Thread: Mir ist gestern unsere Nachbarin begegnet
Uns wäre es auch lieber, wenn wir nicht ständig auf die Situation von Pflegekräften aufmerksam machen müssten, aber wir dürfen die Augen vor der Realität nicht verschließen. Die Kliniken sind voll, das Personal ist seit Wochen am Limit und an der Bezahlung hat sich in den letzten 10 Monaten auch nichts getan. Vom Klatschen auf dem Balkon und dem freundlichen Lächeln, können sich Pfleger:innen nichts kaufen. Es liegt an jedem von uns, das medizinische Fachpersonal zu entlasten, das hier seit Wochen und Monaten um jedes Leben kämpft. Es sind Menschen wie die Nachbarin von @moarmopi, der wir mit dem nun folgenden Thread eine Stimme geben wollen. Und da es so aussieht, als würde sich die Situation in nächster Zeit nicht ändern, sollten wir zumindest unsere Solidarität zeigen, indem wir unsere Kontakte auf ein Minimum reduzieren und zu Hause bleiben.
Mir ist gestern abend noch unsere Nachbarin im Flur begegnet. Sie ist Pflegekraft, arbeitet bei uns im Krankenhaus auf der Intensiv. Sie hat sich entschuldigt, dass sie unsere Einladungen ausgeschlagen hat aber sie hat im Januar 14 Tage frei und will bis dann in Quaratäne bleiben
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Nur Arbeiten, Isolation, Arbeiten, Isolation. Bloß gesund bleiben, jedes zusätzliche Risiko vermeiden. Sie hat Vorräte bis Februar angelegt, damit sie nicht raus muss. Nudeln, Reis, Tomatensoße. Nix was kaputt geht. Und immer wieder Abstriche für Schnelltests.
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Sie sagt die Klinik kauft was sie kriegen können. Aber die Qualität wird immer schlechter. Die Handschuhe werden dünner, reißen schnell. Und die Patienten: Vermehrt landen Covidioten im Krankenhaus. Die tragen keine Maske und husten wild das Personal an.
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Die Patienten die mitwirken, die Pfleger in der Schleuse sehen und sich schnell noch ne Maske überziehen werden immer weniger. Dafür hat sie jetzt drei Kollegen auf der Intensiv die sie pflegen darf. Die sich bei Covidioten auf der Arbeit angesteckt haben.
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Alle Intensivstationen in der Region sind voll. Neue Intensivpatienten werden zur Zeit mit dem Hubschrauber 200km weiter nach Trier geflogen. Egal was sie haben. Aber wir haben ja geklatscht. Wenigstens bekommen sie den Einmalbonus und die Klinik packt was drauf.
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Sie sagte niemand von ihnen hatte eine Pandemie im Sinn als sie in den Job gegangen sind. Ich fühlte mich sofort an meinen Wehrdienst erinnert. Wir haben auch gedacht wir spielen ein bisschen Soldat, die Weltlage ist stabil, der Kalte Krieg ist vorbei. Und dann kam plötzlich 9/11
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Natürlich ging keiner von uns Wehrpflichtigen nach Afghanistan, insofern hinkte der Vergleich, aber als wir im Dienstzimmer saßen und die Flugzeuge in die Hochhäuser krachten, waren die Gedanken real. Und hier auch. Nur sind die Pflegekräfte heute mit Corona alleine.
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Ich hab ihr meine Geschichte erzählt und als ich 9/11 erwähnte, rutschte ihr ein „Oh shit!“ raus. 19 Jahre später und sie konnte das trotzdem noch nachempfinden. Werden wir in 19 Jahren die Sorgen der Pflegekräfte in Corona nachempfinden können?
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020
Ich hab ihr gesagt ich hab kein Bock auf Klatschen, aber wenn sie irgendwas braucht, Einkaufen, Putzen, Staubsaugen, irgendwas… sie soll es sagen, wir kümmern uns drum. Helfen statt klatschen.
Seid solidarisch, support your locals! Diese Menschen retten uns grad den Arsch!
— Momo@Home (@moarmopi) December 27, 2020