Und dann ist das Absurdeste passiert, was ich seit langem erlebt habe
Gehört ihr eigentlich zu der offenbar fast schon ausgestorbenen Fraktion, die tatsächlich noch den beschwerlichen Weg in Läden und Geschäfte auf sich nimmt, wenn sie etwas braucht? Klar, bei gewissen Dingen und Bestellungen ist der schnelle und unkomplizierte Klick in den Online-Einkaufswagen einfach meilenweit im Vorteil. Doch wie verhält sich das bei Sachen, die man doch irgendwie erst mal live und in Farbe vor sich haben möchte, bevor sie dann die nächsten Jahre das heimische Wohn- oder Schlafzimmer praktischer und im besten Fall auch gemütlicher machen? Nein, wir sprechen hier nicht von Gegenständen aus dem Sexshop, sondern vielmehr von Möbelstücken oder Sofas. Macht es da nicht durchaus Sinn, sich von fachkundigem Personal an Ausstellungsstücken die Unterschiede und Vor- und Nachteile verschiedener Produkte erklären zu lassen? Ja, natürlich! Doch was man neben Unmengen an Zeit zu einem solchen Termin unbedingt auch noch mitbringen sollte, sind Nerven aus Stahl. Warum, erfahrt ihr nun in der folgenden, durchaus zum Kopfschütteln anregenden Geschichte von Twitteruser @ENGERT!
Kürzlich wollte ich einen Tisch in einem Möbelhaus kaufen, ganz oldschool, und dann ist das Absurdeste passiert, was ich seit langem erlebt habe. Es hat zwei Stunden, fünf Angestellte und 19(!) Stück Papier gebraucht, und ist ein Lehrstück für the Power of Qualitätsmanagement:🧵
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Los geht’s online. Ich finde den Tisch. Warenverfügbarkeit im Möbelhaus: Grün. Kann direkt mitgenommen werden. Also hin, anschauen und wenn hübsch, kaufen. Denkt man.
Erster Fehler: Nur weil der Tisch da ist, kann man ihn als Kunde noch lange nicht anschauen. Wo denken Sie hin?
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Immerhin erfährt man von Mitarbeitenden, nachdem die sich minutenlang durch eine MS-DOS-Oberfläche tastaturhacken: Er ist im Lager. Man kann ihn hier aber erstmal nur bestellen. Unten an der Kasse muss ihn dann bezahlen. Und 20-30 Minuten später an der Warenausgabe abholen.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Gesagt, fast getan. Denn jeder dieser drei Schritte benötigt irgendwelches Durchschlagpapier, das aus Nadeldruckern(!) kommt, mit drei(!) Durchschlägen. Wie viele Stunden die Menschen in dieser Firma damit beschäftigt sind, Perforation vom Endlospapier links & rechts abzureissen!
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
An der Warenausgabe Verwunderung: Das Paket ist größer als gedacht. Engel links: Fahr los, was soll schon sein. Teufel rechts: Mach auf, guck rein.
Es ist der falsche Tisch.
Kasse: Gehen Sie zur Warenausgabe. Warenausgabe: Formular, drei Durchschläge, gehen Sie zur Abteilung.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
In der Abteilung: richtigen Tisch finden (Tastaturhacken, MS-DOS, Nadeldrucker), drei Durchschläge, Abriss, gehen Sie zum Kundenservice.
Kundenservice: Mitarbeiterin zieht aus einer Schublade, ihr könnt’s euch denken, ein Formular. Drei Durchschläge, Abriss, gehen Sie zur Kasse.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Von dort wieder zur Warenausgabe, halbe Stunde warten und schon ist der richtige Tisch da.
Und wenn ihr euch jetzt fragt, wie man einfach zwei Tische verwechseln kann: Prepare yourself for the magic of Warenwirtschaftssysteme.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Es gibt dort ZWEI Tische im System. Sie haben EXAKT den gleichen Namen. Sie haben EXAKT den gleichen Preis. Ihre Deckplatte hat das GLEICHE Holz. Und ihre Gestelle nicht nur ebenfalls das gleiche (andere) Holz, sondern auch die GLEICHE Farbe.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Und das kann niemandem auffallen, weil man während des gesamten Bestell-Kauf-Prozesses niemals ein Bild sieht, sondern immer nur MS-DOS-Oberflächen und Nadeldrucker-Endlospapier.
Das Wahnsinnige ist ja nun aber:
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
In diesem ganzen Riesen-Laden mit all seinen Nadeldruckern und Durchschlägen und Abteilungen kommt niemand auf die Idee, zu sagen: Mh, das ist aber eine Stolperfalle, lass einen Tisch anders nennen. Oder: Lass einen von beiden 1 Euro teurer machen, damit die sich unterscheiden.
