Ursula von der Leyen als EU-Kommissionschefin? Nein danke!
Am Dienstag hat EU-Ratspräsident Tusk Ursula von der Leyen als Kommissionschefin vorgeschlagen. Das hat viel Wut und Unverständnis ausgelöst.
Die Personalie Von der Leyen
Zur Erinnerung, das ist die Ministerin, die mit Netzsperren gegen Kinderpornografie vorgehen wollte und die trotz aller Expertenwarnungen den Sparkurs in der Bundeswehr ad absurdum geführt hat.
Flug- und Fahrzeuge nicht einsatzbereit, marode Ausrüstung, fehlendes Personal etc. Stattdessen sollte die Truppe familienfreundlicher werden. Absurd ist das Thema Sparkurs auch in sofern, dass die Gorch-Fock, das Segelschulschiff der Deutschen Marine, ein Millionengrab für Steuergelder par excellence ist und eigentlich ausgemustert gehört. Ähnlich wie beim Euro Hawk Projekt, das Von der Leyens Vorgänger zu verantworten hat, wird am einen Ende massiv Geld gespart und am anderen Ende sinnlos aus dem Fenster geworfen. Nun könnte man argumentieren, das Segelschulschiff sein ein bedauerlicher Einzelfall und als Prestigeobjekt der Marine unverzichtbar, aber die Gorch-Fock ist nicht das einzige Problem.
In der Affäre um fragwürdige Beraterverträge im Verteidigungsministerium, steht die Ministerin ebenfalls unter Druck. Der ist nicht nur rein politischer Natur. Es geht um den Verdacht der Vetternwirtschaft, Veruntreuung und Korruption. Besonders pikant: Der Untersuchungsausschuss läuft noch und wird nach der Sommerpause fortgesetzt werden. Vernommene Zeugen haben das Ministerium und seine Hausleiterin bereits schwer belastet. Eine anonyme Strafanzeige, die sich auf einen vertraulichen Bericht des Bundesrechnungshofs berief, hatte 2018 die Ermittlungen in der Berateraffäre ins Rollen gebracht. Ausgang offen.
Das Dilemma der Nominierung
Die Nominierung Von der Leyens zur EU-Kommissionschefin macht das Spitzenkandidaten-Verfahren hinfällig. Warum das so schlimm ist? Das Parlament hatte vor der Wahl noch vollmundig verkündet, „nur Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten zu akzeptieren, die als Spitzenkandidaten ihrer Parteien in den Europawahlkampf gezogen sind“. Schließlich will die EU ja näher an ihre Bürgerinnen und Bürgern heranrücken. Zu diesem Zweck hatte man sich 2014 auf dieses Verfahren geeinigt. Jedes europäische Parteibündnis nominiert einen Spitzenkandidaten und zieht mit ihm oder ihr in den Wahlkampf. Die Kandidat*in der Siegerpartei soll am Ende Kommissionspräsident*in werden, wenn sie die Mehrheit im Rat und im Parlament bekommt. Zuletzt so passiert bei Jean-Claude Juncker, der vom Europäischen Rat als Kommissionschef vorgeschlagen und vom Europäischen Parlament dann in dieser Rolle bestätigt wurde. So viel zum Spitzenkandidatenverfahren.
Aber: Von der Leyen war gar keine Spitzenkandidatin. Sie ist als amtierende Verteidigungsministerin bei der Europawahl überhaupt nicht angetreten. Die Staats- und Regierungschefs haben sie dennoch nominiert. Zum einen weil der EVP-Kandidat Weber in Ungnade fiel und zum anderen weil der Sozialdemokrat Timmermans von den überwiegend rechtsregierten Visegradstaaten kategorisch abgelehnt wurde. Von der Leyen muss nun im EU-Parlament mit absoluter Mehrheit gewählt werden.
Not my President
Unterm Strich kann man natürlich behaupten, es gäbe keine Alternativen, weil beide Spitzenkandidaten durchgefallen sind. Aber muss es wirklich Ursula von der Leyen sein? Die Außenwirkung dieser Entscheidung ist fatal. Ob angebracht oder nicht, der Vorwurf der „Hinterzimmerpolitik“ ist nicht von der Hand zu weisen. Das liegt einerseits an den Absprachen zwischen Merkel und Macron, andererseits wirkt es im Angesicht der oben genannten Berateraffäre so, als wäre Von der Leyen weggelobt worden oder zumindest unrechtmäßig hochgestolpert.
