Thread: Zwei Fremde – Eine Geschichte
Falls ihr Lust auf eine skurile, aber spannende Anekdote aus dem Alltag habt, seid ihr hier bei dem nachfolgenden Thread von @seismografin genau richtig. Bleibt nur noch die Frage: Wann wird diese Geschichte verfilmt?
Hunderunde im tiefsten Wald. Vögel, Bäume, ab und zu ein Reh… fernab jeglicher Zivilisation! Herrlich!! Das Leben ist schön! Nur mein süßer, fröhlicher Hund und ich – ungeschminkt und in Räuberzivil.
Ich entdeckte einen zersägten Baumstamm aus kräftigem, schön marmorierten— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Tannenholz am Wegrand. Eine todschicke Sitzgelegenheit für unseren Garten! Den darf man doch bestimmt…oder?! Wäre doch sonst schade drum!
Ich sehe mich verstohlen um – ja, wir sind wirklich allein! Im Umkreis von mindestens 10 km wähne ich keine andere Menschenseele!— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Keine komischen Blicke, keine erbosten Fragen, was ich da Verbotenes tue!
Ich hebe das Trumm probeweise an und beginne, es von Blättern und Moos zu befreien, als aus dem Nichts eine junge Mutti mit Kinderwagen vor mir steht. Ein luftiges Sommerkleidchen umweht sie, Strohhut und— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Sonnenbrille runden die makellose Erscheinung perfekt ab.
Ich verberge meinen Schreck und bemühe mich, möglichst lässig und intelligent zu wirken, wie ich da so verschwitzt, harzklebend, mit Spinnweben und Rindenmulch überzogen am Wegesrand stehe; einen Fuß auf der Leine des— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Hundes, der mit eingekniffenem Schwanz, hängenden Ohren und Froschaugenblick zu verstehen gibt: „Mein Frauchen ist irre geworden! Ich habe keinerlei Interesse an diesem Stöckchen! Bitte retten Sie mich!!“ Die Frau grüßt verhalten, während ich ihr, immer noch in dem verzweifelten
— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Bemühen, möglichst cool zu wirken, ein breites Grinsen, begleitet von verschwörerischem Zwinkern und einem eventuell etwas zu überzogenem: „Hi, na?“ zuwerfe!
Mein Hund versinkt vor Scham im Boden! Ich werfe meinen letzten Rest Würde über Bord und wende mich ohne weitere Erklärung— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
wieder dem Baumstamm zu. Mama und Kind beeilen sich, Land zu gewinnen! Meine Freude auf die neue Gartenbank in spe sinkt, Hundi verdreht peinlich berührt die Augen, der Stamm dreht sich harzend in meinen Haaren fest. Ich schultere das Monster und trete verdrossen den Heimweg an.
— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Jetzt ist eh schon alles egal! RÜCKZUG, bevor uns womöglich doch noch mehr Menschen begegnen!
Verstohlen schleiche ich durchs Dickicht, immer ein Stück wegabseits, um mir und Hund weitere überraschende, demütigende Begegnungen zu ersparen. Fortuna du Sau, ick hör dir trapsen!— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Erneut wie aus dem Nichts steht sie vor mir! Die Kinderwagenmami!
Hier: Ich! Von Wald und Leben gezeichnet, Hund an der Leine, Baumstamm auf der Schulter!
Dort: Sie! Sonnenbrille und Hut dezent verrutscht, das Sommerkleidchen gezeichnet von Kampfspuren. Eine Hand am Kinderwagen.
— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Über dem anderen Arm hängt eine adipöse, äußerst frustriert dreinblickende Karthäuserkatze. Mitten im Wald.
Mami und ich starren uns an.
Katze starrt Hund an.
Hund starrt verlegen zu Boden.
Die Vögel verstummen.
Das Baby quäkt unbehaglich.
Sie sind ja so sensibel für Stimmungen!
— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Die ramponierte Mutti und ich nicken uns wortlos zu.
Der Deal ist klar:
Ich habe sie nie gesehen. Sie hat mich nie gesehen.
Hund und Katze leugnen ohnehin, uns zu kennen!
Baby schläft vor lauter Aufregung augenblicklich ein.
In der Ferne tiriliert zaghaft ein Rotkehlchen!— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019
Wir setzen unseren Weg fort und verlieren uns kurz darauf aus dem Blickfeld. Diesmal endgültig!
Zwei Fremde, verbunden durch eine Geschichte, die ich meinen Enkeln vielleicht irgendwann einmal erzählen werde.
Wenn wir in unserem Garten am Lagerfeuer auf der Baumstammbank sitzen!
— Mimiline (@seismografin) June 24, 2019