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Nix. Man lässt die Leute einfach in die Situation rennen und mit Pech merkst du das halt erst zuhause…
Es war jedenfalls wirklich wie bei Asterix im „Haus das Verrückte macht“ und dem Passierschein A38.
And now: Behold the mighty german Möbelhausbürokratie für EINEN Tisch ->
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Gut, liebe Community, für so viel heilsamen Zuspruch gibt’s noch ein Schmankerl:
— Marcus Engert (@ENGERT) July 18, 2022
Kommentare und Reaktionen:
Ihr denkt nun, das hier geschilderte Erlebnis ist doch bestimmt nur ein Einzelfall? Weit gefehlt! Denn zahlreiche Userinnen und User teilten ihre ganz ähnlichen Erfahrungen als Antworten unter dem Thread. Schnell wird bei der Lektüre deutlich, dass im Hinblick auf die Digitalisierung in Deutschland wohl noch recht viel Luft nach oben ist. Aber das dürfte für uns alle eigentlich nichts Neues sein, oder?
Erinnert mich an ne Story von nem Kumpel, der mal bei einer Firma gearbeitet hat, wo _alles_ im Endeffekt an einem Uralt-PC hing, der nienienie ausgeschaltet werden dürfte, weil er garantiert nie mehr hochgefahren wäre. K.A. was im Falle eines Stromausfalls passiert wäre.
— 𝕲𝖗𝖎𝖒𝖒𝖇𝖆𝖗𝖙 📯 (@Grimmbart77) July 18, 2022
Früher war mehr Nadeldrucker!
Da hätte Loriot seligen Andenkens seinen Spaß dran 😂 ich wusste gar nicht das es noch Nadeldrucker gibt 🤷♂️😂😂😂
— Armin Klaer (@armin18111962) July 18, 2022
Nur eine kleine Bitte unsererseits: Ohne Richard David Precht!
Mach mal ’nen Podcast aus der Geschichte, schon allein wegen des Geräuschs des Nadeldruckers!
— Andreas Kötzing / @akoetzing.bsky.social (@AKoetzing) July 18, 2022
Irgendwann später dann vielleicht auch mal abgenickt von Tech-Nick
Hatte sowas Ähnliches mal mit einer Retoure bei @SaturnDE Hat auch fünf Mitarbeiter/innen, mindestens drei Anlaufstellen und über eine Stunde gedauert. Noch dazu musste ich die MA in der Fläche suchen 😂 Wer sich wundert, wenn Elektronik ausschließlich bestellt wird…
— Inga Höltmann (@ihoelt) July 18, 2022
Könnten wir den Overheadprojektor noch mal sehen?
Das kommt mir alles sehr bekannt vor – nicht nur in diesem Möbelhaus fühlt man sich in die 80er Jahre des vergangenen Jahr zurückversetzt. Rückständigkeit scheint branchentypisch zu sein.
— Michael Bechtel ( @qnbechtel.bsky.social ) (@qnbechtel) July 18, 2022
Wenn sich die Geschichte in einer deutschen Behörde zugetragen hätte
So richtig rund wäre die Geschichte allerdings nur unter Zuhilfenahme eines Faxgerätes geworden.
— (((M.Unbenannt)))📯 (@WirrIst_DasVolk) July 18, 2022
Wie war das noch gleich mit dem Papiermangel in Deutschland?
Ich hab mir nach dem ersten Post schon gedacht um welches Möbelhaus es sich handelt. Spätestens beim Nadeldrucker war ich mir sicher. Wir haben da mal ein Austellungsstück gekauft. War ähnlich viel Papier.
— Bummelmütze (@bummelmuetze) July 18, 2022
Wenn du die Firewall bei Wish bestellst
Wenn Hacker alle Kaufhäuser wegen eines Windows Fehlers attackieren, dann können wir immer noch zum Höffner, durch deren Akustikkoppler kommt nix durch!
— Heelix (@hirnwiese) July 18, 2022
Ach, ist das am Ende alles nur eine Erfindung der Schrittzähler-Industrie?!
Genau diese Story kenne ich. Nur mit einem dunkelgrauen Sitzsack. Inkl. Umtausch. Immerhin habe ich an dem Tag alleine 5.000 Schritte im Möbelhaus hingelegt. 😇
— Stefan Wickenhäuser (@stefwick) July 18, 2022
Und wenn wir schon beim Thema Verschwörungsmythen sind
Schon mal was von upselling gehört? Das war alles nur ein Trick, damit du auch noch einen Aktenschrank zur Aufbewahrung der ganzen Formulare kaufst 😁
— Stephan Rausch (@stephanrausch) July 18, 2022
Kennt ihr vielleicht nicht aus dem Möbelhaus, dafür aber aus dem Supermarkt: