Völlig abgefahren: Die besten Tweets über die Förderung von Lastenrädern
Dieser Bundestagswahlkampf ist ohne Zweifel der absurdeste, den wir bislang erlebt haben. Zumindest hierzulande. In Amerika haben wir einen solchen Wahlkampf schon gesehen. Sicher, mangels Inhalten mit Dreck auf den politischen Gegner zu werfen, hat es immer schon gegeben. Dass sich diese Unsitte zu einem Standard entwickelt, haben wir unter anderem auch dem ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump zu verdanken. Desinformation, Strohmannargumente, Nebelkerzen und persönliche Angriffe haben wir in den letzten Wochen ohne Ende gesehen. Statt um Alters- und Kinderarmut, Klimawandel, Pflegenotstand oder den Kampf gegen Rechtsextremismus, ging es um Fußnoten, Lebensläufe und die persönliche Eignung. Konservative und Liberale mühen sich seit Wochen ab, die Vorschläge von Sozialdemokraten, Linken und Grünen als weltfremde und viel zu teure Träumereien zu framen, während sie ihre Entlastungspolitik für höhere Einkommen als Politik für Mittelstand und Geringverdiener zu verkaufen versuchen. Eigene konkrete Ansätze bleiben sie dabei meist schuldig. Der Kampf gegen den Klimawandel und die damit dringend notwendige Mobilitäts- und Energiewende ist dafür ein Paradebeispiel. Einzelaspekte werden herausgepickt, systematisch zerredet und durch waghalsige Vergleiche ad absurdum geführt. Andere Lösungen oder Gegenvorschläge werden dabei selten angeboten. Wie groß die Angst vor Veränderungen ist, zeigt sich aktuell an der Diskussion über die Förderung von Lastenfahrrädern.
Eigentlich ist dieses Fortbewegungsmittel die Art von Innovation, auf die Union und FDP immer wieder verweisen, wenn sie von Alternativen zur „grünen Verbotspolitik“ sprechen. Umweltfreundlich, praktisch und im Gegensatz zu PKWs vor allem für alle Einkommensgruppen locker bezahlbar. Es bedarf schon einer besonderen Gehirnakrobatik, daraus ein Fortbewegungsmittel zu machen, dessen Zielgruppe angeblich nur aus wohlhabenden linksgrünen Berliner Akademikerinnen und Akademikern aus Friedrichshain-Kreuzberg oder Prenzlauer Berg besteht, die damit zum Alnatura cruisen. Die grüne Bundestagsfraktion fordert schon länger eine Kaufprämie von 1.000 Euro für Lastenräder und würde über vier Jahre eine Milliarde Euro dafür im Bundeshaushalt einplanen. Peanuts im Vergleich zu dem, was Energieriesen und Automobilkonzerne an Subventionen erhalten. Seit Tagen wird dies nun kontrovers und hitzig diskutiert. Dass daraus erst jetzt eine Debatte entstanden ist, verdankt man übrigens dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, das den sich wiederholenden grünen Antrag als neue Meldung ausgegeben und verbreitet hat. Seitdem hagelt es Hohn und Spott aus dem konservativen und liberalen Lager, der aber vor allem eines offenbart, nämlich dass sie das Thema Verkehrswende und die Lösung der Klimakrise immer noch nicht so ganz begriffen haben. Als besonderes Bonbon sei an dieser Stelle noch angemerkt, dass es in NRW und anderen CDU-geführten Ländern bereits ähnliche Lastenrad-Förderprogramme für Unternehmer gibt. So weltfremd kann der Vorschlag der Grünen also nicht sein, oder?
Für diesen Beitrag haben wir uns auf Twitter umgesehen und die treffendsten Gegenstimmen und Kommentare zum absurden Lastenrad-Bashing gesammelt. Einige Tweets sind natürlich nicht ganz ernst gemeint.
#1: Leider ist es ihnen vollkommen egal
Wenn diejenigen, die sich über die #Lastenrad-Forderung (250 Mio. €/Jahr) aufgeregt haben heute herausfinden, dass wir pro 8 Mrd. €/Jahr ausgeben um Dieselkraftstoff mit STEUERGELDER zu subventionieren… & 584 Mio. €/Jahr für Kerosin, dann eskalieren die bestimmt total.
— C. Storch (@Storch_i) August 23, 2021
#2: Hand hoch, wer hier zuerst an Andi Scheuer (CSU) gedacht hat
Lastenräder, die wirklich fahren, die Straßen in Städten entlasten, Kinder, Pakete & Co transportieren können. CDU, FDP & Co so: hahahaha 🤣
Flugtaxen, von denen es nur ein paar Prototypen gibt und sich kaum jemand leisten kann: lass Milliarden investieren! Innovation 🥳
— Peter Jelinek (@Peter_Jelinek) August 22, 2021
#3: Vollkommen irrational
Ich fasse zusammen: Das Hauptargument gegen einen Zuschuss zum Lastenrad ist, dass es Menschen gibt, die keins brauchen.
Ich könnte jetzt mit Regionalflughäfen argumentieren. Aber konservative Identitätspolitik ist für Argumente offenbar eh unerreichbar.
— Miriam Vollmer (@miriam_vollmer) August 23, 2021
#4: Ulf Poschardt & Rainer Meyer: Ja!
„Grüne auf dem Lastenrad und Taliban haben viel gemeinsam.“
Ich frage mich, ob „Welt“-Autoren einen internen Wettbewerb laufen haben, wer den größten Stuss zusammenschreibt. Und am Ende des Jahres lesen sich alle ihre Texte vor, und wer als erstes lacht, zahlt die Getränke.— Lorenz Meyer (@shengfui) August 23, 2021
#5: Es ist einfach so absurd
2015: heißester Juli jemals
2016: heißester Juli jemals
2017: heißester Juli jemals
2018: heißester Juli jemals
2019: heißester Juni, Juli, September & Oktober jemals
2021: heißester Juni & heißester Monat jemalsUnd unsere Politiker:innen streiten über's Lastenrad. #Klimakrise
— Nick Heubeck (@NickHeubeck) August 24, 2021
#6: Verkehrte Welt
Man muss schon den Hut ziehen vor der Autoindustrie, dass sie es geschafft hat, ihr Produkt so sehr zu normalisieren, dass im Jahr 2021 Menschen behaupten können, Lastenräder seien Statussymbole der Besserverdienenden und Autos die Drahtesel der kleinen Leute.
— Claudia Gatzka (@GatzkaClaudia) August 22, 2021
#7: Was fehlt: Parkplätze für Drahtesel und E-Scooter
Ich hätte gerne ein Lastenrad, aber wir haben hier keinen Platz dafür. Fahrräder, Kinderwagen, Rollatoren etc. müssen sich in Hinterhöfen, Keller oder Gartenhäuschen quetschen, weil vorne auf öffentlichen Grund private Autos stehen dürfen. Aber darüber diskutiert niemand.
— Andi Weiland (@ohrenflimmern) August 23, 2021
#8: Konservative sind wie kleine Kinder, die um ihre Bonbons fürchten
Evolution eines Feindbilds
– um 2010: Latte Macchiato
– um 2015: Avocadotoast
– um 2019/20: gendern
– um 2021: Lastenrad— Annika Brockschmidt (@ardenthistorian) August 22, 2021
#9: Autofahrer, immer
WIE, dein #Lastenrad kann nicht 6.000 Kilo transportieren und in zwei Stunden von Münster nach Berlin heizen, WAS FÜR EIN NUTZLOSES KONZEPT INSGESAMT!
— René Engel (@Engel_Re) August 22, 2021
#10: Außerdem soll er Wähler der Grünen sein
Was Viele ja nicht wissen ist, dass der 4. apokalyptische Reiter auf einem fahlen Lastenrad daher kam.
— Natascha Strobl (@Natascha_Strobl) August 23, 2021
#11: Mann muss so ein Auto eben auch ersetzen wollen
"Aber zum Getränke kaufen brauchst du schon n Auto oder?" #Lastenrad
— Joko von Josbach (@vonjosbach) August 22, 2021
#12: Prost Mahlzeit!
Einzige Lastenrad, das wo in Deutschland akzeptiert wird.
— #Nazisraus | Thomas RausK (@koelnsued) August 22, 2021
#13: Der ist dann noch nicht mal erwachsen
Geil, wie man die Konservativen™ mit nem Lastenrad triggern kann. Wer von nem Lastenrad ausm Konzept gebracht wird, sollte mit Politik nichts am Hut haben …
— Christopher Lauer (@Schmidtlepp) August 24, 2021
#14: Fast so geil als hätte man ein Auto
Ich hab so Bock auf ein Lastenrad. Mir egal ob das unsexy ist. Einfach mal wie ein Boss Getränke und Toilettenpapier gleichzeitig kaufen.
— Aurel Summer Edition⛱ (@aurelmertz) August 22, 2021
#15: Welcher Wahlkampf?
Hätte ich ein Lastenrad, ich würde mir damit fünf Kisten Bier holen, um das unterirdische Niveau dieses Wahlkampfs zu ertragen.
— Peter Breuer (@peterbreuer) August 22, 2021
#16: Fremdscham-Level: CDU-Generalsekretär
"Abstrus und weltfremd" ist vielmehr, Kohlekonzernen einen Ausstieg erst im Jahr 2038 zuzusprechen und sie dafür auch noch mit 4.350.000.000,00 Euro zu entschädigen.
Und dann so'n Zirkus veranstalten wegen tausend Euro Zuschuss für'n Lastenrad.
— Danijel Višević (@visevic) August 22, 2021
#17: Das könnte funktionieren
Ergänzend zum Vorschlag der Grünen fordert die PARTEI 1.000 Euro Zuschuss für jeden Bierbike-Ausflug. Name: Absackprämie#Lastenrad
— Martin Sonneborn (@MartinSonneborn) August 22, 2021
#18: Ja, unbedingt
Ich wohne nicht auf dem Prenzlauer Berg, ich wohne noch nicht Mal auf einem Berg. Ich wohne in Darmstadt. Ich gehöre nicht der Oberschicht an, eher Mittelschicht, hoch gearbeitet mittels 2. Bildungsweg. Ich habe kein Auto.
Darf ich bitte bitte dennoch mein #Lastenrad behalten?— Sabine Crook 🚴♀️🐰 (@SabineCrook2) August 23, 2021
#19: Das scheint schon wieder vergessen
Es ist Wahlkampf 2021, wenn Vorstoß zu #Lastenrad mehr Empörung auslöst als #CumEx, #Masken und #Azerbaijan Korruption zusammen.
— Gollaleh Ahmadi (@GollalehA) August 22, 2021
#20: Das ist die Realität
#Fakten, die #Lastenrad-Hasser nicht sehen und verstehen wollen:
— C. Storch (@Storch_i) August 22, 2021
Wo wir gerade von Drahteseln sprechen, kennt ihr schon diesen Beitrag hier?