Neues aus dem „Hat uns damals auch nicht geschadet“-Deutschland

Max Kilian 04.09.2024, 6:15 Uhr

Liebe Eltern schulpflichtiger Kinder: Wann habt ihr zuletzt die Büchertasche eures Sohnes oder eurer Tochter in die Hand genommen und hochgehoben? Falls ihr euch schon gar nicht mehr daran erinnert, macht das doch mal wieder! Einige von euch dürften dabei erstaunt sein, wie schwer diese Schulranzen mittlerweile selbst für die Kleinen sind. Doch anders als es der Ursprungstweet von @laplantulus suggerieren mag, geht es in diesem Beitrag nur am Rande um das erhebliche Gewicht des Schulranzens, das lediglich als Aufhänger für ein größeres Thema dient. Es geht um Mobilität und Gerechtigkeit. Und damit verbunden vor allen Dingen um die soziale Teilhabe von Kindern. Aber lest am besten selbst.

Wir legen den Kindern nicht direkt Steine in den Weg, aber offenbar in den Schulranzen

7,55kg. Das war das Gewicht des Ranzens von K2 am Dienstag. 30kg wiegt er selbst.  

1893m. Das ist die von der 
@Stadt_BS
 berechnete Entfernung von K2 zu seiner neuen Schule. 
Damit fehlen uns 107m, um Anspruch auf eine Schülersammelkarte zu haben. 
Kinder, die 107m weiter

wohnen, bekommen mittlerweile ein Deutschlandticket. Was ich gar nicht will. Aber diese Kinder können damit nachmittags in die Stadt, zum Sportverein, zu Freunden, zu den Großeltern fahren. Viel Mobilität zum Nulltarif.
Alle anderen haben Pech gehabt.

Nennt sich dann Gerechtigkeit. Machen erwachsene Menschen, die morgens gern im klimatisierten SUV zum Dienst fahren. Die Aktentasche wird eher nicht 1/4 des Körpergewichts wiegen. 

Aber Kindern  kann man das natürlich zumuten im „Hat uns damals auch nicht geschadet“-Deutschland.

PS: Dass es in der Realität natürlich so aussieht, dass gerade wohlhabendere Menschen mit Häuschen in der Vorstadt oder im Grünen mal wieder von den Segnungen der öffentlichen Hand profitieren, ist natürlich ganz bestimmt nur ein bedauerlicher Nebeneffekt.

Und wieder dichtmachen den Thread. Denn das "Das hat uns damals auch nicht geschadet!11!!!1111!“-Deutschland hat sich eingeloggt

Kommentare und Reaktionen:

Nach dem letzten Post ahnt ihr es bestimmt bereits. Es gibt wie immer eine Menge Leute im Internet, die im besten Fall einfach nicht verstanden haben, worum es hier geht. Oder die im schlimmsten Fall schlicht nicht mehr gelesen haben als die Headline oder ein Schlagwort – und natürlich trotzdem fleißig kommentieren.

Das mit der Bewegung hat uns komplett überzeugt, doch auf jeden Fall

Sorry aber wo ist das Problem? Irgendeine Grenze muss es nunmal geben und Bewegung hat noch nie geschadet.

Komplett am eigentlichen Thema vorbei, aber was soll’s

Ein Bus Ticket wegen 2 km Entfernung ist, mit Verlaub, eine lachhafte Verschwendung von öffentlichen Mitteln.
2 km kann jedes gesunde Kind zu Fuß zurücklegen. Mit dem Fahrrad auf jeden Fall.

Früher, als wir noch 80 Kilometer durch den Schnee über glühende Kohlen in die Schule laufen mussten. Barfuß und mit verbundenen Augen!

Mimimi, als ob jeden Tag 8kg da drin sind. Habt ihr keine Fahrräder? Vor 20 Jahren hat da kein Hahn nach gekräht.

Solche Kommentare sind die Teilnehmerurkunde des Internets …

Und du bist bestimmt auch gegen die Bundesjugendspiele, oder?

Er muss nicht mal 2 f*cking km laufen?

Junge, junge kein Wunder, dass Deutschland nur noch Weicheier produziert, denen es später noch zuviel wird, mehr als 4 Std zu arbeiten.

Doch es gab auch zahlreiche zustimmende Reaktionen

Das schönste find ich immernoch das schüler/innen ab der oberstufe überhaupt keinen anspruch mehr haben. Die logik hab ich noch nie verstanden

„Wir verstehen das mit den Elterntaxis wirklich nicht.“


Wenn es wenigstens sechs Meter mehr wären. Aber im Ernst: In Osnabrück hab ich damals direkt neben der Schule gewohnt und hatte trotzdem ein Busticket....
Mir geht es ja überhaupt nicht um "unser" Ticket. Das Ganze is für mich v.a. eine Frage von sozialer Teilhabe und Gerechtigkeit usw.
Sache mit dem Gewicht is halt immer nur so geil, weil kein Erwachsener je auf Idee kommen würde, täglich 4km mit 15-20kg Marschgepäck zu machen

So sieht es nämlich aus!

Dass wir nicht allen sich in Deutschland aufhaltenden Kindern kostenlosen Nahverkehr ermöglichen, ist ein Versagen. Die Mobilität, die wir Kindern ermöglichen, beeinflusst die Mobilität der begleitenden Erwachsenen und der Kinder im Erwachsenenalter. Eine lohnende Investition.

An anderen Orten wird bereits an Lösungen gearbeitet

Die wird sogar hier aus einem Druko eines Stadtrates einer anderen Stadt im sogar gleichen Bundesland ganz schnell ersichtlich.

Auch wieder wahr …

Die Sache mit dem Deutschlandticket ist tatsächlich nicht fair - zeigt aber dessen Wichtigkeit. Denn das wird natürlich nur deshalb gestellt, weil es günstiger ist als die Schülermonats- bzw. -jahreskarte im ÖPNV.
Und da liegt „der Hase im Pfeffer“!

Wenn wir schon beim Thema Schule sind:

Es ist wieder so weit: 13 Posts über den ersten Schultag

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