Thread: Schuld haben die Täter, niemals die Opfer!
In Deutschland enden von 100 angezeigten Vergewaltigungen im Durchschnitt nur 13 mit einer Verurteilung des Täters. Im Angesicht dieser traurigen Statistik erscheint es nicht verwunderlich, dass gerade mal fünf Prozent aller Sexualstraftaten überhaupt angezeigt werden. Nicht selten passieren diese Übergriffe nachts auf der Straße durch eine fremde Person. Dabei sind Zweidrittel der Verdächtigen oft aber keine Fremdtäter, sondern der angegriffenen Person bekannt. Was leider mehrfach passiert, ist, dass die Frage der Schuld umgedreht wird. Statt um die Gewalttat selbst geht es um Umstände wie die Kleidung des Opfers oder den geistigen Zustand des Täters. Man bezeichnet diese Relativierung als Täter-Opfer-Umkehr oder auch Victim-Blaming. Statt den Opfern zuzuhören wird das Trauma des Angriffes als Normalität oder Provokation ihrerseits geframt. Dies geschieht leider auch bei dem Versuch, die Tat zur Anzeige zu bringen. Der Twitteruser @MyMicrostories hat genau diese Erfahrung gemacht und in dem nun folgenden Thread festgehalten.
CN Gewalt
Unsere Tochter (19) wurde heute Nacht an der Haustür überfallen und gewürgt, konnte sich aber sofort befreien und ins Haus flüchten.
Bei der Anzeige in der Polizei: „Könnte es nicht auch ein Bekannter gewesen sein, der sich einen Scherz erlaubt?“
Nein. Gewalt ist
1/5— Wortakrobat (@MyMicrostories) January 22, 2022
niemals ein Scherz. Überfälle sind kein Scherz. Warum stellt man sich auf die Seite eines Gewalttäters und versucht die Tat klein zu reden? Warum wird eine junge Frau nicht Ernst genommen?
Wundert es da niemanden, dass Frauen nach Gewalttaten Angst haben, darüber zu reden
2/5— Wortakrobat (@MyMicrostories) January 22, 2022
und bei der Polizei eine Anzeige zu machen?
Und die andere Frage: „Warum nicht sofort die 110 angerufen?“
Weil sie panisch war, Angst hatte, er wäre im Haus und unter Schock stand.
Mehr Empathie bei Beamten wäre in solchen Gesprächen echt von Vorteil.
3/5— Wortakrobat (@MyMicrostories) January 22, 2022
Wenn euch Gewalt passiert, egal in welcher Art, egal welchem Geschlecht ihr angehört, seit mutig und stark, seit laut, vertraut euch jemandem an und lasst Täter bitte nicht davon kommen. Jede Anzeige ist wichtig, egal wie klein die Chance ist, dass man Täter erwischt.
4/5— Wortakrobat (@MyMicrostories) January 22, 2022
Und an Väter, Mütter, Partner: zeigt euren Partnern und Kindern, dass sie nicht allein sind, dass ihr beisteht, dass es wichtig ist, den Mund aufzumachen, sich nicht die Schuld aufzulasten. Schuld haben die Täter, niemals die Opfer.
5/5— Wortakrobat (@MyMicrostories) January 22, 2022
Das sagen andere User:
Das ist leider kein Einzelfall. Hier fehlt schlicht auch die gesellschaftliche Aufklärung für das Thema. Zudem ist Victim-Blaming nicht nur auf Gewalttaten gegen Frauen beschränkt. Homofeindliche Angriffe werden genauso oft relativiert. Das haben auch die Leser dieses Threads angemerkt. Ein paar der treffendsten Reaktionen und Kommentare haben wir hier für euch gesammelt.
Die Nachbarstochter war 15, als ihr Freund (32) anfing sie zu bedrohen (ich erzähle deinen Eltern das wir zusammen sind, ich zeige allen deine Nachtbilder). Das erste Mal nahm er Kontakt auf, als sie 10 war, das zweite Mal mit 12. Als sie 13 war hatte sie den ersten Sex
— Kitawahnsinn (@DieBekloppte) January 22, 2022
mit ihm und mit 15 genug von seiner Manipulation. Als ihr Vater davon erfuhr, ging er mit ihr zur Polizei. Kommentar des Polizisten: „Naja schauen sie sich ihre Tochter doch mal an. Ist doch kein Wunder, dass er auf sie steht.“
— Kitawahnsinn (@DieBekloppte) January 22, 2022
Würgen als Scherz, wie bitte? Hoffe, dass sie das gut verarbeiten kann. Alles Liebe für Sie alle. Zur Unterstützung gibt es professionelle Beratung. Danke für den wichtigen Tweet 💗.
— SoziologIn (@Soziolog_in) January 22, 2022
Ich hoffe dazu ging eine Dienstaufsichtsbeschwerde an die entsprechende Dienststelle. Damit wenigstens drüber gesprochen wird.
— Fjordi 🦠👩🏽⚕️😷 🇩🇪🇧🇻 (@Mel_sverdifjell) January 22, 2022
Ich hoffe, deiner Tochter geht es soweit den Umständen entsprechend gut. Ich wünsche ihr alles Gute.
Was diesen bescheuerten Beamten betrifft, kann man da nicht eine Beschwerde bei den Vorgesetzten einreichen? Kann ja nicht angehen sowas.
— Active Asylum Entertainment 🌋🦈🌪 (@Errydraven) January 22, 2022
Es tut mir so leid für dein Kind.
Mein Sohn ist schwul und wurde zusammengeschlagen. Die erste Frage des Polizisten war…. haben sie das nicht vllt provoziert, weil sie aus dem bekannten Club kamen?— Róka (@PPalimm) January 22, 2022
Hab es leider bei der Vergewaltigung einer Freundin ähnlich erlebt- das gesamte Umfeld wurde befragt, ob es nicht doch ein „Bekannter“ war (war es nicht). Der Kerl wurde schließlich nur zufällig und weil Wiederholungstäger gefaßt. Alles Gute der Tochter!
— u_zora (@uzora5) January 22, 2022
Danke, dass ihr bis zum Schluss geblieben seid. Wenn ihr mögt, schaut doch mal hier rein: