Thread: Keine Kleidergröße und kein anderer Mensch – Ihr bestimmt Euren Wert!
Hand aufs Herz: Jeder war schon mal mit irgendetwas an seinem Körper unzufrieden, oder? Ob es das ein oder andere (angebliche!) Gramm zu viel ist, die Haare, die mit zunehmendem Alter immer lichter werden, oder die etwas zu große Nase: Irgendwas ist immer. Meint man zumindest selbst. Die folgende, sehr offene und persönliche Schilderung von @WertesFraeulein macht uns jedoch einmal mehr eindringlich bewusst, dass es keine Äußerlichkeiten sind, die einen Menschen wirklich „schön machen“. Die eine Person tatsächlich ausmachen. Denn Euren Wert bestimmt Ihr selbst!
Ich habe "Probleme" mit meinem Gewicht seit ich denken kann. Da war dieser Tag, ich war vielleicht 12, als ich auf die altmodische Plüschwaage meiner Oma stieg und die Zahl hatte eine Null hinten. Keine Ahnung, ob es 50 Kilo waren oder 60, auf jeden Fall war ich geschockt.
1/23
— Kakaofräulein (@FrolleinKakao) January 27, 2020
Ich setzte mich auf Diät. Ok, Hungerstreik trifft es besser. Führte Tagebuch was ich esse. Einmal stand da „ein Joghurt und ein Apfel. Zuviel. Morgen weniger“. Klar nahm ich ab. Zumindest eine zeitlang, dann wurde ich gemobbt. Gemobbt und Stammgast beim Dönermann.
2/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Weil Essen so schön glücklich macht. Keine Ahnung wieviel ich zunahm. Ich weiß nur, dass ich seit meinem 14. Lebensjahr immer Klamotten in drei Größen im Schrank hatte. Für die Hungerphasen, für die Essen-ist-mein-Seelentröster-Phasen und für die Übergänge.
3/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Mein Umfeld kommentierte jede Schwankung. Dass man in der Pubertät nun mal Rundungen bekommt – geschenkt. Mit mir zu sprechen und herauszufinden weshalb ich jeden Tag mindestens zweimal warm aß? Wozu denn? Jahrelang gefangen zwischen Hunger, Selsbstekel und Fertignudeln.
4/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Zwischen Mobbing wegen meines dicken Pos und Komplimenten zu meiner schmalen Taille. Zwischen derben Witze über Anorexie und abfälligen Kommentaren zu meinem ständigen Appetit und seinen Folgen. Das alles, ohne eine helfende Hand gereicht zu bekommen.
5/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Die erste, die mir sagte, dass Diäten dick machen, war meine ehemalige Schwiegermutter. Ich war fast 20 und beschloss, nie wieder zu diäten. Ich war ja nicht doof. Fortan nannte ich es ‚Ernährungsumstellung‘ – und mümmelte abwechselnd Salatblätter oder Hähnchenbrust.
6/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Je nachdem, ob ich gerade Low Carb, Low Fat oder Low sonstwas praktizierte.
Innerhalb eines Jahres erreichte ich ein Tiefstgewicht von 55 und ein Höchstgewicht von 80 Kilo. Dann wurde ich schwanger.
Endlich (haha) eine Ausrede, für zwei zu essen. Also, für drei.7/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
80 Kilo, 90 Kilo,… . Irgendwann wünschte mein Ex mir Schwangerschaftsdiabetes, damit ich aufhören MUSS so viel (Mist) zu essen. Wegen Komplikationen durfte ich ab der 12. SSW nur noch liegen. Lange Rede kurzer Sinn: ich beendete die Schwangerschaft mit über 100 Kilo.
8/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ratet, was ich tat? Spoiler: ich vertraute nicht darauf, dass die Pfunde automatisch purzeln würde. Nein, ich hatte nicht genug Verantwortungsgefühl jetzt endlich mit normalem Essverhalten anzufangen, weil ich es ja auch irgendwann meinen Töchtern vorleben würde.
9/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Lieber begann ich Ernährungsumstellung Nr.1367. Ich trackte Kalorien in einer App. Ist was anderes, oder? Dass ich wieder maximal 1200 kcal zu mir nahm – geschenkt. Immerhin hatte es Erfolg und ich bekam krass viele Komplimente. Noch heute bin ich irgendwie stolz darauf.
10/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ich hungerte mich auf 65 Kilo. 60. 57. Das Echo war enorm. Als ich noch Single wurde und wieder ausging, erntete ich unzählige Blicke. Der Erfolg bei den Männern war durchschlagend. Ich genoss es. Und hier wird es schwierig zu schreiben. WEIL ich es so genoss.
11/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Weil ich begehrt und umworben war und es einfach ist, dass am niedrigen Gewicht festzumachen. Weil es mir so viel gegeben hat, mich aufgebaut hat. Weil ich nachholen konnte, was mir an Abenteuern während meiner Jugend gefehlt hat. Weil ich schön war.
12/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Schön aber hungrig. Schön, aber dauernd schwindlig. Schön, aber immer frierend. Schön aber panisch.
Tägliches Wiegen. Alles tracken (ja, auch Gurken mit 90% Wasseranteil). Wehe, 1gr zuviel. Nahrung oder Gewicht, egal.
Ich war schön, aber gelebt habe ich nicht.13/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ich hatte immer Angst vor der Vergänglichkeit meiner Schönheit. Ich konnte nie genießen, keinen Ausflug mit den Kindern, kein Date, keinen Mädelsabend. Ein Kreislauf aus abwiegen, tracken und schlechtem Gewissen. Fühlte mich zeitgleich sexy und oberflächlich.
14/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Im Sommer 2019 machten wir Urlaub in Holland. Ich liebe das Land, verbinde viel damit. Ich liebe auch das Essen dort, es löst Erinnerungen aus. Ich aß nichts davon. Dafür weinte ich viel. Weil ich es nicht aß, weil ich es wollte, weil ich mir den Urlaub damit verdarb.
15/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
In meinem Kopf klickte es. Will ich das? Will ich schlank sein, aber nie wieder genießen? Will ich meinen Kindern immer anderes Essen kochen und selbst später und allein abgewogenes Superfood mümmeln? Will ich begehrt sein, aber beschnitten in meinem Leben?
16/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ich stolperte über das Buch „the fuck it diet“ und, ohne Scheiss jetzt, das veränderte mein Leben. Wie jetzt, ich kann und sollte geliebt werden für meine inneren Werte und nicht mein Gewicht? Ich bin nicht disziplinlos wenn ich aufhöre mich zu bestrafen und genieße?
17/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ohne ins Detail zu gehen: es hat mein Leben verändert.
Seit 6 Monaten esse ich. Alles. Wann immer ich will. Die ersten 4 oder 5 habe ich gefressen. Haltlos. Bis mir übel wurde. Fettiges, salziges, süßes Essen. Pausenlos. Dann hatte ich keinen Hunger mehr darauf.18/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Mir reichte ein Brot, statt zwei Brötchen. Ich wollte Äpfel, statt Keksen. Wenn ich satt bin, bekomme ich nichts mehr rein. Ich lasse halbe Teller stehen. Manchmal ess ich ich Fastfood und wisst ihr was? Ich genieße es und kein Blitz hat mich getroffen.
19/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ich habe zugenommen. Das sagt mir nicht die Waage, das sagen mir meine Hosen und Pullis. Und das ist ok. Weil ich plötzlich geduldig bin. Nicht mehr zusammenklappe. Weil ich Energie für Dinge habe, die vorher unmöglich erschienen. Körperlich und mental.
20/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Obwohl ich anfangs panische Angst hatte jetzt nicht mehr sexy zu sein, nicht mehr gesehen zu werden, hat sich an meiner Wirkung auf Männer nichts getan. Muss an der Attitude liegen. Wer sich attraktiv fühlt, strahlt das aus. Ich weiß, was ich wert bin. Innendrin.
21/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Es ist übrigens hart. Gerade im Januar. Überall Diäten. Überall Schlankheitswahn. Und erzählt mir nichts von Gesundheit und bla. Gesund will ich auch sein. Gesund will euer Körper automatisch sein. Gebt ihm und euch die Möglichkeit zu heilen und gesund zu werden.
22/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Ihr werdet automatisch Bock auf Grünzeug und Sport haben. Aber eben auch auf Pommes und Eis. Und wenn ihr es zulasst und hinhört werdet ihr euch beides gönnen. Weil ihr es euch wert seid. Weil ihr euren Wert bestimmt, keine Kleidergröße und kein anderer Mensch.
23/23
— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
P.S. viele Zusammenhänge, Gedankengänge etc werden vllt nicht ganz klar. Schreibt mir, wenn ihr Fragen habt!
Und an die Trolle: dies ist ein _persönlicher_ Thread. Meinungen-ja. Hate-nein.
Weil👏🏻ihr👏🏻keine👏🏻Ahnung👏🏻habt
(und niemanden interessiert ob ihr nur auf Dünne steht)— Wertes Fräulein (@WertesFraeulein) January 27, 2020
Vielen Dank für diesen tollen Thread! <3
Toller Thread. 👍🏼
Schön, authentisch, echt und sehr lesenswert.
Kann ich nur unterstützen, seid so wie Ihr seid und bleibt so.
Vielen Dank für deine Offenheit. 🙏🏼
— Ⓢⓥⓔⓝⓣⓔ (@Finstar16) January 27, 2020
Mit ganz vielen deiner Situationen kann ich mich identifizieren. Danke dafür und genieße das Leben. Auch ich bin fast im Reinen mit mir. Endlich.
— zuckerschnute 2.0 (@Zuckerschnute2_) January 27, 2020
Danke, dass du deine Geschichte geteilt hast. Ich bin noch im Kampf mit mir selbst… Ups and downs immer noch.. Vll schaffe ich mir das Buch. Aber Danke – es gibt mir auch Hoffnung. Weil ich liebe gutes Essen.
— Līga Madelāne (@LiigaM) January 27, 2020