Thread: Die Corona-Testkapazitäten werden hochgefahren
Einige von uns trauen sich schon gar nicht mehr nachzuschauen, wie viele Corona-Infizierte es gibt. Täglich wächst die Zahl weiter, teilweise in beunruhigendem Maße. Warum das aber nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein muss, erklärt euch Dr. med. Oliver Dierssen in dem nun folgenden Thread.
Corona-Testkapazitäten werden in D massiv hochgefahren. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung wurden allein in der letzten Woche 266.000 Tests gemacht.
Warum die Fallzahlen damit deutlich anwachsen werden – und warum das kein schlechtes Zeichen sein muss.
Thread
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Die aktuellen Zahlen der positiven Tests gehen täglich durch die Nachrichten. Regelmäßig wird der Ländervergleich herangezogen & bewertet.
In Deutschland werden mehr positive Tests verzeichnet als in UK oder Russland. Dies ist kein schlechtes, sondern ein eher gutes Zeichen.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Die Gesamtzahl der Corona-Infizierten setzt sich stets aus zwei Größen zusammen:
Nachgewiesene Infektionen (Tests)
+
DunkelzifferDie Dunkelziffer ist vermutlich hoch. In Italien geht man inzwischen von mehreren Hunderttausend unentdeckten Infektionen aus.
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Je höher die Corona-Dunkelziffer ist, desto schlechter lässt sich die Pandemie „lenken“, z.B. durch Maßnahmen der Isolierung oder Distanzierung. In den USA wurde sehr spät mit dem Testen begonnen. Darum zunächst relativ wenig „Positive“, aber volle Krankenhäuser und viele Tote.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Da in Deutschland viel, früh und vor allem dezentral / flächendeckend getestet wurde, liegt der Anteil unentdeckter Infektionen vermutlich wesentlich niedriger als in z.B. Italien oder USA. Die aktuell deutlich niedrigere Sterblichkeit pro Mio. Einwohner weist klar darauf hin.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Die reine Erfassung der nachgewiesenen Infektionen ohne Einschätzung der Dunkelziffer hat sehr wenig Aussagekraft. Beispiel: Russland. Bis heute nur 840 nachgewiesene Infektionen. Kein gutes Zeichen
Ärztliches Sprichwort: Wer keine Temperatur misst, stellt auch kein Fieber fest.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Wer ausschließlich die Zahl nachgewiesener Neuinfektionen in den Fokus nimmt & dies mit Schreckensmeldungen untermalt („Wir sind 8 Tage hinter Italien!“), argumentiert unsauber und führt in die Irre, bewusst oder versehentlich. Er bedient das Narrativ „Deutschland handelt nicht.“
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Das Gegenteil ist richtig: Gerade weil Deutschland sehr intensiv testet, ist die Fallzahl hier so hoch – und die Todesrate (noch) verhältnismäßig niedrig. Dies wird weltweit bemerkt. Das „deutsche Modell“ ist ein Vorbild. Diese Leistung verdient Anerkennung.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Wer bloß sagt: „Deutschland testet zu wenig“, argumentiert wohlfeil. Die Kapazitäten werden täglich erweitert, doch das Virus verbreitet sich exponentiell. Da besteht IMMER ein Mangel an Tests. Darum müssen diese klug verteilt werden, um Hochrisikopersonen zu idenfizieren.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
Wer simpel argumentiert: „Es muss jetzt mehr getestet werden“, kann beim Fußball auch empfehlen, die Mannschaft müsste einfach nur mehr Tore schießen. Doch wie?
Wie man mit den knappen Testressourcen am besten umgeht, wissen tatsächlich die Fachleute vom @rki_de am besten.
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020
++ aktuellste Zahlen zum Thema: Christian Drosten teilte heute auf einer Pressekonferenz des @BMBF_Bund mit, aktuell liefen pro Woche eine halbe Million Corona-Tests. ++https://t.co/i4jFmlAhVy
— Kinderpsychiater Dierssen (@KJPGehrden) March 26, 2020