Thread: Wendezeit in Esslingen
Das Herbstwetter meint es in diesen Tagen zwar tagsüber gut mit uns, jedoch ist es unübersehbar, dass der Winter mit großen Schritten naht. Schon nach Sonnenuntergang wird es deutlich kühler, in der Nacht teilweise schon recht frostig bei Temperaturen um die 0 Grad Celsius. Es ist die Zeit, in der die Obdachlosenhilfen ihre Teams und Kältebusse in die Stadtzentren schicken, um Menschen, die auf der Straße leben, zu Notunterkünften zu lotsen und zu transportieren. Natürlich kann es auch im Sommer lebensgefährlich werden, auf der Straße zu schlafen, aber mit fallenden Temperaturen steigt das Risiko lebensbedrohlicher Erfrierungen. Hier sind nicht nur die vielen freiwilligen Helfer gefragt, sondern einfach jeder Mensch in dieser Gesellschaft. Natürlich ist es einfacher, das Elend anderer auszublenden und in den Großstädten stumpft man wahrscheinlich so sehr ab, dass man es gar nicht mehr so wahrnimmt. Dennoch ist es wichtig, dass wir hinsehen und Menschen in Not auch Hilfe anbieten. Der Twitteruser @TrainDaddy liefert mit dem nun folgenden Thread ein schönes Beispiel für Solidarität und Nächstenliebe, das uns allen ein Vorbild sein sollte. Am am besten lest ihr selbst, was passiert ist.
PS: KB steht für Kundenbetreuer
Ich hatte gestern eine Wendezeit in Esslingen. Es war früh und sehr kalt.
Ein Obdachloser kam unter Tränen zu meinem Kundenbetreuer, erzählte ihm, dass er einen Freund besucht habe, dem es nicht gut ginge und nun zurück nach Ulm wollte.
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— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Er wollte sich ein Ticket kaufen, jedoch haben ihnen in der Nacht Jugendliche die letzten Euros geklaut.
Zeigte dem KB sein Ticket vom Vortag.
KB „kein Ticket, keine Mitfahrt“Ich bekam es mit.
2/
— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Ging zu ihm, beruhigte ihn erstmal.
Sagte, er solle sich in den Zug setzen und erstmal aufwärmen.
KB sichtlich angefressen.Bin zum Bäcker, hab dem Mann nen Kaffee und was zu essen geholt.
Bin zu ihm und hab gesagt, er soll sitzen bleiben und ich nehme ihn bis nach Ulm mit
3/
— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Mein KB zu mir „ich hab gesagt der fährt nicht mit“
„wer fährt den Zug? Du oder ich? Wenn ich sage, ich nehm ihn mit, dann ist das beschlossene Sache“
Am Ziel gab ich den Mann noch 5 Euro, sagte er solle auf sich aufpassen und bis zum nächsten Mal.
4/
— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Er fing an zu weinen und bedankte sich für mein Verhalten.
Da er ja obdachlos sei und ich das nicht machen müsste.Ich sagte ihm, dass er ein Mensch ist, der Hilfe benötigt hat und ich ihm wenigstens etwas helfen wollte.
Wir trennten uns mit einem Lächeln
5/
— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Diese Pandemie lässt uns seit über einem Jahr eh schon durchdrehen, dennoch sollten wir andere nicht vergessen.
Natürlich bekam ich nen Anruf meiner Leitstelle, weil der KB mich verpfiffen hatte. Nach kurzer Erklärung, war die Sache gegessen und gut.
— TrainDaddy (@TrainDaddy) October 25, 2021
Das sagen andere User:
Die Leser des Textes sind sichtlich gerührt und auch wir hatten zwischenzeitlich feuchte Augen. Helfen kann so einfach sein und ist doch auch so wichtig. Ihr müsst noch nicht mal selbst tätig werden, oft reicht es aufmerksam zu sein. Wenn ihr in Großstädten lebt, kennt ihr vermutlich bereits die Kältebusse und Winterquartiere der Stadtmissionen. Am besten ihr speichert euch die Nummer des jeweiligen Dienstes ab. Wenn ihr jedoch eine direkte Notlage erkennt, solltet ihr gleich die Feuerwehr unter der 112 anrufen. Nachfolgend haben wir ein paar der treffendsten Kommentare zum Thread gesammelt.
Hab grad Pipi in den Augen!
Ich hab länger mit/für Obdachlosen gearbeitet.
Das war sehr großartig von dir!
Die Jungs (und Mädels!) werden so oft, so beschissen behandelt.
❤️— Anja Kaul (@AnjalauK) October 25, 2021
Es ist mega schön zu lesen, dass Menschlichkeit und Wärme in dieser Gesellschaft doch noch einen Platz haben, auch wenn es sonst viel Grund zum zweifeln gibt. Danke!!! ❤️❤️❤️
— Dings für Gesundheit (@DingsGt) October 25, 2021
Danke dafür ❤ Solche Aktionen lassen mich hoffen, dass es „da draußen“ immer noch Menschlichkeit gibt & unsere Spezies noch nicht komplett verloren ist!
— Marie (🏡 & 😷) (@Marie_Indigo) October 26, 2021
Kaufe regelmäßig eine Obdachlosen Zeitung, die Verkäuferin bekommt immer ein Trinkgeld und einen Tee. Wenn es keine neue Ausgabe gibt bekommt sie den Tee.
Ich habe nicht viel Geld aber immer noch mehr als diese Dame.— Kay Jäger 🛑🛑🛑 der die Vielfalt liebt (@KaySB200) October 26, 2021
Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit. Warum Hilfe in Zeiten der Corona-Pandemie nötiger denn je ist, erfahrt ihr in diesem Thread: