Paragraf 219a: Wie ein absurdes Werbeverbot das Recht auf Information behindert
„Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es auch in Zukunft nicht geben“, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) kürzlich.
Hintergrund ist der umstrittene Strafrechtsparagraf 219a, der in einer moderenen und aufgeklärten Gesellschaft eigentlich längst der Vergangenheit angehören sollte. Paragraf 219a verbietet „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche. Werbung! Für Schwangerschaftsabbrüche! Was sich schon in der Theorie reichlich unpassend anhört, wirkt in der Praxis erst richtig grotesk: Dem Paragrafen folgend macht sich bereits strafbar, wer „seines Vermögensvorteils wegen“ öffentlich Schwangerschaftsabbrüche anbietet.
Das wohl bekannteste Gesicht der Debatte ist die Gießener Ärztin Kristina Hänel. Sie informierte auf ihrer Website über Bedingungen und Möglichkeiten von Schwangerschaftsabbrüchen. So machte sich Frau Hänel strafbar und wurde wegen Verstoßes gegen eben jenen Paragrafen 219a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Willkommen im Jahr 2018!
Diskutiert wird das Werbeverbot für Abtreibungen schon länger. Doch nun wurde – auch durch den Fall von Frau Hänel – eine längst fällige politische Debatte auf höchster Ebene ausgelöst: Während sich FDP, Linke und Grüne ganz klar für die Streichung des Paragrafen 219a aussprechen, gibt es in Teilen der SPD noch Redebedarf. Und bei den Parteien, die das christliche „C“ im Namen tragen, ist das Themenfeld der Abtreibung und Schwangerschaftsabbrüche augenscheinlich eh so etwas wie Kryptonit, dass man auf gar keinen Fall anfassen darf.
Nun hatte die FDP-Fraktion im Bundestag einen Antrag zur Streichung des Paragrafen 219a eingereicht, um so – unter Mithilfe der SPD – eine Einigung zu erwingen. Union und SPD verhinderten mit ihrer Mehrheit jedoch eine sofortige Abstimmung über die Abschaffung von 219a, für die es im Parlament wohl eine Mehrheit gegeben hätte. Nun wird also erst einmal wieder beraten. Und beraten. Und nochmals beraten. Selbstverständlich zum Wohle der Frauen.
Wir haben für Euch die treffendsten Tweets zum Paragrafen 219a und den Hashtag #wegmit219a gesammelt. Macht Euch auf diese Weise einfach Euer eigenes Bild!
#1:
Heute wieder die Bezeichnung “Werbung für Abtreibung“ gehört.
Mir wurde schlecht.
NIEMAND macht „Werbung für Abtreibung“ – NIEMAND!!!!Es hat noch keine Frau gedacht: „Ach! Jetzt wo ich es sehe … eine Abtreibung hatte ich lange nicht!“
Das Wort Werbung ist ekelhaft!
— 🕷🦊Spinnefuchs🏡 (@Randalemama) December 12, 2018
(Beitrag wurde gelöscht)
#2:
Die #GroKo erklärt den Ärzten beim #219a ihr Misstrauen. Das belastet Frauen in einer ohnehin schwierigen Lage. Die @spdbt lässt sich von der @cducsubt vorführen. Sie sollte sich heute dem Antrag der @fdpbt zur Streichung im Bundestag anschließen. CL #wegmit219a
— Christian Lindner (@c_lindner) December 13, 2018
#3:
Traum: Alle „Lebensschützer“ setzen sich ab jetzt für lebende Kinder ein. Und für (alleinerziehende) Mütter, gegen Gewalt an Frauen und für die Verhütungs-Verantwortung von Männern. Das wären wirklich hilfreiche Maßnahmen gegen Abtreibung. #219a
— Rona (@maurakami) December 13, 2018
#4:
Es wird endlich Zeit, dass Ärzte über Abtreibungen frei reden dürfen. Es ist ein medizinischer Eingriff und nicht Lord Voldemort. #wegmit219a
— Shahak Shapira (@ShahakShapira) December 13, 2018
#5:
Heute habe ich viel zu #219aMussWeg getwittert, weil mir das Thema auch sehr wichtig ist.
