Überraschung: Juso-Chef Kevin Kühnert ist links
Das Interview
Kevin Kühnert, Chef der „Jungsozialisten (Jusos) in der SPD“, erklärt in einem Interview mit der ZEIT auf Nachfrage, was seit eh und je Bestandteil des Juso-Programms ist und sogar im SPD-Grundsatzprogramm bis heute steht.
„Der demokratische #Sozialismus bleibt für uns die Vision einer freien, gerechten und solidarischen Gesellschaft, deren Verwirklichung für uns eine dauernde Aufgabe ist.“
Aktuelles Grundsatzprogramm der #SPD, 2007.
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) May 1, 2019
In dem besagten Interview, erklärt er seine Vision davon. Er möchte den Besitz von Wohneigentum einschränken, statt Privatbesitzern wünscht er sich mehr Genossenschaften als Eigentümer von Immobilien.
„Was unser Leben bestimmt, soll in der Hand der Gesellschaft sein und demokratisch von ihr bestimmt werden.“
Er regt außerdem an, Großunternehmen wie BMW zu kollektivieren, das heißt die Unternehmensführung in die Hände der Beschäftigten zu legen.
Kevin Kühnert hat einen Nerv getroffen
Es dauerte keine halbe Stunde, nachdem das Interview online ging, da brach ein Sturm der Entrüstung los.
Kevin fordert eine DDR 2.0
Kevin soll arbeiten gehen
Kevin hier Kevin da
Kevin Kevin Kevin
Aus dem Wort „Kollektivierung“ wird mal eben Enteignung und Verstaatlichung gemacht, Demokratischer Sozialismus wird mit staatlich verordnetem Sozialismus in einen Topf geworfen, das SPD-Grundsatzprogramm wird ignoriert und das Präsidiale Einparteien-System von Venezuela muss als ultimatives Negativbeispiel für Kühnerts Thesen herhalten. CDU-, CSU-, FDP-, AfD-Abgeordnete und skrupellose Geschäftsmänner wie Carsten Maschmeyer twittern sich die Finger wund.
„UNSERE FREIHEIT IST BEDROHT!!!“
Es passiert genau das, was wir schon bei Tempolimit, Klimawandel, der Wohnraumdebatte und anderen Themen erlebt haben. Der Angst seine eigenen gesellschaftlichen Privilegien zu verlieren, folgt der soziale Egoismus und eine „Das haben wir doch immer schon so gemacht“ Haltung. Solidarität mit einkommensschwachen Menschen? Aber doch bitte nicht auf meine Kosten! Wenig verwunderlich also, dass wieder diejenigen am lautesten schreien, die von der (un)sozialen Marktwirtschaft in diesem Land am meisten profitieren.
Kapitalismuskritik ist unerwünscht
Alters- und Kinderarmut? Kennen wir nicht!
Wohnungsnot und steigende Mietpreise? Regelt der Markt!
CumEx-Betrug? Geht doch nur um 30 Milliarden Euro Steuergelder.
Großkonzerne, die systematisch betrügen, um ihre Gewinne zu steigern? Alles halb so wild.
Kapitalismuskritik ist unerwünscht in Deutschland. Schließlich haben wir ja das beste und tollste System überhaupt, oder nicht?
All das sollte man noch mal auf sich wirken lassen. Die Hysterie, mit der hier auf ein harmloses Interview reagiert wird, spricht Bände.
Wir haben uns auf Twitter umgesehen und die treffendsten Reaktionen zusammengetragen.
#1:
Moin. #Mieten explodieren. Viele können sich Wohnen nicht mehr leisten. Das liegt auch daran, dass Mietwohnungen für große Konzernen alleine Renditeobjekte sind. @KuehniKev, @juso-Vorsitzender, will das bekämpfen & alle rasten aus. Kannst du dir nicht ausdenken. #Kuehnert
— Tiemo Wölken🇪🇺 (@woelken) May 2, 2019
#2:
Die Forderung von Kevin #Kühnert nach einer Kollektivierung von BMW & co ist inhaltlich natürlich richtig, macht aber im gesellschaftlichen Gesamtkontext nur Sinn, wenn die SPD ihre beiden Sparten verkauft:
– Seeheimer Kreis an die die FDP
– Rest an einen "Interessenten"— Nico Semsrott (@nicosemsrott) May 1, 2019
#3:
Zur Beruhigung: Juso-Chef Gerhard Schröder bezeichnete sich einst als Marxist und wollte die "Vorrechte der herrschenden Klasse beseitigen". Als Kanzler setzte er dann die größte Kürzung von Sozialleistungen in der Geschichte der Bundesrepublik durch. Alles wird gut. #Kuehnert
— Markus Feldenkirchen (@MFeldenkirchen) May 2, 2019
#4:
Wo Deutschland kein Problem hat:
Nazis marschieren uniformiert mit Fackeln und Trommeln in Plauen, rufen "Nationaler Sozialismus jetzt!" und "Deutschland erwache!"
Wo Deutschland ein Problem hat:
Juso-Chef Kevin Kühnert erklärt seine Idee (!) eines "demokratischen Sozialismus"
— Nicht Chevy Chase (@DrWaumiau) May 2, 2019
#5:
Juso-Chef Kevin #Kühnert findet, dass große Firmen kollektiviert werden sollen, Andreas Scheuer nennt ihn "verirrter Fantast". Sagt der Mann, der letztens ein Flugtaxi vorgestellt hat, das nicht fliegen kann.
— BR_quer (@BR_quer) May 2, 2019
#6:
Juso-Chef in der Kritik, weil er linke Ideen hat #jungsozialisten #Kuehnert @KuehniKev https://t.co/QYY5xTYUu9
— Der Postillon (@Der_Postillon) May 2, 2019
#7:
Bisher pariert @KuehniKev jeden Angriff gekonnt:
— Mario Sixtus 🇭🇰 (@sixtus) May 2, 2019
#8:
Deutschland, 1. Mai 2019.
Nazis marschieren offen, stolzierend, fast ungestört in mehreren deutschen Städten.
Juso-Chef redet von seinen Ideen über Sozialismus und Kollektivierung.
Ratet mal, bei welchem Thema weiße, deutsche, (konservative) Journalisten Alarm schlagen.
— Der Gazetteur (@dergazetteur) May 1, 2019
#9:
Wer hat da wieder die Zeile überdreht? Jetzt unterstellt man @KuehniKev, er habe die Verstaatlichung von BMW gefordert. Hat er aber gar nicht. Er denkt in Richtung Genossenschaft.
— Tilman Steffen (@tilsteff) May 1, 2019
#10:
Twitter-Deutschland 2019:
Neonazis veranstalten Fackelmarsch in #Plauen
=> eine Demokratie muss das aushalten.Juso-Chef spricht in Interview von Kollektivierung eines Automobilbetriebs.
=> Die sozialistische Diktatur steht unmittelbar bevor.#Kühnert— extra3 (@extra3) May 2, 2019
#11:
Ich weiß nicht, ob ich anderen Leuten Wirtschaftsnachhilfe empfehlen würde, hätte ich vergleichbar viele Schädigungen von Kleinanlegern unternehmerisch zu verantworten, wie das bei Ihnen der Fall ist.
— Kevin Kühnert (@KuehniKev) 2. Mai 2019
#12:
Deutschland:
-Palmer kritisiert bunte Gesellschaft: Darf er! Verständnis dafür!
-Nazis laufen offen durch Innenstädte: Grillen zirpen, ein Käuzchen ruft–#Juso-Chef erklärt, dass ein Konzern auch den Mitarbeitern gehören könnte: VÖLLIG IRRE DER TYP! WAS HAT DER BITTE GERAUCHT?!
— Kaffeecup (@kaffeecup) May 2, 2019
#13:
Interessanter als die Aussagen von Kevin #Kühnert zur #Eigentumsfrage sind die hysterischen Reaktionen drauf. Die Marktradikalen spüren wohl, dass sich Stimmung zu ihren Ungunsten entwickelt. Es gibt eine neue Dynamik für mehr Wehrhaftkeit gegen reine Profitgier. #kevinkuehnert
— Katja Kipping (@katjakipping) May 2, 2019
#14:
#KevinKuehnert liefert Denkanstöße für wichtige Problemstellungen – warum also die Aufregung? Fragt sich Mathias von Lieben.
— Deutschlandfunk (@DLF) May 2, 2019
#15:
bin gespannt auf das erste echte argument gegen kevin kühnerts wirtschaftspolitische überlegungen
— Dax Werner (@DaxWerner) May 2, 2019
#16:
Was die hysterischen Reaktionen auf das Kevin-Kühnert-Interview zeigen:
-die wenigsten haben es wirklich gelesen
-viele wissen nicht, was im SPD-Grundsatzprogramm steht
-oder was Sozialismus überhaupt ist
-es mangelt an Solidarität mit einkommensschwachen Menschen— Nicht Chevy Chase (@DrWaumiau) May 2, 2019
#17:
65 Enteignungsverfahren laufen für den Bau von Bundesautobahnen und Bundesstraßen. Und wir haben einen Bundesverkehrsminister, der Enteignungen für rückwärtsgewandt hält. Das ist wirklich feine Ironie.
— Alexander Fischer (@alexfischer) May 2, 2019
#18:
Viele können sich das Ende der eigenen Topfpflanze, der Demokratie und der Lieblingsserie auf Netflix vorstellen. Nur der Kapitalismus soll aber nie enden? Wir leben schon in einer komischen (neoliberalen) Welt. #sozialismus #Kuehnert
— Dr. Karamba Diaby (@KarambaDiaby) May 2, 2019
#19:
Er hat Sozialismus gesagt!!!#Kühnert
— extra3 (@extra3) May 2, 2019
#20:
Hier wird auf großer Bühne demonstriert, warum die #SPD eine so ängstliche Partei ist: weil bei jeder Linksabweichung das Einschüchterungs-Instrumentarium des 20. Jhdt aufgefahren wird: DDR, Stalin, Pol Pot. Der Mainstream als Furie @KuehniKev #Sozialismus
— Bernd Ulrich (@berndulrich) May 2, 2019
#21:
Der zentrale Satz in Kevins Interview ist übrigens dieser: "Was unser Leben bestimmt, soll in der Hand der Gesellschaft sein und demokratisch von ihr bestimmt werden." Wer hat damit ein Problem? #Kuehnert#SPD #Sozialismus
— Tiemo Wölken🇪🇺 (@woelken) May 2, 2019
#23:
Die Lage am Donnerstag: @KuehniKev verschreckt das Bürgertum. Die Sache ist nur, dass der demokratische Sozialismus das erklärte Ziel der Jusos ist. Sonst könnten sie sich gleich "Junge Neoliberale" nennen. https://t.co/FifrTGSOCZ via @SPIEGELONLINE
— Markus Feldenkirchen (@MFeldenkirchen) May 2, 2019
#24:
Vorschlag zur Güte in der Sache #Kühnert: BMW darf im Familienbesitz bleiben, muss aber im Gegenzug das Verkehrsministerium abgeben.
— Ralf Heimann (@ralfheimann) May 3, 2019
#25:
Stellt Euch mal vor, was los wäre wenn Konservative sich genauso über den #CumEx Steuerbetrug von Großbanken aufregen würden, wie über Aussagen von @KuehniKev.
— Katharina Nocun (@kattascha) May 2, 2019