Man kann nur hoffen, dass das Parlament selbstbewusst genug ist, eine Kommissionschefin Von der Leyen abzulehnen. Andernfalls wird das Vertrauen der Wähler in die EU empfindlich beschädigt. Das haben die Reaktionen auf die Nominierung bereits gezeigt.
Wir haben die treffendsten Tweets zum Thema zusammengetragen.
#1:
Wer so ziemlich alle Vorurteile gegenüber Personalfindungsprozessen in der #EU bestätigen möchte, macht jetzt Ursula #vonderLeyen zur Kommissionspräsidentin. Am besten im Trio mit Andreas Scheuer und Anja Karliczek.
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) July 2, 2019
#2:
Heute wird im #EP Geschichte geschrieben.
Es ist inakzeptabel, dass der @EUCouncil darüber entscheidet wer KommissionspräsidentIn & Vizepräsident der Kommission wird & wer #EP Präsidenten wird.
Das kann ein selbstbewusstes Parlament nicht akzeptieren! #vonderLeyen #euco— Tiemo Wölken🇪🇺 (@woelken) July 2, 2019
#3:
Für Europa reicht‘s: #vonderLeyen
Bei McKinsey, NATO und Heckler&Koch dürften gerade die Korken knallen – die Militarisierung der EU schreitet voran… Wenn das EP diese Knalltüte wählt, kündige ich. ZwinkerSmiley
Hihihi, @EVP: Selbstachtung oder Kommissionspräsidentschaft?— Martin Sonneborn (@MartinSonneborn) July 2, 2019
#4:
"Was tun wir, um das Vertrauen in die EU zu stärken?"
"Eine Wahl mit 426 Mio. Wahlberechtigten!"
"Wow."
"Jede Fraktion mit eigenem Spitzenkandidaten!"
"Cool!"
"Pass auf, und dann, am Ende, da scheißen wir einfach auf ALLES und nehmen IRGENDWEN!"
"Brillant!"#EUCO #vonderLeyen— Jens Clasen (@jenshealthde) July 2, 2019
#5:
Wo wird #vonderleyen als EU-Kommissionspräsidentin ihren Schwerpunkt setzen?
Beim Umverteilen von Steuergeldern an private Beraterfirmen?
Beim Aufbau einer dysfunktionalen EU-Armee?
Oder etwa beim Durchfallen im EU-Parlament?Tippe auf Letzteres.
— Nico Semsrott (@nicosemsrott) July 2, 2019
#6:
#SPD und #Grüne reagieren empört auf die Nominierung von #vonderLeyen zur #EU-Kommissionspräsidentin. pic.twitter.com/sqkz7dsADX
— ZDF heute (@ZDFheute) July 2, 2019
#7:
Wie viele Berater braucht man, um eine Energiesparlampe einzuschrauben?
Keinen! Es sei denn, Ursula #vonderLeyen wird wirklich EU-Kommissionschefin.— ZDF heute-show (@heuteshow) July 3, 2019
#8:
Warum wählen wir ein Europaparlament und Spitzenkandidaten stellen sich zur Wahl, wenn am Ende die nationalen Regierungschefs im Hinterzimmer eine Kommissionspräsidentin #vonderLeyen auskungeln.
Wenn man Anti-Werbung für Europa machen will: das ist sie.
— alf frommer (@alf_frommer) July 2, 2019
#9:
Die #vonderLeyen-Nominierung in Bildern pic.twitter.com/52u8XOk0oE
— extra3 (@extra3) July 2, 2019
#10:
Ursula #vonderLeyen soll EU-Kommissionschefin werden.
