Larry, der kleine blaue Vogel
Es war einmal vor noch nicht allzu lange Zeit ein kleiner, liebenswerter blauer Vogel namens Larry. Über Jahre hinweg war er der Stolz und das Aushängeschild eines großen sozialen Netzwerks, das den inoffiziellen Titel Jahrmarkt des Internets für sich beanspruchte. Tag für Tag flog er dort ein und aus und sorgte für Stimmung, gute Laune und jede Menge lustige Sprüche. Larry liebte, was er tat und konnte sich wirklich nichts Schöneres vorstellen.
Dann eines Tages, es war ein kalter Morgen und Larry saß wie gewohnt auf seinem Ast vor der Zentrale seines sozialen Netzwerks, änderte sich plötzlich alles. Seine Kolleginnen und Kollegen hatten ihn gewarnt, dass kurz zuvor ein arroganter und rücksichtsloser Milliardär mit einem Waschbecken das Haus betreten und sich als neuer Eigentümer vorgestellt hatte. Und jetzt zeigte eine riesige neue Leuchtreklame nur noch ein großes „X“. Unter den Angestellten brach Panik und Verzweiflung aus. Ein Teil der Belegschaft kündigte, ein Teil wurde fristlos entlassen und der Rest stand einfach nur regungslos da und konnte es nicht glauben, was mit dem einst so namhaften sozialen Netzwerk passiert war. Zudem schien sich niemand mehr um den kleinen blauen Vogel zu kümmern. Keiner steckte ihm mehr Sonnenblumenkerne zu, witzelte mit ihm in der Kaffeeküche oder gab ihm eine neue Aufgabe. Larry saß wie gelähmt da und sah dem immer chaotischer werdenden Treiben fassungslos zu.
Wie viel Zeit genau verging, vermochte Larry nicht zu sagen. Aber schließlich kam ein Mann mittleren Alters, gekleidet in T-Shirt und Sakko, auf ihn zu. Er warf Larry einen abfälligen Blick zu und setze ein schiefes Lächeln auf. „Deine Zeit ist vorbei. Wir brauchen dich nicht mehr. Raus mit dir! Du bist frei“, sagte er und bevor Larry protestieren konnte, setzte er ihn einfach vor die Tür und zog diese lautstark zu.
Larry war geschockt und immer noch erstarrt. Er konnte es einfach nicht fassen. Jahrelang war er das Maskottchen für Nachrichten, Trends und dumme Witze gewesen. Er hatte in unzähligen Meetings gesessen, lustige Sprüche verfasst und mit seiner liebenswerten fröhlichen Art für den Zusammenhalt der Belegschaft Sorge getragen. Was jetzt? „Arbeitslos! Ich bin einfach rausgezwitschert worden!“, tschilpte er traurig. Völlig desillusioniert flatterte er ziellos durch die Straßen. Seine sonst so stolzen blauen Federn hingen zerzaust herunter.
Dann schließlich landete er auf einem kleinen Platz neben einem Springbrunnen. Dort pickte eine rundliche Taube eifrig Brotkrümel auf und gurrte dabei zufrieden. Als sie Larry erblickte, hob sie den Kopf und klimperte mit den Augen. „Du siehst aus, als ob du einen schlechten Tag hattest“, sagte sie und wackelte mit ihrem Hinterteil.
„Schlechter Tag? Du machst wohl Witze. Mein Leben ist ruiniert!“, seufzte er. „Ich bin Larry, DER Vogel, der für die ganze Welt gezwitschert hat. Und jetzt bin ich nichts mehr.“ Die Taube stellte augenblicklich das Picken ein und musterte ihn von Kopf bis Fuß. „Ich bin Tapsi. Freut mich, dich kennenzulernen. Hör mal, Larry. Manchmal muss man einfach alles hinter sich lassen, um etwas Neues und viel Besseres zu finden. Als sie meine Lieblingsstatue im Park abgebaut haben, irrte ich auch eine Weile ziellos umher. Ich bin auf einem Frachtschiff gelandet und ehe ich mich versah quer über den Ozean nach Europa gefahren. Das war die beste Entscheidung meines Lebens. Der Eiffelturm hat übrigens eine klasse Aussicht!“
Larry kratzte sich nachdenklich am Schnabel. „Eine Reise … wohin? Europa?“
Tapsi breitete ihre Flügel aus und zeigte mit ihrem Schnabel gen Himmel. „Das Ziel spielt keine Rolle! Hauptsache, du fängst an. Die Welt ist voller Wunder und Möglichkeiten! Ein Tapetenwechsel wird dir guttun.“ Mit einem kleinen Funken Hoffnung im Herzen verabschiedete sich Larry von Tapsi und dankte ihr. Während er in die Ferne blickte, spürte er, dass die Taube recht hatte. „Okay, Welt. Hier komme ich!“, zwitscherte er und flog los.
Und so begann Larrys große Reise …
Am 8. Dezember erfahrt ihr, wie es mit Larry weitergeht. Morgen erwartet euch eine andere Überraschung. Ihr dürft gespannt sein. Hier gelangt ihr übrigens zurück zu den anderen Türchen: