Von Keksen, Jachten und NS-Zwangsarbeit

Chris Schröder 15.05.2019, 9:02 Uhr

Verena Bahlsen sah es vielleicht einfach als günstige Gelegenheit, um im Zuge der „Online Marketing Rockstars“ Digital-Messe 2019 im Gespräch zu bleiben. Die Bahlsen-Erbin in 4. Generation ist ihres Zeichens Innovationsberaterin, Markenstrategin und Expertin der Lebensmittelindustrie.

Auf der OMR19 konnte sie eindrucksvoll erklären, wie sie Kapitalismus und Wirtschaft für sich definiert. Und tatsächlich haben viele Aspekte ihres Vortrages darauf schließen lassen, dass sie eine kompetente junge Unternehmerin mit entsprechender Weitsicht ist. Auf der Empörungswelle der Kevin-Kühnert-Debatte surfen? Warum eigentlich nicht. Blöd nur, dass ihre Liebeserklärung an den Kapitalismus nach hinten losging.

Als Erbin ohne nennenswerte Eigenleistung erschien ihr Statement „Ja, ich bin Kapitalistin. Mir gehört ein Viertel von Bahlsen. Ich will Geld verdienen und mir Segeljachten kaufen.“ doch ziemlich zynisch und allein schon kritikwürdig. Doch die 26-Jährige verrennt sich noch weiter und behauptet, dass Zwangsarbeiter in dem hannoverschen Unternehmen gut behandelt und wie die deutschen Mitarbeiter bezahlt wurden. Bahlsen galt im Zweiten Weltkrieg als „kriegswichtiger Betrieb“ und produzierte unter anderem Notverpflegungen für die Wehrmacht. Die 200 beschäftigten Zwangsarbeiter, meist Frauen aus dem besetzten Polen oder der Ukraine, waren von 1943-45 in einem Barackenlager untergebracht.

Als wohlhabende Erbin den Kapitalismus hochloben ist die eine Sache, NS-Zwangsarbeit zu verharmlosen eine ganz andere. Und, was Verena Bahlsen nicht verstanden hat, es geht nicht um Schuld sondern um Verantwortung für eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte.
Da hilft es wenig, wenn das Unternehmen selbst seine eigene Geschichte ein wenig beschönigt, in dem das Kapitel Zwangsarbeit gar nicht erst auf der Firmen-Homepage erwähnt wird. Kein Wunder also, dass der Shitstorm hohe Wellen schlug und selbst namhafte Historiker auf den Plan rief.

Ein offizielles Statement auf die Vorwürfe steht bislang noch aus. Man kann nur hoffen, dass hier noch eine entsprechende Aufarbeitung stattfindet.

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