Passt doch, wo derzeit eh nur noch circa vier EU-Staaten funktionstüchtig sind.— ZDF heute-show (@heuteshow) July 3, 2019
#11:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir als #Europaparlament dieses Postengeschachere mit einer Mehrheit belohnen. Wir sind es der Demokratie schuldig, uns nicht von einer Hinterzimmerrunde diktieren zu lassen, wer die wichtigsten Ämter des Kontinents bekommt.#vonderleyen #EUCO
— Erik Marquardt (@ErikMarquardt) July 2, 2019
#12:
Wie man Politikverdrossenheit auf EU-Ebene bekämpft:
🚫 Artikel 13 gegen hunderttausendfachen Widerstand durchwinken
🚫 Glyphosat-Gift legal halten
🚫 Geflüchtete im Mittelmeer absaufen lassen
🚫 #vonderLeyen zur Komissionspräsidentin machen
✅ Tweets von @MartinSonneborn lesen— Postillleaks (@postillleaks) July 2, 2019
#13:
Die SPD lehnt die Nominierung Ursula von der Leyens als neue EU-Kommissionspräsidentin ab.
„Ablehnen“ bedeutet in SPD-Sprech, dass man mit der Zustimmung 24 Stunden wartet. #vonderLeyen— ZDF heute-show (@heuteshow) July 3, 2019
#14:
Pleite auf Pleite, aber nie ist sie geflogen. Bei der Bundeswehr hielt man #vonderLeyen deshalb schon für ein Flugzeug. Nun soll Sie Kommissionspräsidentin werden. pic.twitter.com/nnL9w0LEA8
— extra3 (@extra3) July 2, 2019
#15:
Wenn "die da oben" ein Fünkchen Anstand hätten, würden sie wenigstens die Untreueermittlungen der Staatsanwaltschaft Berlin abwarten bevor sie Frau #vonderLeyen für eines der mächtigsten Ämter Europas vorschlagen.https://t.co/liTOD2yEEq
— Ardubancel Quazanga (@quazanga) July 2, 2019
#16:
Alter. Ich bin raus. Das ist mir gerade alles zu viel.
Das Europa, was ich liebe, wird an korrupte Politikerinnen verscherbelt und mehr als hilflos zuschauen kann ich nicht.
Sorry… /TN #EUCO #vonderLeyen #Lagarde #EUParlament
— UnionWatch (@watch_union) July 2, 2019
#17:
Lange Partynacht: Anwohner von McKinsey-Zentrale beklagen sich über Ruhestörung #vonderLeyen https://t.co/S6xfWZ9tvi
— Der Postillon (@Der_Postillon) July 3, 2019
#18:
Das Einzige, was mich an der #VonderLeyen Nominierung wirklich brennend interessiert: Welcher der vielen Berater hat die EU-Regierungschefs dazu überredet und wie viel hat er dafür bekommen?
— Florian Schroeder (@Schroeder_Live) July 2, 2019
#19:
Immerhin. Sie haben nicht Theresa May nominiert. #vonderLeyen #Kommissionspräsidentin
— extra3 (@extra3) July 2, 2019
#20:
Abstellgleis EU: Wenn du in deinem Land die unbeliebste Ministerin bist, wirst du eben EU-Kommissionspräsidentin.
Andreas Scheuer steht auch schon in den Startlöchern. #vonderLeyen
— BR_quer (@BR_quer) July 3, 2019
#21:
Kinder, ich bin dann mal weg, EU-Kommissionspräsidentin sein. Habt ihr auch alles? Klaus, nicht alle Süßigkeiten auf einmal! OK, bleibt schön brav, ja? #vonderLeyen pic.twitter.com/cD6plKSNpe
— Der Gazetteur (@dergazetteur) July 2, 2019
#22:
Das #BrowserBallett freut sich schon auf die EU-Berateraffäre. #vonderLeyen https://t.co/2MSDIGD0GL@Dieser_Schlecky pic.twitter.com/kUHgWre2qZ
— extra3 (@extra3) July 3, 2019
#23:
Ich glaube, ich bin im falschen Film. #VonderLeyen war nicht nur keine Spitzenkandidatin, sie hat im Wahlkampf keinerlei Rolle gespielt.
So schwächt man das Vertrauen in die europäische Demokratie und ihre Verfahren. #EUGipfel pic.twitter.com/E9jP7h7wvK— Ricarda Lang (@Ricarda_Lang) July 2, 2019