Ich verspreche euch, dass es morgen wieder um gänzlich unkontroverse Themen wie Homöopathie, Impfen und Religion geht!! 😉— Natalie Grams (@NatalieGrams) 13. Dezember 2018
#6:
Männer vor dem Masturbieren erstmal zu 3 Beratungsstellen schicken und ihnen ein schlechtes Gewissen machen, dass sie vorhaben ABERMILLIONEN schützenswerte Spermien in die Kanalisation zu schleudern #219a
— Ida Funkhouser (@IdaFunkhouser) December 13, 2018
#7:
Bei der Debatte #219a geht es um viel mehr als einen Paragraphen: Um die Frage ob man Frauen als eigenständige Subjekte sieht, die selbst über ihren Körper bestimmen können, oder als Wesen, die man vor ihren eigenen Entscheidungen schützen muss. #wegmit219a #keineKompromisse
— Ricarda Lang (@Ricarda_Lang) December 13, 2018
#8:
Selbst Leute, die für Abtreibungen sind, wollen doch keine Werbung dafür machen. Niemand macht sich eine Abtreibung leicht. Das ist eine harte Lebensentscheidung. Dafür braucht es Information – auch, um sich ggf. dagegen zu entscheiden, weil es gute Hilfsangebote gibt #wegmit219a
— alf frommer (@alf_frommer) December 13, 2018
#9:
Der §219a ist veraltet und gehört abgeschafft. Die Vereinbarung von Union und SPD ist ein umständlicher Kompromiss ohne klares Ergebnis. Ungewollt schwangere Frauen müssen sich informieren können und Ärzt*innen dürfen nicht länger für Auskünfte kriminalisiert werden. #wegmit219a
— BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN (@Die_Gruenen) December 13, 2018
#10:
Ärzt*innen werden kriminalisiert
Schwangere werden stigmatisiertAggressive Abtreibungsgegner können nach Lust & Laune einschüchtern und die Versorgung wird stetig schlechter, weil immer weniger die Eingriffe durchführen
Läuft richtig super #219a #wegmit219a
— Elaine Marley (@Mrs_Marley) December 12, 2018
#11:
Liebe Parteien,
Überrascht sie eventuell,, aber keine schwangere Frau denkt sich: "Heute Abend ist mein Terminkalender leer, aber ich habe so eine lustige Werbung für Abtreibung gesehen. Dann probieren wir das heute mal aus. Let's go!"#wegmit219a— scheise bin imposter. (@Erdschnabeltier) December 13, 2018
#12:
euer „wir haben doch alles erreicht!” könnt ihr euch sowas von sonstwohin schieben wenn unsere aktuelle regierung ein papier hervorbringt, dass einfach astrein das christlich fundamentalistische gelaber von abtreibungsgegner_innen (aka lebensfeind_innen) trägt. #wegmit219a #219a
— anne wizorek 💁🏼♀️🌈 (@marthadear) December 13, 2018
#13:
Schade, ich hatte mich so auf Blinkwerbung auf Grossplakaten vor jeder 2. Arztpraxis gefreut: ,Hier kannste dein olles Kind wegmachen lassen, Baby!’ oder ,Leben ist uns Ärzten völlig wurscht, come in, treib ab!’. Und wen interessieren schon Frauen und Informationen?! #219aMussWeg
— Natalie Grams (@NatalieGrams) 13. Dezember 2018
#14:
Was nicht passiert, wenn §219a weg ist:
– Agenturen pitchen um die It-Brand AbTrEiBuNg
– Mio. Frauen stürmen Praxen, um sich "was abtreiben zu lassen"
– Amazon steigt ins Abtreib-Biz einWas passiert:
– Ärzt*innen werden nicht mehr von Hobby-Denunzianten angezeigt#wegmit219a— Jens Clasen (@jenshealthde) December 13, 2018
#15:
Man kann übrigens für sich persönlich eine Abtreibung ausschließen, ohne deswegen anderen das Recht auf Information und körperliche Selbstbestimmung zu nehmen. Deswegen heißt es auch #prochoice und nicht "pro abortion".
Faszinierend, oder? #219a— Katrin Ils (@KatrinIls) December 13, 2018