Fehlanzeige. Arbeitszeitgesetz? Ruhezeiten? Hat niemanden interessiert 🤷♀️
— PumaHuehnchen (@HuehnchenPuma) November 1, 2023
Diese Regelungen müssen dringend angepasst werden
Daher fände ich eine Lösung mit staatlicher Unterstützung, entweder über Wohngeld oder ein BAföG angebracht. 2/2
— Kadesha (@Kadesha19) November 1, 2023
Daher fände ich eine Lösung mit staatlicher Unterstützung, entweder über Wohngeld oder ein BAföG angebracht. 2/2
— Kadesha (@Kadesha19) November 1, 2023
Ohne Hilfe praktisch undenkbar
Ich bekomme seit diesem Monat 507€… Wie soll ich davon leben können??
— Paul 🏳️🌈🇺🇦 (@Paul__Loth) November 1, 2023
Ich bekomme seit diesem Monat 507€… Wie soll ich davon leben können??
— Paul 🏳️🌈🇺🇦 (@Paul__Loth) November 1, 2023
Was bleibt ihr auch anderes übrig?
Ich weiß noch als Azubi hatte ich damals 3 Jobs insgesamt gehabt um irgendwie um die Runden zu kommen mit Wohnung, Auto und und. Das war so zermürbend und scheisse. Mein Gehalt war damals lächerliche 600€ – kein Plan wieso. Aber die Ausbildung hat sich gelohnt. Zieh durch!
— EVELTIME (eve) (@evel_time) November 1, 2023
Ich weiß noch als Azubi hatte ich damals 3 Jobs insgesamt gehabt um irgendwie um die Runden zu kommen mit Wohnung, Auto und und. Das war so zermürbend und scheisse. Mein Gehalt war damals lächerliche 600€ – kein Plan wieso. Aber die Ausbildung hat sich gelohnt. Zieh durch!
— EVELTIME (eve) (@evel_time) November 1, 2023
Sofern der Ausbildungsbetrieb dem zustimmt
Du darfst noch einen Nebenjob ausüben mit 520€ im Monat steuerfrei. Das hab ich zu der Ausbildungszeit auch gemacht.
— Heike Herz (@heikeherz) November 3, 2023
Du darfst noch einen Nebenjob ausüben mit 520€ im Monat steuerfrei. Das hab ich zu der Ausbildungszeit auch gemacht.
— Heike Herz (@heikeherz) November 3, 2023
Schön ist anders
Ich hatte immer mindestens einen Nebenjob in der Gastro zu meinem Vollzeitjob. Zu meiner Lehrezeit habe ich 345 Euro im dritten Lehrjahr, ich hätte nie ausziehen können, obwohl das sicher besser gewesen wäre. Ich musste bis 21 „ durchhalten“ und dann eben mit Nebenjobs. Geht..
— tierisch_fein (@FeinTierisch) November 1, 2023
Ich hatte immer mindestens einen Nebenjob in der Gastro zu meinem Vollzeitjob. Zu meiner Lehrezeit habe ich 345 Euro im dritten Lehrjahr, ich hätte nie ausziehen können, obwohl das sicher besser gewesen wäre. Ich musste bis 21 „ durchhalten“ und dann eben mit Nebenjobs. Geht..
— tierisch_fein (@FeinTierisch) November 1, 2023
Valider Punkt
Wenn jemand schreibt: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, dann werde ich immer aggressiv. Ich habe im dritten Jahr 800 Euro verdient. Und. fachlich bist du nach dem zweiten Jahr oft besser als der Kollege Mitte 50 der seit 30 Jahren nichts Neues lernen will.
— dasBo 🤷🏻♂️ (@dasbo_deluxe) November 2, 2023
Wenn jemand schreibt: „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“, dann werde ich immer aggressiv. Ich habe im dritten Jahr 800 Euro verdient. Und. fachlich bist du nach dem zweiten Jahr oft besser als der Kollege Mitte 50 der seit 30 Jahren nichts Neues lernen will.
— dasBo 🤷🏻♂️ (@dasbo_deluxe) November 2, 2023
Danke auch dafür
Jepp, war bei mir „damals“ genauso. Hat dazu geführt, dass ich dann 40-50 Stunden im Ausbildungsbetrieb und nochmal 20-30 Stunden pro Woche im Nebenjob (Gastro) gearbeitet habe. Die Schlafstörung die damit einherging hat mich dann noch ca. 3 Jahre begleitet.
— Föhnfrisuralpaka (@Psychohoernchen) November 1, 2023
Jepp, war bei mir „damals“ genauso. Hat dazu geführt, dass ich dann 40-50 Stunden im Ausbildungsbetrieb und nochmal 20-30 Stunden pro Woche im Nebenjob (Gastro) gearbeitet habe. Die Schlafstörung die damit einherging hat mich dann noch ca. 3 Jahre begleitet.
— Föhnfrisuralpaka (@Psychohoernchen) November 1, 2023
Und von außen verstehen es viele nicht
haha, erinnert mich an eine Freundin. Ausbildung zur klin. Psychologin vor 20 J. (Pflicht). ca 270,- Euro/Monat. Wurde von ihrem Oberarzt ausgelacht und ständig verhöhnt, dass sie noch zu Hause wohnt.
Das war so mieses Bossing, nur weil sie es finanziell nicht anders schaffte.
— Blonder Pöbel 😷 (@BlondChristina) November 1, 2023
haha, erinnert mich an eine Freundin. Ausbildung zur klin. Psychologin vor 20 J. (Pflicht). ca 270,- Euro/Monat. Wurde von ihrem Oberarzt ausgelacht und ständig verhöhnt, dass sie noch zu Hause wohnt.
Das war so mieses Bossing, nur weil sie es finanziell nicht anders schaffte.— Blonder Pöbel 😷 (@BlondChristina) November 1, 2023
Bevor ihr abhaut, hier könnt ihr noch reinschnuppern: